Beach Boys – Der endlose Sommer
Die Beach Boys feiern mit ausgedehnter Tour und neuem Album ihr 50. Jubiläum. Ein guter Anlass für den ROLLING STONE, die großen Fragen zu klären. Aber das letzte Wort hat natürlich die Band selbst, genauer gesagt: Mike Love
1 Warum die Beach Boys alles falsch machten außer ihrer Musik
Von Frank Schmiechen
Falsch, falsch, falsch. So grauenhaft falsch! Bei dieser Band ist fast alles falsch gelaufen, was falsch laufen kann. Allein dieser Name: „The Beach Boys“? So bescheuert eindimensional dürfen nur One-Hit-Wonder heißen, die einen einzigen Hit für einen einzigen Sommer produzieren. Und sind diese käsigen, steifen Vorstadtjungs überhaupt eine Band?
Nein! Diese „Band“ hat nie einen Rock’n’Roll-Club von innen gesehen, ist nie in Kellern und Striplokalen vor Matrosen, Rockern und Zuhältern aufgetreten. Sie sind das Gegenteil einer Rock’n’Roll-Band. Sie sind eine Familie. Und wenn sich die Eltern in die Ferien verabschieden, wird im Wohnzimmer geübt. Der kleine, pummelige Gitarrist sieht aus wie der dickliche Typ in Collegefilmen, den sie alle „Porky“ nennen und der noch nie ein Mädchen hatte. Der Sänger hat schon mit Anfang 20 zu wenig Haare und wirkt ungefähr so aufregend und interessant wie der picklige Typ hinter der Supermarktkasse.
Und dann der Bassist und Bandleader. Warum muss dieser schüchterne, ängstliche, zu groß und zu ungelenk geratene Junge unbedingt auf eine Bühne? Holt den armen Kerl da weg! Der fühlt sich dort nicht wohl, das sieht doch jeder. Taub auf einem Ohr. Dazu dieses linkische, forcierte Lächeln, das bis heute wie ein stummer Schrei nach Hilfe wirkt. Und dazu noch diese mädchenhafte Falsettstimme, für die er sich schon in der Highschool immer etwas geschämt hat. Sexy ist etwas ganz anderes.
Der Manager dieser merkwürdigen Truppe mit zu engen Hosen und gestreiften Hemden ist ausgerechnet der gestörte Vater. Ein schrecklicher Tyrann, der jeden dritten Tag zur Plattenfirma rennt und den dortigen Managern in ausschweifenden Vorträgen ausführt, wie man seine Jungs noch berühmter machen kann. Er hält sich natürlich auch musikalisch für viel begabter als seine Söhne – und erzählt das auch noch jedem, der es nicht hören will. Auch immer wieder seinem hochbegabten, hochsensiblen Ältesten.
Einen großen Einfluss auf ihre Musik haben ausgerechnet die Four Freshmen. Geölter und frisch gebügelter 50er-Jahre-Charme, den auch Mutti ganz prima findet. Die Jungs werden nicht müde, unter Anleitung ihres Chefs diese komplizierten Gesangsharmonien immer und immer wieder zu üben. Am heimischen Klavier, im Auto. Überall.
Die frühen Hits handeln von Sonne, Meer und Mädchen. Die nächsten Hits handeln von Autos. Tja, was kann jetzt überhaupt noch kommen? Der Bandleader, der sich in Wirklichkeit weder für Sonne noch für schnelle Autos interessiert, lässt seinen Texter nun von persönlichen Befindlichkeiten schreiben. Der schüchterne Mann, der eben noch so getan hat, als ob hübsche kalifornische Mädchen, tolle Autos und hohe Wellen seine Welt wären, singt davon, dass er sich in diesem Klischee, das er selber konstruiert hat, für völlig deplatziert hält.
Im Studio dirigiert er eine Mannschaft von ausgebufften Profis, die an seinen Lippen hängen und ihn für ein musikalisches Genie halten. Der Rest seines Umfeldes hält ihn für begabt, aber vor allem für durchgedreht. Für das Cover der überraschend ruhigen und persönlichen Platte fährt er mit seinen Jungs nicht ans Meer. Diesmal geht es in den Zoo, und man füttert wenig dekorativ die Ziegen. Die Plattenfirma ist konsterniert, schickt nur wenige Wochen nach der Veröffentlichung dieser merkwürdigen Platte aus kühlen wirtschaftlichen Überlegungen eine Best-of-Zusammenstellung hinterher und entwertet so das bis heute gültige Meisterwerk ihres Musterschülers.
Der wunderliche Großmeister werkelt weiter im Studio. Produzent, Arrangeur, Musiker, Sänger – alles in Personalunion. Alles soll noch erstaunlicher, fantasievoller und großartiger werden. Doch alles wird immer anstrengender, unübersichtlicher und wahnsinniger. Das mögliche Meisterwerk erscheint nicht und ist trotz aller Wiederveröffentlichungen und Fundstücke eine klaffende Wunde im Leben dieser Band geblieben. Die Beach Boys sind eigentlich schon am Ende, bevor sie richtig begonnen haben.
