Bob Dylans Bootleg-Serie findet womöglich bald ihr Ende

Nach der aktuellen „Time Out of Mind“-Box werden wohl nur noch wenige Kapitel der Bootleg-Serie folgen.

Von Andy Greene

In den letzten 32 Jahren hat Bob Dylans Bootleg-Serie bewiesen, dass die Studioalben des Sängers nur einen winzigen Teil seines musikalischen Schaffens ausmachen. Einige der Veröffentlichungen in dieser Reihe stellen Schlüsselkonzerte von Tourneen, wie seine Europatournee 1966 mit den Hawks oder die Rolling Thunder Revue im Jahr 1975, in den Mittelpunkt. Die meisten konzentrieren sich jedoch auf Alben – sowohl geliebte als auch ungeliebte – um den Hörer in Dylans kreativen Prozess einzuweihen und zu zeigen, wie viel erstaunliches Material er auf dem Weg verwirft.

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Das neueste Set, „Fragments – Time Out of Mind Sessions 1996-1997“, ist bereits die 17. Werk in dieser Reihe. Eine dem Bob-Dylan-Lager nahestehende Person sagte, dass wir danach wahrscheinlich nicht viele weitere sehen und hören werden: „Wir haben keine Ahnung, was als nächstes kommt. Wir sind ratlos. Wir müssen abwarten, wie der Markt dieses Album aufnimmt. Aber die Bootleg-Serie läuft definitiv aus.“

Was noch kommen könnte

Eine Vermutung, die seit einigen Jahren kursiert, dreht sich um Dylans Zeit in den frühen Sechzigern – als er in Kaffeehäusern auftrat, bevor er bei Columbia Records unterschrieb. Einige dieser Aufnahmen kursieren schon seit Jahren als Bootlegs, aber Dylans Team hat auch welche im Tresor, die noch nie jemand gehört hat. „Wahrscheinlich werden wir sie als Bootleg-Serie herausbringen“, sagte die RS-Quelle.

Eine weitere mögliche Veröffentlichung steht im Zusammenhang mit Dylans Welttournee 1978 und den „Street Legal“-Studiosessions. Die einzige offizielle Live-Veröffentlichung der Tournee ist „Bob Dylan at Budokan“ aus dem selben Jahr. Die Aufnahmen zeigen die 114-tägige Tournee in ihrer frühesten Form, bevor die Band zusammenfand. Bootlegs von späteren Shows sind wesentlich besser. „Wir haben nicht viele gute Bänder von der 78er Tour“, sagte die Quelle. „Es ist etwas in Arbeit. Die Tournee wird irgendwann in der Zukunft wieder aufgegriffen werden. Ich bin nicht befugt zu sagen, wie.“ Es wird jedoch kein Film sein: „Ich wünschte, es gäbe einen. Aber es gibt nur sehr wenig Filmmaterial.“

Die Sessions zu „Oh Mercy“ aus dem Jahr 1989 sind in der Bootleg-Serie noch nicht aufgetaucht – abgesehen von einer Handvoll Songs, die 2008 auf dem Set „Tell Tale Signs: Rare and Unreleased 1989-2006“ erschienen. „Ich liebe ,Oh Mercy‘“, erzählte der unbekannt bleibende Dylan-Experte. „Es ist eine großartige Platte. Es ist etwas, das wir sicherlich als Bootleg-Series in Betracht ziehen würden.“

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Ein scheinbar offensichtlicher Schwerpunkt eines zukünftigen Box-Sets ist die „Never Ending“-Tour, die 1988 begann und nach mehr als 3.000 Konzerten immer noch läuft. Der Tresor von Dylan ist voll mit Bändern aus diesen Jahren, aber es ist nicht zu erwarten, dass man in nächster Zeit etwas davon zu hören bekommt. „Die ,Never Ending‘-Tour, die nie wirklich so genannt wurde, läuft immer noch“, sagte der Informant. „Es ist jetzt die ,Rough and Rowdy Ways‘-Tour. Die Zeit, um darauf zurückzublicken, wird erst in vielen Jahren kommen“

Eine Besonderheit im europäischen Urheberrecht, führt dazu, dass Aufnahmen gemeinfrei werden, wenn sie nicht nach 50 Jahren veröffentlicht werden. Diese Regelung zwang Dylan (und viele seiner Kollegen) dazu, am Ende jedes Jahres ihre Archive zu entrümpeln. Das hat zu faszinierenden Dylan-Veröffentlichungen geführt, wie „The Cutting Edge 1965-1966“. Das Album dokumentiert die Entstehung von „Bringing It All Back Home“, „Highway 61 Revisited“ und „Blonde on Blonde“. Dem Informanten zu folge, gebe es noch in diesem Jahr eine urheberrechtlich geschützte Veröffentlichung der Soundtrack-Sessions zum 1973 veröffentlichten Film „Pat Garrett jagt Billy the Kid“.

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Nächstes Jahr feiern wir den 50. Geburtstag von „Planet Waves“ und Dylans Reunion-Tour mit der Band. Könnte es eine große Box mit Aufnahmen von dieser Tour geben? „Das hängt von Sony ab“, so die Quelle. „Wir werden sehen, was sie tun werden.“

Konzerte als Download wird es nicht geben

Etwas, das es trotz der Hoffnungen und Träume vieler Fans nicht geben wird, ist eine digitale Download-Serie von Dylan-Konzerten. Bruce Springsteen, Metallica, Pearl Jam, Phish und viele andere Künstler*innen mit einer großen Fangemeinde haben in den letzten Jahren solche Dienste eingeführt, aber das Dylans Team hat kein Interesse daran. „Bob ist da draußen und macht es live. Ich denke, dass die Leute ihn sehen sollten.“ Die Person aus Dylans Umfeld sagte zudem, er spiele „einige der besten Shows seiner Karriere“.

Wäre es nicht großartig, den Fans die Chance zu geben, diese Shows in unverfälschtem Sound zu hören und die Verbreitung von minderwertigen Publikumsaufnahmen zu beenden? „Die Leute, die Bootlegs wollen, können sie haben“, so die Quelle. „Wir haben sowieso nicht so viel in unverfälschtem Sound. Bruce und seine Leute verbringen viel Zeit damit. Wir haben das nicht wirklich.“

Aus dem Amerikanischen übersetzt, erstmals veröffentlicht auf rollingstone.com

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