Bewegungszwang
Die neuen Bewegungssteuerungen machen Schluss mit der Geruhsamkeit. Künftig drohen Videospiele genauso anstrengend zu werden wie die Realität.
Die Figuren in Videospielen machen die unglaublichsten Sachen, wenn jemand die richtigen Knöpfe drückt. Sie springen Dreifachsaltos mit dem Skateboard, bezwingen zweiköpfige Fantasy-Wesen mit bloßen Händen oder verwandeln einmalige Torchancen beim Fußballspiel gegen die Weltelite. Für all diese Erfolge mussten Spieler bisher nur ein bisschen die Finger krumm machen.
Nach dem Erfolg der Wii haben jetzt aber auch Sony und Microsoft Bewegungssteuerungen im Angebot. Move für die Playstation funktioniert ähnlich wie die Wii mit Controller, Kinect für die Xbox filmt die Spieler ab, um ihre Bewegungen zu interpretieren und ins Spiel zu übertragen. Auch wenn das System einzelne Finger erkennt, reicht es jetzt nicht mehr, selbige zu krümmen. Es kommen also unruhige Zeiten auf die Gamer zu. Und auf ihre Nachbarn: Der Familie über mir wünsche ich den Spaß jedenfalls nicht zu Weihnachten.
Sogar die Bewegung gewohnten Fans von Tanzmattenspielen werden staunen, wie intensiv der Bewegungszwang durch die neue Technik wird. Statt nur mit den Füßen auf die richtigen Pfeile am Boden zu treten − was allein ja schon mächtig anstrengend ist −, kommen bei „Dance Central“ noch Oberkörper und Arme dazu. Für gute Wertungen gilt es zu tanzen wie in einem Musikvideo, also synchron zum Vortänzer auf der Mattscheibe. Die Kinect-Kamera erkennt jeden Fehler wie Detlef D. Soost, schreit aber zum Glück nicht so laut. Anstrengend ist das allemal und hier auch passend, weil selber tanzen ja tatsächlich mehr Spaß macht, als einer Figur dabei zuzugucken. Aber selbst bei einer klassischen Sitzangelegenheit wie dem Autofahren muss man nun stehen, ein imaginäres Lenkrad vor sich halten und den Hintern rausstrecken, um zu driften. Wo soll das hinführen? Muss man seinen Freunden in „Street Fighter“ in Zukunft wirklich auf die Nase hauen?
Setzt sich die Bewegungssteuerung vollends durch, ist es aus und vorbei mit der schönen Zeit, in der Gamer tun konnten, was sie wollten. Statt übermenschlicher Taten vollbringt in Spielen dann jeder nur noch das, was er auch in Wirklichkeit hinbekommt − oder eben nicht. Frisbee werfen oder Boulespielen in Sonys „Move“-Sportspiel zum Beispiel. Tiere streicheln in „Kinectimals“ oder ein Trainings-Programm absolvieren in einem der vielen Fitness-Spiele.
Selbst ein ganz alter Gamertrick verspricht keine Hoffnung mehr: Durch spezielle Tastenkombinationen konnte das Gameplay früher aufgepeppt werden. So gab es in vielen Spielen von Konami Extraleben oder Unverwundbarkeit, wenn der „Konami-Code“ eingegeben wurde. Aber wer will sich derlei Tricks noch bedienen, wenn er dafür erstmal durch das halbe Wohnzimmer hüpfen muss?
James Bond: Blood Stone ***
(Activision)
Eine Filmvorlage gibt es nicht für diesen neuen Bond, aber Daniel Craig ist als Spielfigur trotzdem mit von der Partie. Auch Judy Dench (M) taucht auf und Joss Stone gibt das Bond-Girl. Den Titelsong singt sie auch gleich ein. Derart prominent besetzt schafft der Titel denn auch spielerisch 007-Flair. Schleichen, schießen und ein paar Verfolgungsjagden im Aston Martin; etwas hölzernes Geschäker mit Frau Stone und jede Menge Zerstörung. Alles, was ein Bond braucht, gut gemixt wie ein trockener Wodka Martini. (Für PS3, Xbox 360, PC)
Need for Speed: Hot Pursuit ****
(EA)
Polizeiwagen im Rückspiegel sind nichts Ungewöhnliches in Spielen aus der „Need For Speed“-Serie, aber in den letzten Folgen wurde dieses Feature sträflich vernachlässigt. Jetzt ist das Katz- und-Maus-Spiel zwischen Polizei und Rasern das zentrale Element, und der Spieler darf sich auf beiden Seiten des Gesetzes austoben. Mit Bentley, Maserati oder Lamborghini vor der Polizei flüchten und dabei noch Rennen gegen andere Fahrer gewinnen oder als Polizist Jagd auf ebensolche Raser machen. So spaßig war Polizeiarbeit noch nie. (Für PS3, Xbox 360, PC)
Def Jam Rapstar ***
(Konami)
Wer rappen kann, aber keinen coolen Text zustande bringt, darf sich hier an denen der Großen versuchen. Von den Beastie Boys über Wu-Tang Clan bis zu Kanye West sind Rapper jeder Couleur vertreten. Deren Lyrik gilt es nach Karaoke-Art ins Mic zu schmettern. Überprüft wird dabei vor allem Stimmlage, Timing und Textsicherheit. (Für PS3, Xbox 360, Wii)