Es gab keine Rettung, es kam keine Hilfe – kein Produzent, kein Manager, keine göttliche Fügung. Nur noch Stückwerk, Brüche, Zusammenbrüche. Von Anfang an ist bei den Beach Boys fast immer alles falsch gelaufen. Bis heute. Auf ihrem gerade erschienenen Album zum 50. Geburtstag können wir das Drama noch einmal nachhören. Die ersten neun Songs brechen unter der Last des eigenen Mythos zusammen. Übrig bleibt ein seelenloser, am Computer konstruierter Sound eines Sommers, den wir hoffentlich nie erleben werden.
Doch dann, ganz am Ende, gibt es drei Songs, die zeigen, was die Beach Boys in den vergangenen 50 Jahren richtig gemacht haben. Dieser merkwürdige bleiche Mann, der Brian Wilson heißt, hat auch heute noch eine Verbindung zu einem geheimnisvollen Land, das in keiner Karte verzeichnet ist. In dem es offenbar Melodien und Harmonien in Hülle und Fülle gibt, die für den normal Sterblichen in einem ganzen Menschenleben nicht erreichbar sind. Es war nicht alles falsch.
2 Wie viel Surf in den Beach Boys steckt
Von Ralf Niemczyk
Wie intoniert man den blauen Pazifik im Gegenlicht? Welche Musik beschreibt ein dynamisches Dahingleiten durch Schaumkronen? Wie klingt das Gefühl, auf Wellen zu reiten? Mit solch poetischen Fragen beschäftigte sich Anfang der 60er-Jahre die Szene an der südkalifornischen Westcoast. Regionale Bands wie die Surfaris, Surftones oder Chantays übersetzten das Strandleben in perlende Instrumental-Songs, die wiederum Gitarrist Dick Dale mit seinem hoppelnden Hochgeschwindigkeits-Sound auf die Spitze trieb. Ein Underground-Phänomen, das gerade dabei war, seine Unschuld zu verlieren. Denn parallel zu den musikalischen Ansätzen hatte auch Hollywood mit dem Billig-Genre „beach movies“ den Spaß am Surfen entdeckt. Die schnell produzierte „Gidget“-Reihe machte bereits 1959 den Anfang, später setzten tolldreiste Filmchen à la „How To Stuff A Wild Bikini“ oder „The Beach Girls and the Monster“ auf Oberweiten, Romanzen und Badehandtuch-Gefummel. „Beach Party“ (1963) mit den wohlgeformten Teenie-Sternchen Annette Funicello und Frankie Avalon traf den Nerv des Mainstream-Publikums. Aus der Subkultur wurde ein Malibu-Ballermann. „Die Plots, die Hollywood in die frühen, Surfer-Filme‘ einpflanzte, waren unfassbar flach“, konstatiert Leonard Lueras in seinem Standardwerk „Surfing, The Ultimate Pleasure“.
Die Wilson-Brüder, von denen eigentlich nur der schöne Dennis echte Strandqualitäten mitbrachte, begannen genau an der Schnittstelle zwischen Underground und Ausverkauf. Unbeirrt davon, dass Carl für den Körperkult von Los Angeles zu pummelig und Brian ein regelrechter Anti-Surfer war, setzten sie seit den Garagenaufnahmen zur ersten Single „Surfin'“ darauf, dieser speziellen Welt ihre eigene Aura zu verpassen. Und als Brian Wilson und Mike Love im Frühsommer 1963 die euphorische Zeile „Catch a Wave – and you are sitting on top of the world“ dichteten, war die Marschrichtung längst klar: luftige Soundschichten, überwölbt vom mehrschichtigen Harmoniegesang, der besonders in melancholisch-getragenen Songs wie „Surfer Girl“ oder „In My Room“ zur Perfektion geraten war. Aufgemotzte Hot Rods und herzige Romanzen machten den kalifornischen Kosmos komplett. Das lichtdurchflutete Surf-Image wurde bei dieser Kultivierung jedenfalls nie angekratzt. Das Dunkle und Aggressive, das in späteren Jahrzehnten bei den betonrampensurfenden Enkeln aus der Skaterszene oder auch in Katherine Bigelows Film „Point Break/ Gefährliche Brandung“ (1991) auftauchte, war ihre Sache nicht. Die Abwendung der Beach Boys vom Strand fiel zusammen mit dem Abklingen der Surfwelle seit Sommer 1965. Nicht nur musikalisch folgte eine Zeitenwende. Die mittelständische und rein weiße Spaßkultur Südkaliforniens sah im Zuge der Unruhen von Watts und der schwarzen Bürgerrechtsbewegung in den Südstaaten plötzlich schrecklich naiv aus. Und als für Dennis Wilson mit Charles Manson die böse Seite von Los Angeles ins Spiel kam, verstaubten ihre Surfbretter längst in der Asservatenkammer. Die Sonne war vom Himmel gefallen.
