BANDSALAT

Aufgeregte Meldung aus dem immer aktiven Newsroom: Der Aalener Pandamasken-Reimer Cro hat Anfang Juli 100.000 Exemplare von seinem MIX-TAPE „Sunny“ unter die Leute gebracht. 14 neue Songs als kostenloses Download-Ding. Innerhalb von drei Tagen. Wow! „Damit haben wir quasi Straßen-Gold geholt“, findet der Boss vom Cro-Label Chimperator. Doch Moment: „Mixtape“? Da war doch was! Auf der Berliner Funkausstellung IFA wurde nämlich im August 1963 der erste Cassettenrecorder präsentiert. Von Philips. Typ EL 3302. Mit Einknopfbedienung. Das Mutterschiff aller Mixtapes wird also in diesen Tagen 50 Jahre. Der dazugehörige Datenträger, die Cassette (in Rapperkreisen auch „Tape“ genannt), konnte diesen Geburtstag ja bereits Anfang des Jahres feiern.

Und so kommt es, dass im Jahr 2013 dieses inzwischen weitgehend ausgemusterte Leierteil aus Plastik und Magnetband immer noch genügend Aura besitzt, um ein schnödes Cro-Soundfile emotional aufzumotzen. Ein wenig Old School atmen, als Ende der Siebziger in der HipHop-Bronx noch echte analoge Mixtapes die Runde machten. Von TDK Sony oder BASF. Letztere wurden besonders in deutschen Jugendzimmern als preisgünstige C-60 oder C-90-Teile in Froschgrün und Orange millionenfach zum Ersatzvinyl. Zwar hat heute kaum noch jemand ein funktionsfähiges Abspielgerät von ITT Schaub-Lorenz, und auch phette Ghettoblaster mit Doppellaufwerk sind eher zu Requisiten von Fotosessions für Modemarken oder Vodafone geworden. Doch ist der Kosmos von Facebook und Konsorten noch nicht fähig, eigene Mythen zu schaffen. Die Schutzhüllen für Smartphones, die ausschauen wie Mixtapes, sprechen eine klare Sprache: Das Gefühl will retro.

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