BJÖRK
Raumgreifendes Brimborium hieß früher mal „Konzept“. Brimborium-Künstler veröffentlichten Konzept-Alben, eine Partei, die sich die Grünen nannte, wollte neue Konzepte für so manches und warf der Regierung „Konzeptionslosigkeit“ vor. Die Probleme, die Gründe fürs Scheitern bei all jenen Unterfangen waren immerhin stets würdig: zu viel, zu plump, vielleicht auch zu hermetisch.
Die Sängerin Björk hat zuletzt ein Album aufgenommen, dessen Aufmachung, Drumherumgerede und natürlich erst recht: Musik! so derart geschlossen und, jawohl, stimmig erschienen, daß man ein Konzept witterte. Diesmal wollte Frau Björk wohl auf keinen Fall eine Tanzplatte machen, deshalb benutzte sie wohl alle Instrumente, die man sich vorstellen kann. Das vorerst mal einzige Deutschland-Konzert findet dann logischerweise eher in einem Anwesen denn in einem Rock-Stall statt, und heißt dann auch noch „Palais“. Kunst, wir kommen, und zwar in Scharen, ausverkauft, klar.
Björk und ihre Streicher zelebrieren Nicht-Pop und scheren sich nicht um Beats. Das Publikum auch nicht, es ist wegen der Frau gekommen, dem Fabelwesen, der Musikantin. Weihrauch wurde zwar nicht geschwenkt, Andacht jedoch machte sich breit, vielleicht guckten die Leute auch nur betreten. Auf der Bühne betörten lauter Vorhänge und Licht-Firlefanz, wie beim Weihnachtsmärchen in der Schulaula, wir erinnern uns. Der Film Jenseits der Stille“ könnte hier gezeigt werden, diesseits der Musik indessen tat sich dann aber doch noch was: links die Geigen, sie schweigen. Und dann wird’s laut, kawumms, die Beats, da rechts, der Herr, der bisher kaum merklich an irgendwelchen Maschinen arbeitete, schlägt nun Alarm. Frankfurt is dancing. Le Palais wackelt, quasi. Frau Björk spricht jetzt auch, krank sei sie gewesen vor zwei Wochen, als wir alle schon mal vergeblich an der Pforten rüttelten; andere behaupten, die MTV-Awards seien schuld gewesen. Egal, immerhin hat sie gesprochen, die ist also echt, das ist schön zu wissen. Für die Streicher sind wir, das Publikum, noch zu jung, das kommt später. In vier Jahren? Dann pfeifen wir auch nicht mehr, wenn es nur eine Zugabe gibt. Bis dahin: Buh!