3 Warum „Pet Sounds“ fast jeden Kritiker-Poll gewinnt
Von Andreas Banaski
Jedenfalls nicht, weil Kritiker besonders geschmackssicher wären. Zur Abstimmung hat der Kritiker hauptsächlich zwei Kreativmodelle auf dem Zettel: das verschworene Rock-Kollektiv (erdverwachsen und sinnesfroh) oder den genialischen Einzelkämpfer (Elfenbeinturm und abgedreht). Dass Brian Wilson alle überragt, dafür verbürgen sich Dylan, Bacharach oder Bernstein mit ihren guten Namen. Da schließt sich der Kritiker den Expertisen anerkannter Fachkräfte gerne an. Wenn Wettstreiter McCartney lobt, muss ja was dran sein.
„Pet Sounds“ war „Brians Egomusik“ (Mike Love), bei der die Beach Boys selber gar nicht mitspielen durften (lediglich Carl mal kurz), sondern nur zum Singen einbestellt wurden. Dem erzkonservativen Neidhammel Love war auch der Einfluss bewusstseinserweiternder Substanzen auf das Werk nicht geheuer, während der Kritiker LSD ja für die Stimulanz des denkenden Mannes hält.
Musikalisch wird Wilson mindestens zwischen J.S. Bach und Beethoven einsortiert. Mit Beethoven hat er den Hörschaden, mit Bach das Pastorale gemeinsam. Denn Brian sah sich auf Missionstour: „Ich habe an Kirchen-Rock gedacht.“ Und: „Das ist Jesus-Zeug.“ Und weil zum Vergeistigten, Domäne des Kritikers, der ordinäre Popjux schlecht passt, hat Wilson laut Popchronist Nik Cohn nicht nur traurige Lieder über Einsamkeit und Herzschmerz geschrieben, sondern sogar traurige Lieder übers Glück.
Dann muss noch die aufmüpfige Komponente ins Urteil einfließen. The Clash, die Sex Pistols, Bob Marley etwa? Dabei hat doch Brian Wilson das Schweinesystem aufs Kreuz gelegt und zum ersten Mal in der Geschichte des Rock’n’Roll totale Kontrolle über den Produktionsprozess erstritten. Das imponiert dem Stubenhocker-Revoluzzer. Unter Jugendlichen, also Pophörern, wäre so eine Umfrage natürlich zu jeder Zeit anders ausgegangen – die „14- bis 17-jährigen Kids“, die Brian laut Ehefrau die meiste Fanpost schicken, weil sie „Pet Sounds“ „gerade erst entdeckt haben“, vernachlässigen wir mal.
Also nicht übertreiben: Mir ist „Pet Sounds“ nur die zweitliebste Platte.
4 Wie Brian Wilson den Gipfel seines Schaffens erreichte
Von Wolfgang Doebeling
Nur gut, dass Brian Wilsons Paranoia Anfang ’66 noch nicht medikamentös gedämpft wurde. Noch konnte er sich aufraffen und Ambitionen hegen, auch wenn diese flüchtig schienen oder einem unbegreiflichen, an Selbstverachtung grenzenden Minderwertigkeitskomplex entsprangen. Wie dieser drollige Ehrgeiz, mit den Beatles um die Krone der Kreativität zu konkurrieren. Als müsste sich „Pet Sounds“ hinter „Revolver“ verstecken, und „Good Vibrations“ sich nicht bücken, um „Paperback Writer“ auf Augenhöhe zu begegnen.
Nur gut, dass Brian nicht wusste, dass er dieses selbstgesteckte Soll bereits übererfüllt hatte. Und so schulterte der Komponist sein Gershwin-Gepäck und suchte sich im Sandkasten seines Wohnzimmers wie besessen an chromatischen Leitern emporzuhangeln, in Halbtonschritten dem Gipfel seines Schaffens entgegen. Van Dyke Parks stiftete dazu verrätselte Lyrik, die Brian befremdete und beflügelte, doch der Aufstieg zog sich in monatelangen Etappen hin, zahlreiche Sessions versandeten buchstäblich. „Heroes And Villains“ drohte, unvollendet zu bleiben wie das Album, als dessen Schlüssel-Track es ausersehen war.
Nur gut, dass Brian am Scheitern von „Smile“ nicht gleich zerbrach, sondern letzte Reserven zu mobilisieren vermochte, um „Heroes And Villains“ nicht bloß zu retten, sondern endlich in eine schlüssige Dramaturgie einzubinden. Ein geniales Arrangement schuf aus dem Nebeneinander fragmentarischer, liederlich verfugter Songfetzen ein unerhört komplexes und doch mitreißendes Miniaturepos, das als Single erst im Sommer ’67 für einiges Aufsehen, nicht jedoch für die erhofften Millionenumsätze sorgte. „The last dynamic Brian moment“, so ordnete Mike Love den künstlerischen Triumph ein, nicht ohne im nächsten Moment den aus seiner Sicht wahren Schuldigen am kommerziellen Desaster an den Pranger zu stellen: Van Dyke Parks.
