Bill Wyman
Mit den Stones hatte er alles erreicht, nun findet der Bassist sein musikalisches Glück auf kleineren Bühnen
Er ist ein vielseitiger und vielbeschäftigter Mann. Neben der Hege seiner Familie und der Pflege seines ausgeprägten Sammlerticks fand Bill Wyman in den letzten Jahren Zeit für archäologische Ausgrabungen und schrieb Bücher über die Geschichte des Blues, seine alte Combo und seinen Freund Marc Chagall. Und er betreibt mit seinen Rhythm Kings eine Band, die ihren ursprünglichen Charakter als Hobby-Werkstatt längst verloren hat und derzeit wieder auf Tour ist So war das aber nicht geplant. Sollte nicht nach drei Alben Schluss sein? Schon, aber wir können einfach nicht aufhören. Nicht, solange es uns so viel Spaß macht und die Leute uns sehen wollen und unsere Platten kaufen.
Ist es nicht ein Zuschuss-Geschäft, mit einer so großen Band auf Tour zu gehen? Nur in Deutschland. Die Steuerlast hier ist enorm. Anderswo ist es günstiger. Aber es stimmt, dass nicht viel übrigbleibt, wenn neun Musiker und eine ebenso große Crew bezahlt werden müssen.
Gut, dass du selbst kein Geld mehr verdienen musst und die Musik unter Freizeitbeschäftigung verbuchen kannst.
Da liegst du schief, mir geht es da wie den anderen: I have to earn a living.
Das überrascht mich. Warum?
Weil du ein reicher Mann bist. In der „Rich List“ der „Times“ wurde dein Vermögen auf 40 Millionen Pfund veranschlagt. Seither hast du deine gut gehenden Restaurants veräußert und ein paar erfolgreiche Bücher verfasst. Davon stimmt leider nur letzteres. Diese Zahl scheint mir völlig aus der Luft gegriffen. Wäre ich so reich, würde ich das schon wissen. Nein, gemessen an den meisten Popstars bin ich allenfalls wohlhabend. Okay, ich besitze ein paar Häuser, Antiquitäten und dergleichen, aber ich habe auch drei schulpflichtige Kinder und ein paar kostspielige Steckenpferde. Wenn ich da meinen Lebensstandard halten will, muss ich Geld verdienen. Das ist auch in Ordnung so, ich beklage mich keinesfalls.
Selber schuld. Immerhin hattest du einen Traumjob – und den hast du gekündigt.
Ich habe das keine Sekunde bereut. Ich bin glücklicher ohne diesen Job. Im übrigen könnte ich ihn jederzeit wiederhaben. Sie haben mich ein paar Mal darauf angesprochen. Vor sechs Jahren sagte Mick: „Überleg es dir noch mal, du kriegst gut 20 Millionen.“ Kein übler Deal für 18 Monate, aber ich habe dankend abgelehnt. Mein persönliches Glück ist mir wichtiger.
Hat Mick dir diese Absage krumm- genommen?
Nein, er hat insgeheim damit gerechnet Wir haben heute ein besseres Verhältnis als früher. Auch mit Charlie stehe ich nach wie vor in freundschaftlichem Kontakt. Wenn ich am Leben mit den Stones überhaupt etwas vermisse, dann seine Gesellschaft, seinen trockenen Humor. Der Einzige, der mir bis heute nicht richtig verziehen hat ist Keith. Für ihn haben die Stones eine mythische Bedeutung, und wer sie verlässt, begeht Hochverrat.
Du hättest ja wenigstens ein paar Gigs mitmachen können. In London machte das Gerücht die Runde, du würdest dich erweichen lassen.
Ja, es war seltsam. Die Stimmung backstage in der Wembley Arena war sehr gelöst, der Umgang geradezu herzlich. Auch mit Keith. Er balgte sich mit meinen Kindern auf dem Boden herum. Hätten sie mich an jenem Abend aufgefordert, mit ihnen auf die Bühne zu gehen, wer weiß. Aber sie taten’s nicht Stolz, denke ich. Sie wollten sich nicht noch einen Korb abholen.
Und wie fandest du die Show?
Oh, sie waren großartig, keine Frage. Sehr laut. Ob ich gerne dabeigewesen wäre, da vorne, auf dieser gewaltigen Bühne? Ja, ein Teil von mir schon. Aber ich bin sichet, dass man wieder bei mir anklopfen wird, wenn die nächste Tour ansteht
Money for nothing and chicks for free – übt das keinen Reiz mehr aus?
Weder noch, das ist vorbei. Übrigens spielt Mark Knopfler auf unserer neuen Platte, gemeinsam mit Albert Lee.
Und ihr überrascht mit „Taxman“ von den Beatles.
Ja, ein Dankeschön an George, der mir ein guter Freund war und der auch auf unserer letzten Platte mitwirkte.
Auf der nächsten dürfen wir also „Sultans Of Swing“ erwarten?
Keine schlechte Idee.