Bio-Diesel im Tank
Die Umweltschützerin Bonnie Raitt, stets New Orleans zugetan, fühlt sich in ihrem Engagement bestätigt
Unmut steigt in Bonnie Raitt empor, als ich ihr eröffne, aus gegebenem Anlaß zunächst nicht über ihr neues, sondern das ältere Werk eines Kollegen sprechen zu wollen. 30 Minuten später bedankt sie sich fast überschwenglich noch einmal dafür, daß ich sie „an diese tolle Platte“ erinnert habe. An „Storyville“ von Robbie Robertson und seinen Song „Shake This Town“, der schon 1991 mindestens so prophetisch war wie Randy Newmans „Louisiana“. Vom großen Chef, der weinend am Strand steht, erzählt da der Gitarrist von The Band, von einer großen dunklen Wolke, vom versiegten Trinkwasser und nicht zuletzt davon, daß man am Abgrund „der Gnade des Regierungsmannes“ ausgeliefert sei. Raitt, bald 56, residiert zwar im Norden Kaliforniens, war und ist New Orleans musikalisch wie persönlich aber stark verbunden. Ivan aus dem großen Neville Brothers-Clan spielte in ihrer Band, der aktuelle Keyboarder Jon Cleary sah gerade sein Haus in den Fluten versinken. Die These des US-Historikers Mike Davis, die hausgemachte Katrina-Tragödie könne nun das Sprungbrett für eine neue Bürgerrechtsbewegung werden, hält sie für „gut möglich“. Die alte Umweltaktivistin in ihr, die für die Belange von Wasser und Wald schon so manche Verhaftung riskierte, hofft natürlich darauf, daß „die Leute endlich aufwachen. Die globale Erwärmung wird jetzt wieder verstärkt ins Licht rücken, die falschen Prioritäten, die uns nur abhängig vom Öl gemacht haben“.
Bonnie Raitt selbst ist samt Entourage zumindest auf Tour nicht mehr ganz so abhängig davon. Ihre Tracks und Busse rollen derzeit mit Bio-Diesel durch die USA. „Es war toll, endlich die Technologie zu haben, um Druck auf dieses Truck-und Bus-Geschäft ausüben zu können“, sagt sie. Ein Willie Nelson als Gallionsfigur, der seine Karawane als erster auf Bio-Diesel umrüstete, hat natürlich auch geholfen. Jetzt hofft Raitt, „daß wir noch ein paar andere Acts dafür begeistern können“.
Weniger begeistert war sie zuletzt von ihren eigenen Songs; zumindest schienen sie Raitt „nicht relevant“ genug für eine Verewigung auf dem neuen Album „Souls Alike“. Die Sichtung geeigneten Materials beschreibt sie als Mischung aus „Detektivarbeit“ und „Schatzsuche“. Zahllose Demos werden gehört. Freunde, Kollegen, Journalisten nach Tips befragt, Plattensammlungen von Raitts Musikern konsultiert. Eine verwandte Seele fand Raitt zuletzt vor allem in Maia Sharp, die gleich drei Songs beisteuerte und als Special guest mit ihr tourt. „Es ist, als ob man als ein Organismus atmet, wenn du eine derart tiefe Verbindung spürst“, schwärmt Bonnie über die neue musikalische Partnerin.
Pragmatischer, aber ähnlich essentiell lief der Dialog mit dem renommierten Produzenten Tchad Blake, der Raitt bei ihrer ersten Alleinproduktion assistierte.“Ich mag diesen Raum, den er um die Stimme öffnet. Aber Tchad ist mehr als ein Techniker, weil er diese musikalische Sensibilität und viele Ideen einbringt. Er hörte die Songs aber erst im Studio. Das garantiert frische Ohren. Und wenn er dann etwa vorschlägt, vielleicht mal eine andere Harmonie oder eine andere Instrumentierung zu versuchen, dann muß das doch von jemandem kommen, den du auch wirklich respektierst – wie eben Tchad.“
Damit Unmut erst gar nicht aufkommt.