Nur gut, dass Brians intellektuelle Kapazitäten damals schon im halluzinogenen Koma lagen. Sie reichten ihm gerade noch, sich als Verlierer zu fühlen, weil der Beatles-Sommerhit „All You Need Is Love“ im Charts-Wettlauf locker obsiegt hatte. Sie reichten auch, um „Smile“ als gescheitertes Experiment abzuhaken. Um zu einem Disput über die Meriten des Songtextes anzutreten, hätte Brian Wilson ihn zunächst verstehen müssen, doch was er zu verstehen glaubte, war nur die letzte, seine fatalistische Weltsicht bestätigende Zeile: „Just see what you’ve done.“
Nur gut, dass die Ambiguität der Parks’schen Poesie bleibt. Wer will, mag sie analysieren, dechiffrieren, enträtseln. Erfüllender ist es, darin abzutauchen, über beide Ohren, den Plattenteller auf 45rpm, den Volume-Regler auf Anschlag: „I’m fit with the stuff to ride in the rough and sunny down snuff I’m alright.“ Yeah.
5 Warum „Smile“ nur 38 Jahre lang das beste Album aller Zeiten war
Von Maik Brüggemeyer
Unser nächstes Album wird besser sein als, Pet Sounds'“, erklärte Brian Wilson im Oktober 1966 in einem Interview. „Es wird eine solche Verbesserung gegenüber, Sounds‘ sein wie das gegenüber, Summer Days‘.“ Und warum hätte man ihm das seinerzeit nicht glauben sollen? Die Beatles hatten schließlich vorgemacht, wie man mit jeder Veröffentlichung die davor übertrumpfen konnte. Und die aktuelle Beach-Boys-Single „Good Vibrations“ schien „Pet Sounds“ tatsächlich an Komplexität und Hexerei noch zu überragen. Es gab Mitte der Sechziger musikalisch einfach keine Grenze – oder doch? Brian Wilson muss sie bei den Arbeiten an „Smile“ gesehen haben, muss vor dem Abgrund gestanden haben, an dem der Pop und sogar sein unendlich scheinendes Genie endeten. Vermutlich hat er ein bisschen zu lange hineingeschaut. Den Fans blieb dieser Blick erspart – nur ab und zu offenbarten die Beach Boys einen Zipfel des gescheiterten Projekts. „Heroes And Villains“, „Cabin Essence“, „Surf’s Up“ – alles Großtaten, mit denen der Mythos um das unvollendete Meisterwerk genährt wurde. Unter dem Titel „Smile“ ließen sich alle Träume und Vorstellungen vom größten Album aller Zeiten subsumieren. „Smile“ war Futter für die Wunschmaschinen, ein in seiner Unerreichbarkeit perfektes Phantasma, die popkulturelle Entsprechung zum Paradies. Oder zu Marilyn Monroe – als Mythos perfekt, aber fragen Sie mal Billy Wilder.
Im September 2004 erschien ein Album titels „Smile“. Brian Wilson hatte es tatsächlich geschafft, das einst gescheiterte Projekt mit seiner Tourband zu vollenden. Waren diese 47 Minuten das, was wir uns 38 Jahre lang erträumt hatten? Das größte Album aller Zeiten? „Smile“ war beachtlich, keine Frage. Die großen Stücke waren alle bekannt, die bis dahin fehlenden Puzzleteile fügten dem allerdings wenig hinzu. Im Gegenteil, sie verdeutlichten, dass die „Smile“-Musik, stärker noch als „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“, eingeschlossen ist im seltsam schimmernden Bernstein, der sich seit den Sechzigern um die Psychedelia gelegt hat. So bleibt das Album weiter unerreichbar, hat uns weniger zu sagen als das immer noch modern klingende „Pet Sounds“. It just wasn’t made for these times.
6 Wie es den Beach Boys nach Brian Wilsons Scheitern gelang zurückzukehren
Von Detlef Diederichsen
In den Jahren nach „Smile“ war Carl Wilson vom niedlich-pummeligen Nesthäkchen zur wichtigsten Solostimme der Beach Boys herangewachsen. Und er brachte in seinen ersten spektakulären Performances wie „Darlin'“ und „I Can Hear Music“ einen neuen Ton mit, einen deepen weißen Westcoast-Soul, der nicht nur im deutlichen Kontrast zu Mike Loves eher ruppiges Halbstarken-Timbre oder Brians kindlicher Traurigkeit stand, sondern auch im Einklang mit dem Zeitgeist Kaliforniens zu jener Zeit, in der die Hippieträume in harten Drogen und Gewalt crashten, und Rückzug ins Private, innere Einkehr und Eskapismus die Folge waren.
