Blockade-Brecher
Nach drei Jahren haben Snow Patrol den Erfolg des Songs „Chasing Cars“ verkraftet.
Bei den Q-Awards in London saß Snow Patrols Gary Lightbody neben Coldplays Chris Martin und sprach mit ihm über die fast gleichzeitig erscheinenden neuen Alben ihrer Bands. Sagt Martin: „Ich kann sie nicht mehr hören! Seit dem Mastering habe ich sie nicht mehr angemacht.“ Und Lightbody: „Ich schon! Alle zwei Tage liegt sie im Player. Ich bin total stolz.“
Klingt nach einem Happy End. Zu Beginn der Aufnahmen von „Fallen Empires“ litt Lightbody unter einer Schreibblockade und wusste nicht, wohin mit seiner Musik. Was macht man, wenn man weltberühmt ist? Die schottisch-irische Band hatte als Indie-Gitarren-Outfit begonnen und war nach „Chasing Cars“ plötzlich englischer Großmeister. Das 2008 erschienene Album „A Hundred Million Suns“ verwaltete den Erfolg und zementierte den Superstarstatus der Band.
Doch während Coldplay aus ihrer vergleichbaren Erfolgsgeschichte eine Art Auftrag zur Volkserhebung ableiteten und fortan Musik machten, die für die ganze Welt sprechen sollte, wollen Snow Patrol lieber sie selbst bleiben. Wohl ändern sich die Instinkte, wenn man plötzlich in einem Stadion singt, räumt Lightbody ein. Aber sonst müsse man doch weiter eine kleine Band bleiben, die spielt, was ihr gefällt.
Vielleicht sind es die Instinkte, die Snow Patrol jetzt trotzdem die Marschrichtung ändern lassen. „Fallen Empires“ ist zwar nicht das angekündigte Elektro-Album; es sind genug melodramatische Riesenlieder auf dem Album, um eher von Kontinuität als von Umsturz zu sprechen. Doch die (angeblich auch von Arcade Fire inspirierte) Musik wird vielseitiger und mutiger. Dance-Beats, Elektro-Wave, Gospelchor, Indie-Experiment, Scores von Owen Pallett: Es geht einiges, auch wenn Produzent Garret „Jacknife“ Lee die Neuerungen in einen mehrheitsfähigen Klang bettet.
Für seine neuen Texte schlüpft Lightbody in die Rolle erdachter Charaktere, anstatt über seine gescheiterten Beziehungen zu singen – auch das ist neu. „Die Welt muss mich nicht noch mal über eine Trennung jammern hören!“ Jörn Schlüter