Babybird wird erwachsen
Dass Stephen Jones, ehemals bekannt als arbeitswütiger Entertainer Babybird, vom großen Pop-Geschäft ein für allemal die Nase voll hat, das weiß man schon lange. All die A&R-Manager und Marketingleiter, die nach „You’re Gorgeous“ riesige Budgets bewilligten, verdarben dem künstlerischen Eigenbrötler fast die Lust an der Musik, und entsprechend setzte Jones die Vorzeichen neu.
Eine erste Novelle („The Bad Book“), eine Compilation seiner Soundtrack-Arbeiten sowie das fünfte Werk seiner skurrilen und überbordend kreativen Lo-Fi-Serie kommentierten den gleichzeitigen Erfolg der Band-Version von Babybird so kontrapunktisch wie möglich. „Ich war der Einzige, der an dem ganzen Rummel keinen Spaß hatte“, sagt Jones jetzt, da alles vorbei ist „Klar war es toll, dass sich so viele Türen für mich geöffnet haben. Aber im Rückblick scheint mir diese Phase wie im Nebel, so als wäre ich gar nicht dabei gewesen.“
Mittlerweile ist Ruhe eingekehrt im Leben des Stephen Jones. Das neue Werk, „Almost Cured From Sadness“, steckt voll jener skizzenhaften, hier entspannt fließenden Song-Miniaturen, die schon besagte Lo-Fi-Serie so einzigartig machten. „Ich musste zu dieser Arbeitsweise zurück“, konstatiert Jones, „diese Art des Songwriting ist für mich wie ein Freund in meinen Fingerspitzen, der mir dann treu zur Seite steht, wenn ich mich in einen Raum einschließe und mit mir allein bin.“
Jones – übrigens ein warmherziger, freundlicher Gesprächspartner und gar nicht sonderbar oder kauzig – will dabei den Titel nicht biografisch gedeutet wissen. „Es geht um Glücklichsein ganz allgemein“, versucht er die Erklärung, „und um das Gefühl, sich für seine Glücksmomente irgendwie schuldig zu fühlen… Glück ist ja ohnehin ein Zustand der Perfektion, den es immer nur für kurze Momente geben kann. Um dieses gegenseitige Bedingen von Glück und Unglück geht es auf dem Album.“ Kein neues Thema für ihn, doch der abgründige Witz seiner Trauerlieder ist jetzt verschwunden. Jene vorübergehenden Momente der Glückseligkeit erlebt Jones vor allem auf Reisen. „Ich habe in meiner Kindheit ständig zwischen Suez, Panama, Neuseeland und Tahiti die Wohnorte gewechselt und bin nie lange an einem Fleck geblieben. Diese Lebensweise lehrt dich eine bestimmte Sicht auf die Umstände, mit denen du zu tun hast: You don’t take anything for granted.“ Der Mann, der einst als Schwangerer posierte, ist offenkundig sehr ernst geworden.