Nach dem „Sunflower“-Album, das vor allem gut für die Bandchemie war, weil sich jeder einbringen konnte, hieß es auf dem Nachfolgealbum „Surf’s Up“ erneut: „Produced by The Beach Boys“. Das war jedoch nicht ganz korrekt, denn „Surf’s Up“ war in erster Linie Carls Werk. Nicht nur, dass er sich mit „Long Promised Road“ und dem magischen „Feel Flows“ zum ersten Mal als Songwriter profilieren konnte; es gelang ihm, einen neuen modernen Bandsound zu kreieren, der die Konzepte Brians weiterentwickelte, weg von den großorchestralen Entwürfen, hin zu einer eher unaufgeregten Schlichtheit, die von allerlei Keyboards, E-Pianos, Orgeln und Moogs dominiert wurde. Auch inhaltlich war das Album mit seinem Ökologie-Thema brandaktuell – und naheliegend für eine Surfer-Gang: „Toothpaste and soap will make our oceans a bubble bath“, beklagen sich Mike Love und Al Jardine im Eröffnungstrack „Don’t Go Near The Water“ und warnen: „The poison floating out to sea/ Now threatens life on land.“
„Surf’s Up“ profitiert aber auch von einem Geniestreich Bruce Johnstons, der sehnsüchtig-süßen Ode an den Eskapismus „Disney Girls (1957)“, und davon, dass Brian unerwartet aus seinem Ruhestand zurückkehrte und der Gruppe mit der finster-verzweifelten Depressionshymne „‚Til I Die“ sein bis dato letztes Meisterstück schenkte. Auf Carl wiederum geht die Idee zurück, Brians fünf Jahre alte Komposition „Surf’s Up“ aus dem Archiv hervorzukramen und zu finalisieren. Da Brian von der Idee nicht begeistert war, übernahm Carl selbst den Lead-Gesangspart im ersten Teil des Songs, während für den zweiten Teil ein „Smile“-Take mit Brian solo verwendet wurde.
Das Erscheinen von „Surf’s Up“ fiel in den Beginn eines zweiten Frühlings für die Beach Boys. Nach einem legendären Auftritt beim Big-Sur-Festival im Oktober 1970, einem von Fans organisierten Konzert in der New Yorker Carnegie Hall im Februar 1971 sowie dem Adelsschlag durch die Hippiewelt in Form eines gemeinsamen Auftritts mit den Grateful Dead in San Franciscos Hippie-Tempel Fillmore West im April ’71 galten die Beach Boys nicht mehr als Vertreter eines überkommen-verlogenen 50er-Jahre-Spießertums, sondern als cool, ernstzunehmen und satisfaktionsfähig. „Sie waren brillant, ihre Qualität an diesem Abend übertraf jede Rock-Performance, die ich gesehen habe“, schrieb das Magazin „Crawdaddy“ über die Fillmore-Show. Und „Surf’s Up“ veranlasste den US-Rolling Stone zu der Feststellung: „Die Beach Boys sind wieder da.“
7 Warum die Beach Boys die modernste Sixties-Band sind
Von Detlef Diederichsen
Man möchte meinen: Kaum waren sie vorüber, wurden die Sixties wiederentdeckt. Schon ab Mitte der 70er-Jahre erschienen die ersten Neo-Mods auf der Bildfläche, im Punk-Umfeld gab es dann bald jede Menge Sympathien für wilde Burschen wie The Seeds, The 13th Floor Elevators und natürlich The Stooges. Ab Ende der Siebziger wurde schließlich im großen Stil revivalt: Julian Cope fand Scott Walker, XTC unternahmen als Dukes Of Stratosphear psychedelische Zeitreisen, während sich in Kalifornien der „Paisley Underground“ (The Rain Parade, Dream Syndicate, Long Ryders u.a.) etwas vage auf alles bezog, was Paisley-Hemden hätte tragen können. Und über allem schwebte der Geist von The Velvet Underground.
Kein Platz für die Beach Boys in diesem Umfeld. Was vielleicht daran lag, dass man sie nie ernsthaft als Rockband hätte interpretieren können. Rock hatte nie so recht einen Platz in Brian Wilson Welt. Die sehnsüchtige Ballade „Let Him Run Wild“ vom Album „Summer Days (And Summer Nights!!!)“, 1965, trug gar ursprünglich den Titel „I Hate Rock And Roll“. Dabei war Surfmusik ja eigentlich eine ungestüme, gitarrengetriebene Instrumentalmusik mit einem wild bollernden Backbeat. Brian Wilson kam mit Falsettgesang, einem an Gershwin geschulten Harmonieverständnis und ornamental auf die backbeatfreien Backing-Tracks aufgetupften Pauken und Schellenkränzen. Zusammengehalten wurde dieser Wahnsinn meistens durch ein Piano und andere Keyboards. Wenn es einen Backbeat gab, dann pumpte ihn Brian mit der linken Hand auf dem Flügel. Surfmusik war es, weil es in den Texten ums Surfen ging. In der allerersten Anfangszeit gab es hie und da auch mal ein Dick-Dale-Cover, aber das ließen sie schnell sein.
Erst als die Sound-Ästhetik der Clubmusik in die songorientierte Popmusik Einzug hielt, wurde aus den Gerüchten, die sich höchstens hypersensible Musikgourmets unter Verschwiegenheitsauflagen zuzuflüstern wagten, herrschende Meinung: Brian Wilson ist ein Genie. „Pet Sounds“ ist das beste Album der Popgeschichte. „Smile“ wäre noch besser geworden, aber … Pionierarbeit leisteten im England der frühen Neunziger Stereolab und die High Llamas, die immer wieder originalgetreu nachgebaute Brian-Wilson-Sounds und Arrangement-Details in ihre Musik einbauten.
