Bei den Bangles hatte Vicki Peterson Stress, bei den CONTINENTAL DRIFTERS ein Zuhause
Es muß eine Art Offenbarung gewesen sein. Noch immer – nahezu sechs Jahre später – schwingt leises Erstaunen mit, wenn Vicki Peterson, einst Mitbegründerin der Bangles, jenen Abend rekapituliert, an dem sie zum ersten Mal diese Band sah, die regelmäßig „in diesem kleinen Loch“ auf dem Hollywood Boulevard spielte. „Ich fühlte mich unheimlich angezogen von diesen Leuten, von der familiären Atmosphäre – zumal, nachdem ich die unerquickliche Schlußphase der Bangles miterlebt hatte. Dies hier war ein echtes Kollektiv: Montagabend übten sie neue Songs ein, am Dienstag gingen sie damit auf die Bühne.“
Als letztes Mitglied der Continental Drifters siedelte Peterson erst 1996 nach New Orleans über, nachdem sie zuvor (verewigt in dem gerade auf „Vermilion“ veröffentlichten Titel „Christopher Columbus Transcontinental Highway“) tausende Meilen gependelt war. Ein Trip mit einem Typen, dem sie gerade den Laufpaß ausgestellt hatte, gab ihr den Rest „Keine gute Idee. Kann ich wirklich nicht empfehlen.“ (lacht)
Und gar kein Heimweh?
„Ich war immer ein California Girl, habe Los Angeles tapfer verteidigt. Aber jetzt stelle ich fest, daß ich es überhaupt nicht vermisse – was mich schon ein wenig überrascht. Offensichtlich hat mich New Orleans in seinen Bann gezogen.“
Nicht zu vergessen die neue Großfamilie samt vier Kindern, die seit jenen Tagen in L.A. noch enger zusammengerückt ist. Was auf „Vermillon“ auch darin seinen Niederschlag findet, daß einige Songs erstmals aufs Konto von zwei Autorinnen gehen. Was macht’s da schon, daß die 14 neuen Songs inklusive Mix in 14 Tagen im Kasten sein mußten? (Das Geld war erneut knapp, nachdem Mercury ein Demo finanzierte und dann doch „Njet“ sagte.)
„Verwirrend“ fand Peterson den Flirt mit einer Industrie, in der Menschen, die sich aus Überzeugung für die Band verwenden wollen, regelmäßig in die Bredouille von politischen Umstrukturierungen auf höherer Management-Ebene geraten – während ein Garth Brooks die Macht hat mal eben die Führungsetage seiner Company auszutauschen, weil ihm die alten Nasen nicht passen. Peterson: „Die aktuelle Atmosphäre in der US-Plattenindustrie ist Gift für eine Band wie die Drifters. Wir brauchen eine kleinere Einheit die unsere Musik sinnvoll vermarkten kann.“ Gefragt also: ein Label, das „uns versteht“ Soll heißen: Hier brennen keine 20jährigen Greenhörner darauf, sechs Monate non-stop im Tour-Van zu verbringen. Aber das Publikum sei „definitiv“ da, glaubt sie, auch in der Heimat „Das sehe ich an den Reaktionen, wenn wir in einer fremden Stadt spielen.“
Und so spielen sie hier und dort, schlagen sich mit Sessionjobs durch, und manchmal auch hinterm Tresen oder kellnernd. Peterson und Susan Cowsitl bereiten zudem ein Duo-Album als „Psyeho Sisters“ vor. „Wir sind ein halber Comedy-Act“, lacht Peterson. „Aber musikalisch ist es auch eine recht rauhe Angelegenheit.“
Die Dienstags-Tradition aus Hollywood lebt übrigens in New Orleans weiter, im „Howlin Wolf-Club, in dem gern auch Freunde auf der Durchreise zu den Continental Drifters auf die Bühne steigen. „Diese Band wird schon noch ihr perfektes Heim finden“, gibt sich Peterson mit Blick auf einen wohl etwas kleineren US-Deal optimistisch. Hat sie das nicht schon längst gefunden?