Auch die amerikanische Intelligenzija mag sich nicht mehr dafür schämen, Porno eigentlich schon immer gut gefunden zu haben
Was den Musikern recht ist, kann den Intellektuellen nur billig sein. Das neue Opium der amerikanischen Künstler und Modemenschen heißt Edelporno. Aber wie immer, wenn sie dem Zeitgeist auf der Spur sind, analysieren und ironisieren sie so lange dran nun, bis nicht mehr viel Spaß übrigbleibt. Nehmen wir „Richardson“, das sündteure „arts-porn magazine“, das der in New York ansässige britische Modestylist Andrew Richardson herausgibt. Die Dezember-Erstausgabe brachte die einschlägigen Fotos und Porträts (außer dass die japanische Druckerei darauf bestand, einen Teil der männlichen (!) Genitalien zu schwärzen, ermüdete dann aber mir einem Endlos-Interview mit Pornoqueen Jenna Jameson. „Sicher, es sind schon Porno-Elemente drin“, erläutert Richardson, „aber die Fotos per se würde ich nicht pornografisch nennen. Ich glaube daher auch nicht, dass das Heft als Wichsvorlage taugt“ Da hat er sogar recht.
Dasselbe funktionale Manko trifft man auch an den amerikanischen Universitäten an, die sich neuerdings dem Thema Porno mit akademischer Akribie nähern. An der New York University oder in Berkeley werden Seminare angeboten, in denen die Studenten zwar mit Hardcore konfrontiert werden – nur um dann den würdigen Worten ihres Professors lauschen zu dürfen: „Wenn die abgebildeten Handlungen sich als Reihe kompensatorischer Ideale, als hyperbolische Geschlechtsnormen verstehen lassen, dann umfasst die Pornografie einen Bereich nicht realisierbarer Positionen, die die psychosoziale Realität der Geschlechtspositionen beherrscht.“
Tröstlich, dass die Europäer da auch nicht viel weiter sind. Im Film „Pola X“ darf sich Guillaume Depardieu – Gerards Sohn – mit der Hauptdarstellerin in der Position 69 vergnügen; nur spielt sich die Szene praktisch im Dunkeln ab. Und dafür muss man einen Film ertragen, der in Cannes als „zusammenhanglose Aneinanderreihung von Klischees“ abgewatscht wurde.