Wenn heute Beach-Boys-Referenzen so verbreitet sind, hat das weniger mit Sixties-Romantisierung als mit der Aktualität der BB-Soundtexturen zu tun, sowohl der orchestralen Bauwerke, in denen Fagott und Bassklarinette auf das Visionärste mit Fender-Bass, Wurlitzer und zwöfsaitiger Rickenbacker versöhnt werden, als auch der eher leisen, elektrisch-psychedelischen Keyboard-Schichtungen der späten Sechziger und frühen Siebziger.
Dennoch blieben bei den späteren Generationen Fragezeichen: „Als ich jung war, verwirrten mich die Beach Boys“, erinnert sich Wayne Coyne von den Flaming Lips. „‚Good Vibrations‘ war eine Welt, ‚Barbara Ann‘ eine andere. Ich fragte mich, wenn sie dieses können, wieso machen sie jenes?“
8 Warum heute zwar jeder so klingen will wie die Beach Boys damals, aber keiner es wirklich hinkriegt
Von Robert Rotifer
Von den High Llamas bis zu Beach House – Seit gut 20 Jahren gibt es jenseits von Metal und HipHop so gut wie keine Band, die in ihrem Sound nicht irgendwann die Beach Boys referenziert hätte. Zu verführerisch ist die Versuchung jener symbolisch für die höhere Schule des Popsongs stehenden Chöre, schon erst recht im Zeitalter der endlos vielen, mittels einer dezenten Dosis Autotune harmonisierbaren Aufnahmespuren. Alles, was der heutige Westentaschen-Brian-Wilson zu seiner eigenen „pocket symphony“ braucht, ist ein bisschen Gehör und ein halbwegs gutes Mikrofon.
Dass die Magie des Vorbilds dennoch verlässlich ausbleibt, ist zunächst einmal eine Frage des zeitlichen Zusammenhangs. Schließlich waren die Werke Brian Wilsons goldener Schaffensperiode keine Rekonstruktion eines vorhandenen Formats, sondern Vorstöße ins Unbekannte, denen man ihren dringlichen Pioniergeist immer noch anhört.
Dies war der unwiederbringliche Moment der Idealkonstellation des Pops: 1966 erwuchs die Single vom Instant-Wegwerfprodukt zum großen Kino, just bevor das gleichzeitig erblühende Album sie als führender Fetisch ablösen sollte.
Wilsons ehrgeiziges Avancieren in beiden Formaten (er arbeitete parallel an „Good Vibrations“ und „Pet Sounds“) war keine exzentrische Schrulle, sondern ein öffentlicher Auftrag. „Sie haben endlich den neuen Sound gefunden“, titelte das britische Boulevardblatt „Sunday Express“, so als hätte da jemand Leben auf dem Mars entdeckt.
Capitol Records bzw. Brian Wilsons konservativer Bandkollege und Cousin Mike Love mochten die historische Einmaligkeit der Lage nicht erfassen. Aber 16 Millionen verkaufte Surf-Music-Platten gaben ihm den nötigen finanziellen Rückhalt, um in vier Studios über sechs Monate hinweg 90 Stunden Tonband für weniger als vier Minuten „Good Vibrations“ aufzuwenden – ein mit heutigen Aufnahmebudgets völlig unvorstellbares Privileg.
Der technologische Fortschritt hat solchen Aufwand mittlerweile scheinbar überflüssig gemacht.
Doch selbst wenn heute jeder seiner Home-Recording-Epigonen Wilsons damals revolutionäre Praxis des Overdubbens der eigenen Stimme beherrscht, waren an einem Song wie „God Only Knows“ auch noch 19 Sessionmusiker beteiligt. Erst diese Mischung aus Ego und Ensemble verlieh der Melancholie seiner inneren Einsamkeit einen äußeren Kontext und somit eine nachfühlbare Tiefe.
Davon abgesehen ersetzt kein noch so schlaues Plug-In Wilsons irrwitzige Methode, „Module“ eines Songs voneinander getrennt in verschiedenen Studios einzuspielen und später händisch an Mischpult und Schneidetisch zusammenzufügen. Die so entstandene Kombination verschiedener Raumklänge sollte die Hörer desorientieren und die Musik von ihrer akustischen Verortung befreien. Dabei bildete jeder einzelne der im Nichts schwebenden Räume, durch die Brian Wilson sein Publikum trieb, eine in sich schlüssige Einheit.
Jeder Versuch, diesen Arbeitsprozess durch das Einschleifen verschiedener Halleffekte digital nachzustellen, ist in etwa so unsinnig und zwecklos wie die Herstellung einer dadaistischen Collage per Photoshop.
