Beth Jeans Houghton im Interview
Beth Jeans Houghton aus Newcastle wird im Frühjahr 2012 via Mute ein spannendes Debüt veröffentlichen. Wir sprachen mit der Songwriterin über Synästhesie und Dodekaeder.
Sehen sie hier das neue Video zu „Dodecahedron“:
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Man muss kein Hellseher sein, um Beth Jeans Houghton aus Newcastle eine erfolgreiche Karriere an den Hals zu schreiben. Schon ihre erste EP „Hot Toast“ und ihre bisher einzige Single „Golden“ brachten sie 2009 auf den Radar der britischen Presse. Da es zeitlich so gut passte, brandete man sie als schräge Version von Laura Marling. Weil: Auch blond, auch jung, auch Folk.
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Dann aber verschwand Houghton für eine Weile, anstatt den Hype bis zum Release des Debütalbums zu reiten. Eines ihrer letzten hörbaren Lebenszeichen war der Song „I Will Return“. Eine Ansage? „Nö“, sagt sie. „Der Songtitel stammt aus einem Star-Wars-Sample, das ich in meiner Originalaufnahme verwendete. Aus naheliegenden Gründen musste ich das jedoch entfernen. Die Songzeile ‚I Will Return‘ taucht nicht mal im Lied auf. Es ist einfach ein Song über einen Typen, der auf dem Land lebt. Und in dem Moment, wollte ich genau dort sein.“
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Anstatt sich in der englischen Provinz zu verkriechen, ging sie nach Los Angeles, um dort in aller Ruhe und mit professionellem Beistand ihr Debütalbum anzugehen, das im Herbst via Mute erscheinen soll. Als Produzent fungierte Ben Hillier, der schon für Elbow, Depeche Mode, die Doves und Blur arbeitete. Der erste Song aus dieser Zusammenarbeit, mit dem schönen Namen „Dodecahedron“, ist schon mal mehr als vielversprechend ( hier unsere Download-Review).
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Beth Jeans Houghton – Dodecahedron by Mute UK
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Gibt also Gründe genug, um Beth Jeans Houghton zu einem Interview zu bitten. Die Unberechenbarkeit, die ihre Musik so spannend macht (zum Beispiel, wenn bei Minute 2.14 in „Dodecahedron“ dieser spooky Backgroundgesang einsetzt), findet man auch in ihren Antworten, die mal recht far off klingen, dann aber wieder sehr ernst – zum Beispiel, wenn sie über ihre Synästhesie-Erkrankung spricht.
Hallo Beth – sorry, wir sind ein wenig spät dran mit unserer „Artist To Watch“-Rubrik. Du wurdest ja schon von der BBC auf die „Watch List“ gesetzt, hast Bestnoten im Artrocker bekommen, wurdest vom Daily Mirror zum „Rising Star“ gekürt – bist du sauer, dass wir den ersten „Buzz“ verpasst haben?
Ach – wenn du dir das Verhältnis von Zeit und Raum genauer anschaust, oder die Idee von Zeit generell als Illusion erkennst, dann kann es ja eh sein, dass wir alle nur in diesem einen Moment existieren. So gesehen bist du also nicht zu spät dran – und ich existiere vielleicht gar nicht.
Schon in deiner offiziellen Biografie wird man informiert, dass du unter Synästhesie leidest. Ich muss zugeben – ich musste das Wort erst googeln ( Aufklärung gibt’s hier). Und danach war ich mir immer noch nicht ganz sicher, ob es eine Krankheit ist – oder für eine Künstlerin wie dich – auch ein Segen sein kann?
Ich kann da natürlich nur für mich sprechen. Für einige mag es cool sein, aber für mich ist es ein pain in the ass. Ich kann zum Beispiel nicht gut lesen – das ist fast als hätte ich Dyslexie. Jeder Buchstabe des Alphabets ist in meiner Wahrnehmung mit einer Farbe verknüpft. Aber einige unterscheide sich nur in Nuancen. N, M, P und R sind zum Beispiel alles Braun-Farbtöne, die sich minimal unterscheiden. Wenn du dir also das Wort PROMISING anschaust, lese ich es manchmal wie MNORISIPG – was natürlich überhaupt keinen Sinn macht. Das kotzt micht an, weil ich dadurch in meiner Schulzeit eine Menge Scheiße erdulden musste. Damals hatte kaum einer von Synästhesie gehört – also war ich für die meisten nur ein Freak mit hyperaktiver Vorstellungskraft.
Anders war es bei dem Wort „Dodecahedron“ (deutsch: Dodekaeder). Da wusste ich natürlich sofort, was gemeint ist (räusper…). Warum gerade dieses Wort?
Weil es der entscheidende Part in dem Song ist. Er bezieht sich auf den Traum, den ich besinge. Wenn ich von Kanada oder Salz geträumt hätte, dann würde die Zeile heißen: „last night a dreamed of Canada and Salt“. Es hat keine metaphorische Bedeutung. Es ist, was es ist.
Was können wir von deinem Album erwarten – musikalisch und lyrisch?
Die Lyrics sind ziemlich genau das, was ich denke und fühle. Das meiste macht nicht mal für mich Sinn. Wenn du mich also nach konkreten Zeilen fragst, werde ich zwar laut vermuten können, was sie bedeuten, aber damit komme ich der Wahrheit auch nicht näher als du. Die Musik ist das, was ich fühle, in Musik übersetzt. Ich mag momentan Streicher sehr. Ich mag Musik, die auch ohne Lyrics funktioniert, die dich traurig oder euphorisch macht oder dieses unbeschreibliche Gefühl auslöst, das ich bekomme, wenn ich „An Eye For Optical Theory“ von Michael Nyman höre.
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Dein Debüt erscheint bei Mute Records. Was ist dein Lieblings-Mute-Künstler? Schwere Frage, ich weiß…
Nö. Gar nicht. Nick Cave.
Welche Künstler haben dich noch zu deiner Musik inspiriert und zu deinem augenscheinlichen Spiel mit verschiedenen Looks und Images?
Nan Goldin, Jesper Just, Vincent Gallo, Charles Manson, mein Freunde.
Gibt es irgendwas, das du nie für deine Karriere machen würdest?
Es gibt nur zwei Menschen auf der Welt, für die ich mich in irgendeiner Form kompromittieren würde – und das sind meine Mutter und Vincent Gallo. Ich will und werde meine Musik nicht ändern, um damit irgendwem zu gefallen. Auch nicht für meine Freunde, meine Familie, meine Kollegen und die Leute, die meine Musik kaufen. Nur in einer Sache würde ich auf die Meinungen anderer reagieren: Ich werde eventuell meine Bühnengarderobe überdenken und mich ein wenig dezenter kleiden. Was ich auf der Bühne trage, ist zwar einfach nur das, was ich an dem Tag fühle, aber ich musste in den letzten Jahren erfahren, dass manche Leute fast mehr über meinen „Look“ schreiben, als über meine Musik. Wenn ich also nur noch in T-Shirt und Jogginghose auf die Bühne gehe, hilft das euch Musikjournalisten vielleicht, euren Job zu machen und einfach mal über die Musik zu schreiben. Ach ja – und noch was: Ich werde NIE IM LEBEN auf dem Reading und Leeds spielen.
Na, dann hab ich mich ja hoffentlich ganz gut geschlagen… Ging ja die meiste Zeit um (deine) Musik. Letze Frage: Gibt’s neue Musik, die wir kennen sollten?
Natürlich: Tyler, The Creator und OFWGKTA
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