Arne Willander schaut fern: das brillante Schmierenstück „The Crown“
Auch in der fünften Staffel von „The Crown“ inszeniert Peter Morgan die königliche Familie als Menschen, die sich in imperialem Selbstmitleid suhlen
Zu den Sensationen von „The Crown“ gehörten immer die Schauspieler. Sie müssen den Vorbildern ähnlich sehen, weil sie weltberühmt sind. Vanessa Kirby als junge Margaret und Claire Foy als Elizabeth boten glänzende Leistungen, obwohl sie den Damen kaum ähneln. In der fünften Staffel, die bis kurz vor der verhängnisvollen Nacht in Paris reicht, verkörpert Elizabeth Debicki die unglückliche Diana. Debicki ist sehr groß und dünn, sie überragt alle Männer, auch Charles, den Dominic West mit geneigtem Kopf und Nesteln an den Manschetten spielt. Aber Debicki zeigt die Larmoyanz, die Koketterie und die Verführungskraft Dianas.
Der Drehbuchautor Peter Morgan, der die Serie schon so lange schreibt, hat wenig Sympathie für Diana und Vater und Sohn Al-Fayed. Mohamed Al-Fayed rettet sich durch die Anstellung des ehemaligen Butlers von Edward VIII. Die Anglophilie und monarchistische Begeisterung des Parvenüs werden drollig karikiert. Morgans Lieblings- und Identifikationsfigur ist ausgerechnet der stets als „blass“ bezeichnete Premierminister John Major, den er als nüchternen Beobachter der Verstiegenheiten der königlichen Familie zeigt. Dem Ringen um die Yacht Britannia ist eine ganze Episode gewidmet, und die alte Tante BBC wird in Gestalt des Intendanten Lord Altrincham als verschwindender Hort von Verlässlich- und Treuherzigkeit gefeiert.
Der Spleen Prinz Philips, alte Kutschen restaurieren zu lassen und dabei eine jüngere Gefährtin anzulernen, ist ebenfalls nach Morgans Geschmack. Während Diana mit ihrem pakistanischen Chirurgen Schokoriegel im Wartezimmer nascht und mit Perücke ins Kino geht.
Die Königin wiederum war in den Querelen der späten 80er-Jahre umstritten. Auch das „Annus horribilis“ 1992 fällt in den von der Serie erzählten Zeitrahmen. Hier führt Morgan sehr schön vor, wie die Königinmutter es verurteilt, Gefühle in der Öffentlichkeit zu zeigen und gar mit einem lateinischen Begriff darauf zu verweisen, dass dieses Jahr nicht uneingeschränkt amüsant war. Von „Never explain, never complain“ galt für die königliche Familie jedenfalls nur der eine Teil. Sie beklagen sich immerzu, sie jammern, sie hadern. Sie sind wie alle, aber dazu sehr verwöhnt. Und deshalb ist „The Crown“ ein berückendes Schmierenstück wie von Oscar Wilde.