9 Warum die Beatles trotz allem besser waren als die Beach Boys
Von Andreas Banaski
Nicht, dass jetzt jemand anfängt, buchhalterisch die besten Songs gegeneinander aufzuwiegen. Aber den zersetzenden Einfluss, den die Beach Boys auf die Popgeschichte ausübten, dürfen wir ja auch nicht unterschlagen: „Rubber Soul“ inspirierte Brian Wilson zu „Pet Sounds“, der besten Beach-Boys-Platte. Im Gegenzug verleitete „Pet Sounds“ McCartney zu „Sgt. Pepper“, einer der schwächsten Beatles-Platten.
Die Beatles waren Pop, die Beach Boys Popdarsteller. Hier der schlagfertige, großmäulige Lennon, immer dafür zu haben, seine Fehler öffentlich zu machen. Dort der verhuschte Grübler Brian Wilson: Was nützen draußen die prall gefüllten Bikinis, wenn „In My Room“ die Neurose wartet. Hier der lustige Vogel Ringo, Muttis Liebling. Dort der Quadratschädel Mike Love, Typ Klassenlehrer.
Der Beatle war die natürliche Entwicklungsstufe des Teenagers, Lederjacke, Mähne, Kassenbrille und Hang zur Hochnäsigkeit, Rebellion, aber Schwanz einkneifen, wenn’s brenzlig wird. In das Bankangestellten-Erscheinungsbild der biederen Beach Boys musste man erst langsam mit zurückweichendem Haaransatz und zunehmender Leibesfülle hineinwachsen.
Wenn schon Wasser, dann lieber das Klischee von Hafenromantik (Liverpool, Reeperbahn und „Große Freiheit“) mit Fernweh, Verruchtheit und Schwielen an den Händen. Die Surf-Bubis wurden wie Strandgut bloß immer wieder ins traute Heim zurückgespült. Engländer sind einfach cooler als Kalifornier. Muss am Wetter liegen.
Um aber versöhnlich zu schließen: Auch die Beach Boys wurden für uns wichtig. Sie waren Kraftwerk ein Vorbild: „Fun, Fun, Fun auf der Autobahn“.
10 Wie es zur Beach-Boys-Reunion kam
Interview von Markus Schneider
Mike Love gilt vielen als der Bösewicht in der Beach-Boys-Saga. Er sabotierte „Smile“, schrieb in den Neunzigern schlimme Schlager wie „Kokomo“ und verklagte Brian Wilson mehrmals auf Tantiemen. Wie es trotzdem zum neuen Album „That’s Why God Made The Radio“ kam und wie er die Geschichte sieht, erklärt der Sänger und Meditationslehrer im Interview.
Hätten Sie sich, sagen wir: vor zehn Jahren träumen lassen, dass es noch einmal ein neues Beach-Boys-Album mit Brian Wilson geben würde?
Naja, damals war Brian mit seinen eigenen Touren und Albumproduktionen beschäftigt; ich war mit Bruce Johnston und der Band als Beach Boys unterwegs. Wir waren also beide in parallelen Richtungen ziemlich fleißig.
Andererseits war ja nur wenige Jahre zuvor Carl Wilson gestorben, Sie hatten gerade zum zweiten Mal Brian Wilson wegen Rechten am Katalog verklagt. Von außen sah das nicht gut aus. Wie sind Sie denn wieder zusammengekommen?
Naja, der 50. Geburtstag der Beach Boys ist natürlich ein fantastischer und auch bemerkenswerter Meilenstein. Und die Klage war kein besonderes Problem. Manchmal nimmt eben die Business-Seite in solchen Beziehungen überhand. Aber musikalisch haben wir uns immer gut verstanden. Wir singen schließlich seit der Kindheit zusammen. Von daher war es eigentlich nie so weit hergeholt, wie es vielleicht von außen aussah. Und natürlich ist Brians Fähigkeit, musikalische Harmonien zu strukturieren, unerreicht. Er hatte ein paar Songs, deren Texte er nicht beenden konnte, und da hat er mich gefragt. Und ich habe das getan. Der einzige Unterschied zu früheren Alben besteht bei diesem Album darin, dass wir nicht die Möglichkeit hatten, uns zu treffen, um gemeinsam etwas Neues zu komponieren. Mit anderen Worten: Es gab Songs, die er allein oder mit anderen Leuten angefangen hatte, und so war es meine Aufgabe, an den Lyrics zu arbeiten. Wenn Sie sich aber die Musik anhören, klingt das ja, als wäre es wieder 1965.
Sie sind ja beide um die 70. Gibt es da nicht auch manchmal Probleme mit der Stimme?
Naja, jeder von uns hat seine Stärke in einer bestimmten Lage. Ich singe ja zum Beispiel Lead in Songs wie „California Girls“, „I Get Around“ oder „Fun Fun Fun“. Allen Jardine und Brian klingen jeweils in ihren speziellen Lagen super. Wir klingen einfach gut in unseren jeweiligen natürlichen Bereichen. Deshalb war es auch jetzt kein Problem, es war einfach so wie immer.
Aber Stimmen sind doch ein bisschen wie Ohren und Nasen. Sie wachsen das ganze Leben lang, aber nicht unbedingt zum Vorteil. Muss man da vielleicht ein bisschen Autotune-Lifting betreiben?
