Rammstein und die Flüchtlingsfrage: Was bedeutet das „Willkommen“-Schild?
Während ihres Konzerts in Frankfurt hielt Till Lindemann ein „Willkommen“-Schild in die Höhe, nun diskutieren die Fans. Eine politische Äußerung zur Seenotrettung im Mittelmeer, oder bloß eine weitere Provokation, die dem Publikum zur Interpretation vor die Füße geworfen wurde?
Rammstein scheinen momentan größer als je zu vor zu sein. Mit ihren bis ins kleinste Detail durchchoreografierten Live-Shows, in denen sich die Bandmitglieder regelmäßig in Brand stecken lassen, der Bergarbeiter-Aufmachung und der durchdringenden Bass-Stimme Till Lindemanns sind sie in der derzeitigen internationalen Musiklandschaft unnachahmlich.
Doch ihr künstlerisches Konzept geht darüber hinaus, „nur“ Musik zu sein. Fast schon operesk wirkt die Idee des Gesamtkunstwerks Rammstein, das von vielen aufgrund ihres Strebens nach Schonungslosigkeit und Schock-Faktor nicht verstanden wird. Zu Recht? Gibt die Band mit ihren Provokationen, ob in grundsätzlichem Auftreten, Musik oder Text, Grund zu Missinterpretation? Wie zuletzt in ihrem kontrovers diskutierten Musikvideo zu „Deutschland“, in dessen Vorab-Teasern sich Lindemann & Co. in stilisierten KZ-Häftlingsuniformen am Galgen hängend zeigen? Ein heftiger PR-Move, auf den hätte verzichtet werden können, aber nichtsdestotrotz untermauert, dass Rammstein durchaus auch politisch sind.
AmazonRammstein zeigen „Willkommen“-Schild wie im „Ausländer“-Video
So offensichtlich dies oder etwa Anspielungen auf Kolonialismus und Ausbeutung (das eindeutige „Ausländer“-Video beispielsweise) nach Aufmerksamkeit heischende Kritik abgetan werden könnten, steht nach wie vor die Frage im Raum, was Rammstein eigentlich aussagen wollen und wie sie sich positionieren. Erneute Verwirrung stiftete nun ein bisher wohl ungesehener Akt während ihrer Live-Show am 13. Juli in der Commerzbank-Arena Frankfurt.
Nachdem die Bandmitglieder hier wie gewohnt in Schlauchbooten durch das Publikum getragen worden waren, blieb Lindemann auf der Bühne stehen und hielt unkommentiert ein „Willkommen“-Schild in die Höhe. Von vielen Zuschauern und Fans wurde dies im Nachhinein als klare Unterstützung der Seenotrettung im Mittelmeer interpretiert. Besonders im Zuge der Verhaftung der deutschen Kapitänin Carola Rackete, die mittlerweile vorerst freigelassen wurde, wurde dieses Thema in den vergangenen Wochen wieder vermehrt öffentlich diskutiert.
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Im exklusiven Interview mit Rammstein, das in der Juni-Ausgabe des ROLLING STONE erschien, erklärte Keyboarder Flake, wie Rammstein politisch sein wollen:
„Rammstein sind keine Punkband, die „Bullenschweine!“ oder „Deutschland Verrecke!“ ruft. Wir bringen ein solches Thema in eine künstlerische Form, die mit Metaphern spielt und tiefer geht, als simple Parolen.“
Auch in den Songtexten der Band ließen sich bereits in der Vergangenheit immer mal wieder Textzeilen finden, deren politische Aussage kaum überhört werden kann. So singt Lindemann im 2001 erschienenen Lied „Links 2 3 4“:
Sie wollen mein Herz am rechten Fleck
Doch sehe ich dann nach unten weg
Da schlägt es linksLinks
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Die weiteren Tour-Termine von Rammstein live 2019:
- 20. Juli 2019 Luxemburg, Roeser Festival Grounds
- 24. Juli 2019 Kattowitz, Stadion Slaski
- 29. Juli 2019 Moskau, VTB Arena
- 02. August 2019 St. Petersburg, St.Petersburg-Stadion
- 06. August 2019 Riga, Lucavsala
- 10. August 2019 Tampera, Ratina Stadion
- 14. August 2019 Stockholm, Stockholm Stadion
- 18. August 2019 Oslo, Ullevaal Stadion
- 22. August 2019 Wien, Ernst-Happel-Stadion
Rammsteins neues Album RAMMSTEIN ist am 17. Mai 2019 erschienen.