Björn Ulvaeus zum Geburtstag: Der Sieger bekommt alles
Björn Ulvaeus, der Mann, der ABBA verwaltet, hat Geburtstag. Arne Willander gratuliert.
Wann immer im deutschen Fernsehen ein ABBA-Special gezeigt wird, eine Retrospektive oder ein Bericht über das ABBA-Museum in Stockholm, ist Björn Ulvaeus zur Stelle und erzählt noch einmal in einem Deutsch, das fast so fehlerlos ist wie sein Englisch, wie es damals war. Ulvaeus ist der einzige Nachlassverwalter von ABBA, denn der Manager und Impresario Stig Anderson lebt nicht mehr, und Benny Andersson, Anni-Frid (Frida) Lyngstad und Agnetha Fältskog äußern sich ungern und wenig eloquent. Ulvaeus sagt aber auch mit einem transzendenten Lächeln: „Wir sind die Band, die nie zurückkam.“
Am 25. April 1945 wurde Björn Kristian Ulveaus in Göteborg geboren; einige Jahre später zog die Familie nach Västervik, eine Kleinstadt im Süden von Schweden. Schon 1964 trat er den West Bay Singers bei, einer Folk-Gruppe, die Stig Anderson, der Label und Talentschmiede Polar Music gegründet hatte, in Hootenanny Singers umbenannte. 1966 traf Ulveaus dann Benny Andersson, den Keyboarder und Songschreiber der Beat-Band Hep Stars. Nach Amerika und England blickten beide, aber Benny war der Rocker, Björn der Folkie. Bald schrieben sie den ersten Song – für die Hep Stars – gemeinsam. Als Björn die Hootenanny Singers verließ, um Jura zu studieren, erkrankte der Gitarrist der Hep Stars – woraufhin Benny seinen Freund für eine Tournee engagierte. 1968 wollte Stig Anderson den umtriebigen Ulveaus als Produzenten und Songschreiber für Polar gewinnen – Björn bestand darauf, dass auch Benny beschäftigt wurde. Von da an komponierten sie gemeinsam und produzierten Platten im Sound der Stunde.
Im Jahr 1969 traf Björn die Sängerin Agnetha Fältskog, die selbst romantisch-besinnliche Lieder schrieb und schon als Jugendliche einige Hits in Schweden hatte. Im Juli 1971 heirateten die beiden in Verum; aus der Verbindung gingen die Kinder Linda und Peter Christian hervor. Schon 1970 war das Paar erstmals mit Benny und Frida Lyngstad bei einem Musical-Projekt und einer Fernseh-Show aufgetreten – beides scheiterte krachend. Das erste Album des Quartetts, „Ring Ring“, erschien 1972 (noch unter den vier Namen) mit moderatem Erfolg; Stig Anderson, als Manager in der Verantwortung, begann mit der Eroberung des Grand Prix de la Chanson – keine Einnahme im Sturm, denn die hochnäsigen, konservativen Juroren (die Zuschauer hatten nichts zu bestimmen) lehnten die vom Pop inspirierte Band ab. Erst 1974 gelang nach einem Zuschauer-Entscheid der Sieg in Schweden von ABBA, wie sie sich nun nannten, anschließend auch der Triumph in Brighton. Das Album „Waterloo“ war bereits fertig und wurde in Europa ein sensationeller Verkaufserfolg.
Die nächsten Jahre wurden die ABBA-Jahre: Fünf Alben folgten, darunter die Meisterwerke „Arrival“ (1976) und „Super Trouper“ (1980). 1977 löste die Tournee in Australien eine Hysterie aus, die sogar der stoische Ulvaeus kaum ertragen konnte – Agnetha, die ohnehin das Reisen und besonders das Fliegen hasste, war am Ende ihrer Geduld und ihrer Kraft. Das Unternehmen USA, ohnehin halbherzig betrieben, wurde durch Agnethas Phobie sabotiert; eine größere Tournee fand mit Familien-Tross und längeren Pausen statt. Ende 1978 trennten sich Björn und Agnetha, erst im Juli 1980 wurde die Scheidung bestätigt. Zwei von Björns traurigsten und schönsten Songs, „Happy New Year“ und „The Winner Takes It All“, sind wahrscheinlich ein Nachhall des Zerscherbens ihrer Ehe. Seit 1981 ist Björn mit Lena Kallersjö verheiratet, mit der er zwei Kinder hat.
Nach dem Ende von ABBA – das niemals annonciert wurde – im Jahr 1982 dauerte es nur einige Jahre, bis mit der Veröffentlichung von „ABBA Gold“ eine beispiellose Renaissance einsetzte. Mit Benny hatte Björn 1984 das Musical „Chess“ geschrieben, eine pompöse Liebesarbeit, die nicht an die großen Vier-Minuten-Dramen von ABBA heranreicht. Nun blühte überall das Revival, das 1999 mit dem Musical „Mamma Mia!“, einer narrativ sehr lose verbundenen Nummern-Revue, befeuert wurde. Björn Ulvaeus blieb der Botschafter im Auftrag von ABBA, jetzt bärtig und mit Brille, eloquent, bedächtig und präzise.
Die Arbeit mit Benny Andersson wird immer Geheimnis bleiben, aber es ist klar, dass Benny der Klaviertyp war und Björn der Worttyp. Björn Ulvaeus hält noch immer alles zusammen. Es gibt Schätzungen, nach denen 450 Millionen ABBA-Platten verkauft wurden, und an jedem Tag werden es mehr. Ihre Songs gehören zum eisernen Weltkultur-Erbe. Björn Ulvaeus, ein Existenzialist (und bekennder Atheist) reinsten Wassers, hat es auf die schwedische Art gemacht: Er hat sich niemals aufgeregt. Und er wird es auch an seinem 70. Geburtstag nicht tun.