Nein. Schauen Sie sich Tony Bennett an, gerade hat er ein Album rausgebracht und sich damit sofort an die Chartspitze gesetzt. Und der ist 85 (lacht). Seine Stimme klingt super, weil er in Form ist, er lebt gesund, treibt Sport. Und mit der Stimme ist es wie mit einem Muskel. Wenn man ihn nicht benutzt, verkümmert er. Aber wenn man ihn trainiert und benutzt, dann behält er seine Form. Und so ist das mit unseren Stimmen.
Hatten Sie denn jemals den Gedanken, Ihren Sound zu modernisieren? Oder umgekehrt, war es eine bewusste Entscheidung, wie Mitte/ Ende der Sechziger zu klingen?
Ich denke, dass die Beach Boys – wie soll ich sagen – immer in einer eigenen musikalischen Welt gelebt haben. Bei all unseren musikalischen Einflüssen, haben uns Trends – sei es Disco, Bluesrock, Country oder heute HipHop – nicht weiter berührt. Wir waren immer ganz bei uns und haben nie versucht, Anschluss daran zu finden, was gerade angesagt ist. Wir haben unsere Musik immer so gestaltet, wie wir fanden, dass wir am besten klangen.
Haben Sie bemerkt, dass viele junge Bands versuchen, wie die Beach Boys zu klingen? Nach den elektronischen Neunzigern und Nullern stehen plötzlich Stimmen und ihre Arrangements wieder hoch im Kurs.
Ich höre immer wieder von Leuten, dass sie von der „Pet Sounds“-Produktion oder den Vokalharmonien beeinflusst seien. Das ist natürlich ein nettes Lob. Aber der spezielle Beach-Boys-Ton ist wirklich schwer zu erreichen. Weil es ja bei unserem Sound nicht nur darum geht, die Noten zu singen, sondern vor allem um die Art, wie sich die Stimmen ineinander mischen, um diese ganz besondere Gabe Brians, die Stimmen zu arrangieren.
Wie sehen Sie denn Ihre Rolle in den Beach Boys? Ergänzen Sie Brian eher? Oder erden Sie ihn?
Wenn man sich zum Beispiel „Good Vibrations“ anschaut, einen unserer größten Hits, da habe ich den ganzen Text geschrieben, aber auch an der Melodie mitgearbeitet, und Brian hat das dann auf seine unnachahmliche Art arrangiert. Historisch gesehen liegen meine Stärken als Co-Writer aber eher bei den Texten. Wir ergänzen uns also.
Wie denken Sie denn heute über „Smile“? Es heißt, Sie wären damals nicht sehr glücklich mit der Produktion gewesen.
Das stimmt so nicht. Ich fand die Musik großartig, aber manche der Texte, wie soll ich sagen, mochte ich nicht so sehr, weil sie so deutlich von Drogen wie LSD inspiriert waren. Das konnte ich nicht gutheißen. Trotzdem finde ich Songs wie „Wonderful“ oder „Surf’s Up“ bezaubernd und schön. Man hatte mich aber auch nicht gebeten, Texte zu schreiben. Es klingt vielleicht, als wäre das der eigentliche Grund für meine Ablehnung gewesen, aber ich fand die Drogentexte waren nicht die richtige Richtung für die Band.
Wie haben Sie denn den damals üblichen Versuchungen widerstanden? Haben Sie da schon meditiert?
Ja. Wir haben Maharishi im Dezember 1967 getroffen, als wir in Paris einen UNICEF-Auftritt hatten. Ein paar Tage danach hat er uns eingeladen, Transzendentale Meditation bei ihm zu lernen, und einige aus der Gruppe haben das auch getan. Carl und Al. Ich bin ein paar Monate später auch in den Ashram nach Indien. Die Beatles waren da, Donovan war da, und ich bin dabei geblieben. Al und ich sind mittlerweile selbst Lehrer. Das war unser Geheimnis: Obwohl um uns herum schreckliche Dinge geschahen und wir schwierige Zeiten erlebten, hatten wir durch dieses erweiterte Bewusstsein die Kraft und die Ausdauer, uns da rauszuhalten und nicht mitgerissen zu werden.
So schön so ein ausgeglichenes Wesen ist – will man denn als junger Mensch nicht auch ein bisschen ausrasten und Blödsinn treiben?
Ich bin wirklich überzeugt, dass ich ohne Meditation Alkoholiker, drogenabhängig, wenigstens ein Pothead wäre. Ein Teil meiner Persönlichkeit ist sehr zurückhaltend und schüchtern, aber zugleich verlangt unser Leben, dass wir auf Bühnen stehen, uns in dem ganzen Showbusiness bewegen und Interviews geben müssen. Es gibt sehr viele solcher extrovertierten Pflichten und Momente. Durch die innere Ausrichtung der Meditation konnte ich mich immer auf natürliche Weise entspannen und gelassen bleiben und war eben nicht auf Alkohol oder Drogen angewiesen. Es ist einfach die gesündere Methode.