Bill Callahan – München, Ampere
„Why is it getting brighter? Should we stop it?“ Bill Callahan steht leicht irritiert auf der taghell ausgeleuchteten Bühne. Selbst der schwarze Vorhang hinter ihm strahlt in einem hellen Grau. Für einen Moment scheint es, als lächle er. „I used to be darker/ Then I got lighter/ Then I got dark again“, brummt er und dreht damit die Uhr eine Stunde zurück. Denn der Song, aus dem diese Zeilen stammen, „Jim Cain“, war der erste, den er an diesem Abend spielte.
Zu Callahans Begleitung gehören eine Geigerin und ein Cellist, die die Arrangements des letzten Albums „Sometimes I Wish We Were An Eagle“ nachempfinden sollen. Doch die eigentliche Kammermusik wird von zwei Gitarren und einem Schlagzeug gespielt. Subtil wechselnde Rhythmen und schläfrig sich umgarnende, verzahnende Riffs tragen Callahans Worte, die er manchmal erst zu formen scheint, als sie seinen Mund schon fast verlassen haben. „I was as still… as… still as a river could… be.“ Wie ein langer, ruhiger Fluss fließen die Songs dahin. Hypnotisiert schaut man auf die Bühne, bemerkt jede noch so kleine Veränderung des Lichts – mal ist es eisig blau, dann schimmert es fast rötlich, verschwindet im dunklen Strudel von „All Thoughts Are Prey To Some Beast“. Frühe Höhepunkt sind neben den neuen Stücken die Songs vom letzten Smog-Meisterwerk ,A River Ain’t Too Much To Love“. Ein beinahe meditatives „Say Valley Maker“, ein stoisches „Rock Bottom Riser“ und ein brüchiges „Let Me See The Colts“. Dann entfaltet sich ein nicht enden wollendes „Our Anniversary“ zu neuer schimmernder Pracht. Mit einem zickig rumpelnden „Diamond Dancer“ und einem um ein monolithisches Riff gebauten „Eid Ma Clack Shaw“ wird die Performance anschließend robuster. Einer der schönsten Songs des neuen Albums, „The Wind And The Dove“, lässt den Abend schließlich in Verzückung auslaufen.
Natürlich müssen die Musiker danach noch einmal wiederkommen, zunächst für ein psychedelisches „Cold Blooded Old Times“. Zum Abschluss ertönt ein trockenes Lou-Reed-Riff, und die Geige spielt ein seltsam bekanntes Motiv. „When I was seven I wanted to live in a bathysphere/ Between coral/ Silent eel/ Silver swordfish/ I can’t really feel or dream down here“. Der Fluss hat das Meer erreicht, und wir folgen Bill Callahan auf den tiefsten Grund seines Herzens.