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Birgit Fuß fragt sich durchKolumne

Wie konnte Jack White ein ganzes Imperium aufbauen?

Mit Third Man schaltet und waltet Jack White, wie es ihm gefällt.

Wie soll man einen Typen, der sich solche Streiche erlaubt, nicht lieben? Am 19. Juli ließ Jack White allen Leuten, die etwas in seinen Third-Man-Läden in Nashville, Detroit und London kauften, ein Album mitgeben, das sie zunächst gar nicht zuordnen konnten: „No Name“ stand auf dem weißen Ding, sonst nichts.

Es stellte sich als Jack Whites sechstes Soloalbum heraus, das Anfang August plötzlich offiziell veröffentlicht wurde – allerdings ohne jegliche Promotion. Keine Interviews, überhaupt nichts für Journalist:innen.

Auf Streaming wollte White nicht verzichten, so konsequent ist er dann doch nicht, aber man muss trotzdem den Hut ziehen vor der Chuzpe dieses Mannes – und vor seinem Ideenreichtum, seinem Geschäftssinn und seiner immer durchscheinenden Freude an Überraschungen, zumindest was die Veröffentlichungsweisen angeht. Die Musik ist ja eher erwartbar, wenn auch stets durchdrungen von der unbedingten Energie, die ihn in allen Bereichen ausmacht.

Jack White und Third Man Records

White hat das Album in seinem Third Man Studio aufgenommen, das Vinyl bei Third Man Pressing herstellen lassen, und natürlich wird es von Third Man Records veröffentlicht. In seinem kleinen Imperium kann er inzwischen einigermaßen autark schalten und walten, wie er will. Als ich ihn einmal gefragt habe, wie es ihm gelungen ist, das alles aufzubauen, sagte er: „Nicht mit Geschäftssinn“, den habe er gar nicht.

Er habe, auch schon in seinem ersten Job als Polsterer, immer nur das hergestellt, was er selbst gut fand – in der Hoffnung, dass es vielen anderen dann genauso geht. Glück gehabt! Und dazu: Leidenschaft, Offenheit, Mut. Schließlich ist nicht jede:r bereit, Geld in ein eigenes Unternehmen zu investieren und damit zu riskieren. Starke Nerven braucht es dafür ebenso wie ein gesundes Selbstbewusstsein. Und nicht zu vergessen: ein Startkapital!

„Nothing in this world is free/At least not for me“, singt Jack White auf „No Name“ gleich zu Beginn, in „Old Scratch Blues“. Er betont gern, dass seine Texte nicht viel mit ihm persönlich zu tun haben, aber er scheint sich gerade schon einige Gedanken darüber zu machen, wo die kapitalistische Welt enden wird.

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Manchmal versprechen seine Songtitel mehr, als die recht simplen Lyrics hergeben – so etwa in „It’s Rough On Rats (If You’re Asking)“, wo er trocken feststellt: „It all costs too much/ And nothing is free.“ Ein genialer Texter war White nie, und seine Melodien kranken häufiger daran, dass sie in viele verschiedene Richtungen streben – Blues, Garage und Hardrock natürlich, New Wave und sogar ein bisschen Rap ist diesmal dabei, doch nur noch selten ergibt das einen präzisen, packenden Song.


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Also reißen es die großartigen Gitarren in Stücken wie „That’s How I’m Feeling“ raus – und eben die schiere Wucht. Jack White channelt Led Zeppelin besser, als Greta Van Fleet das je schaffen werden. Manchmal erlaubt er sich zudem etwas Humor („Missionary“) oder Melancholie, wie bei „Terminal Archenemy Endling“. Da lautet die Frage: „What’s the point of being free if I’m all alone?“

Auch das lässt sich auf das Geschäftliche übertragen: Ohne Unterstützung funktioniert selbst die schönste Selbstständigkeit nicht, und Einsamkeit macht niemals Spaß. Wusste ja schon Randy Newman: „It’s lonely at the top!“

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