Blüh. Blümchen, blüh!
Mit Peaches und Gonzales im Club der irren Kanadier ging Feist nach Berlin - ihre Solo-Platte ist romantischer
Vor drei Jahren, als Leslie Feist zum ersten mal über deutsche Bühnen tourte, begleitete sie ihren alten Freund Chilly Gonzales. Mit Tropenhelmen als Naturforscher aus dem 19. Jahrhundert verkleidet, tippelten die beiden Melodica blasend durch das Publikum zur Bühne – der haarige Entertainer aus Kanada und seine zierliche Landsmännin, die jeden seiner Spaße perfekt konterte und weitertrieb. Feists Stimme war schon damals wunderbar wandelbar, ihr Humor bemerkenswert, die kleinen Tanzschritte perfekt. Doch nicht einmal das Internet wusste etwas von einem Soloalbum dieser außergewöhnlichen Künstlerin. Erst jetzt, zwei Jahre später, ist es soweit: „Let It Die“ kommt in die Läden.
Ein Album, dessen Sound und Lieder oft an die großen Songwriter der späten Sechziger erinnern, und das fast nichts zu tun hat mit dem irren Electro-HipHop-Pop von Gonzales. Trotzdem hat der von Berlin nach Paris übergesiedelte Hansdampf die Platte produziert und mitgespielt An das Konzert in einem Hamburger Theater vor zwei Jahren kann sich Feist auch heute noch gut erinnern: „Ich war damals völlig am Ende. Wir sind zwei Wochen lang jeden Tag woanders aufgetreten, ich war erkältet und dachte dauernd: Gleich kippe ich um.“
Mit 19, nachdem sie mit ihrer damaligen Band im Vorprogramm der Ramones gespielt hatte, war Feist schon einmal die Stimme weggeblieben. Ein Facharzt verordnete ihr damals ein sechsmonatiges Singverbot. Eine eher depressive Zeit, die damit endete, dass Leslie in Toronto bei einer Freundin namens Peaches einzog – und auch auf deren erstem Album „The Teaches Of Peaches“ sang und rappte. Von da an stand Musik wieder im Mittelpunkt. Feist tourte mit ihrer Band By Divine Right, als Gast-Sängerin ist die 28-Jährige mit den riesigen tiefblauen Augen auch auf den Platten vieler Freunde zu hören: Calexico, Gonzales, Jane Birkin, Mocky, Kings Of Convenience sowie Broken Social Scene profitierten von ihrer glockenhellen Stimme.
Als ihr Freund Gonzales – und später auch Peaches, Taylor Savy und Mocky – von Toronto nach Berlin übersiedelten, ging auch Leslie Feist für eine Weile dorthin. Inzwischen lebt sie in Paris, wo „Let lt Die“ entstand, an dessen Produktion auch Renaud Letang, der Toningenieur von Manu Chao, beteiligt war. Die Musik der Platte entspricht dem sinnlich hippiesken Cover: viel akustische Gitarren, Orgel, Piano, Posaune und allerlei Schnickschnack aus dem Sampler.
Das klingt romantisch und ist oft nah am Folk, was man aber gegenüber Feist nicht sagen sollte: „Ich denke bei Folk immer an Joan Baez, also an eine strenge ältere Frau, die ihre Gitarre wie ein Maschinengewehr vor die Brust geschnallt hat – und das passt nun wirklich nicht zu meiner Musik.“ Auch wieder wahr.