Ben Folds Five – Hamburg, Markthalle
Das Piano ist der Feind der Rockmusik. Es verpflichtet zur Präzision, zur Disziplin, zur Melodie. Es fordert Beherrschung. Es stiftet Zusammenhang. Es ist kompliziert. Man kann es nicht vor dem Körper halten. Rockmusiker werfen sich mit ihrer Gitarre auf den Boden, Pianospieler springen auf ihr Klavier.
So sieht man Ben Folds auf einem Foto im Booklet (vier Seiten) seines Debüt-Albums ,fien Folds Five“. Die Ben Folds Five sind ein Trio, und ihr Piano-Pop hat nichts Betuliches. „Punk für Softies“ nennt der Songschreiber seine Musik. Das ist der Gestus: Wir sind Whimps, aber wir rocken. Die Bude brennt, wenn Folds in die Tasten haut, auf dem Schemel kippelt, lustiges Zeug erzählt, sich linkisch verbeugt. Nicht nur der Gassenhauer „Underground“ ist die Rache des schüchternen Schuljungen, den keiner so recht bemerkt hatte, die Rache an den Peinigern, die größer, stärker und lauter als er waren. „You can only hear me on your radio“, sang Joe Jackson, ein anderer Außenseiter und Klavierspieler.
Alle Folds-Songs sind potentielle Hits, alle gemahnen an die großen Klavierhitschreiber: Billy Joel, Elton John, Todd Rundgren, Supertramp. Die Haltung aber ist ironisch: Musik nach Punk, nach Grunge, auch nach dem, was als nächstes kommt. Ben Folds bedeutet: Ich bin dagegen, ich gehöre nicht dazu. Im elegisch-schwelgerischen Song „Boxing“ evoziert Folds die Zeit der großen Kämpfe von Muhammad Ali, die der schmalbrüstige Junge vermutlich faszinierend fand. Auch mit der Adaption von „Video Killed The Radio Star“, einem enervierenden Klopfer von 1979, kehrt Folds am Ende des kurzweiligen Auftritts heim in die Kindheit.
Und morgen die Royal Albert Hall? Im Westentaschenformat.