
Arne Willander schaut fern: Ewig tönt das „Twin Peaks“-Nebelhorn
Nach dem Tod von David Lynch erzählt Arte noch einmal die Geschichte des Genies aus Montana, das den Film revolutionierte.

Am Abend des Tages, an dem der Tod von David Lynch bekannt wurde, sah ich noch einmal den Anfang von „Twin Peaks“. Angelo Badalamentis Musik steigert sich in den wunderschönsten melodramatischen Kitsch. „Du siehst einen einsamen Wald“, hatte Lynch zu dem Komponisten gesagt. „Und dann siehst du dieses Mädchen, Laura Palmer. Sie ist sehr traurig.“
Das erste Bild von „Twin Peaks“ zeigt einen Mann, der in Gummistiefeln zum Empfang eines Hotels geht. „Gone fishing“, sagt er. Dann geht er am See entlang. „Und ewig tönt das Nebelhorn“, murmelt er. Von ferne hört man den Ton des
Nebelhorns.
Ich war überwältigt von diesem Beginn, getröstet, und ich musste lachen aus Sympathie für den Meister. Die NASA zeigte
ein Foto von einem Himmelskörper, der wie ein verschwommener Donut aussieht oder wie eine sterbende Sonne, und zitierte David Lynch: „Richte den Blick immer auf den Donut, nie auf das Loch.“

In einem Dokumentarfilm über Lynch sitzt Kyle MacLachlan im Twinkie’s, einem Diner in Los Angeles, in dem Lynch jeden Morgen gefrühstückt hat. „Ah, das ist ein verdammt guter Kaffee“, sagt er zu der Kellnerin, die man nicht sieht, mit den Worten von Agent Dale Cooper. Die Dokumentation wurde noch vor „Twin Peaks: The Return“ aufgenommen, Lynchs letzter Arbeit, ein, wie sagt man?, opakes Meisterwerk.
Isabella Rossellini erinnert sich, Laura Dern, Mary Sweeney und Jack Fisk, Lynchs ältester Freund und Set-Designer. Fisk erinnert sich an die ersten Experimentalfilme aus den späten 60er-Jahren, „bewegliche Gemälde“. Und an die fünf Jahre, in denen sie mit einem winzigen Budget an „Eraserhead“ gearbeitet haben, der 1977 den Kult um David Lynch begründete.
„He is a bit of a genius, he really is“
Mel Brooks, der Lynch für „Der Elefantenmensch“ verpflichtete, sagt: „He is a bit of a genius, he really is.“ Wenn er da mal nicht untertreibt. „Der Elefantenmensch“ war 1981 für acht Oscars nominiert. Lynch machte danach „Dune“, ein Debakel, und dann „Blue Velvet“.
Isabella Rossellini erinnert an eine Szene in Montana in den 50er-Jahren, von der Lynch ihr erzählte: als die spielenden Kinder eine nackte Frau auf der Straße der Kleinstadt sahen. Sie weinten. In „Blue Velvet“ ist Rossellini diese
nackte Frau.
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Seinen letzten Film musste David Lynch zu Hause machen, weil er nicht mehr gehen konnte. Ich bin sicher, dass er ihn gedreht hat.