Berliner Luft
Travis-Sänger Fran Healy hat ein Solo-Album aufgenommen – und verabschiedet den Erfolg.
Einmal mit Fran Healy im Park spazieren gehen – zur Zeit von „Why Does It Always Rain On Me?“ sicher der Traum unzähliger Abiturientinnen. Damals schien Britpop noch nicht ganz tot, die Musik der vier Schotten von Travis ein Hort magischer Naivität.
Heute schlendert Healy mit Hut und Sonnenbrille durch seine Berliner Wahlheimat im Stadtteil Prenz-lauer Berg und spricht gut gelaunt über die Aufnahmen seines ersten Soloalbums „Wreckorder“ und sein Leben als Vater. „Ich komme oft mit meinem Sohn her“, sagt er und lässt sich auf eine graffitibesprühte Bank fallen. Mit 37 Jahren sei er zufriedener denn je. „I’m totally in my body“, sprudelt es aus ihm heraus. Man möchte ihm da nicht widersprechen, was nicht heißen soll, dass es im Leben von Fran Healy keine Stimmungsschwankungen gibt. Schließlich bedarf es guter Gründe, eine erfolgreiche Band, wie Travis sie zumindest einmal waren, auf Eis zu legen und das Wagnis einer Soloplatte einzugehen.
„Letzten Sommer saß ich backstage nach einem Travis-Konzert in Los Angeles und fühlte plötzlich, dass es Zeit für eine Veränderung war“, erzählt Healy. Zurück in Deutschland schrieb er die zehn Stücke für „Wreckorder“. Dieses so simple Wortspiel beschreibt die Musik bestens. Etwas zerstören, um etwas Neues zu erschaffen – das mag pathetisch klingen, ist aber das Muster, nach dem Songs wie „Anything“ oder „Holiday“ gestrickt sind. Healy setzt auf Transzendenz und Ruhe. Leider gelingt das nur selten. Wie schon auf den letzten beiden Travis-Alben plätschern viele Lieder nur lau dahin. Ob sich seine Art, Songs zu schreiben, wesentlich verändert hat? Ein kurzer Moment der Stille, dann: „Darüber denke ich niemals nach. Ich lasse es einfach geschehen.“
Auskunftsfreudiger ist Healy, wenn es um die Kollaboration mit Paul McCartney geht. „Ich fragte Paul, ob er Lust hätte, auf einem meiner neuen Songs Bass zu spielen. Er war sofort daran interessiert und wollte wissen, wann die Aufnahmen beginnen. Ich antwortete ihm, dass ich für ihn auch noch zwei Jahre warten würde“, berichtet er mit kindlicher Begeisterung.
Fran Healy hat es sich in seiner Berliner Welt bequem gemacht. London ist ihm viel zu aggressiv. Dagegen wird er nicht müde zu betonen, wie sehr er die Wonnen des Alltags genießt. Den Erfolg mit Travis nennt er inzwischen einen „Virus“. Der wird ihn wohl in naher Zukunft nicht befallen. Mit dem mediokren „Wreckorder“ kehrt Healy vorerst in kleinere Konzerthäuser und Clubs zurück. Max Gösche