Aretha Franklin: Auf Augenhöhe

Mick und Keith und Aretha Franklin über "a man of wealth and taste".

KEITH RICHARDS

Ich war mit Ahmet im Beacon Theatre in New York, zehn Minuten vor dem Sturz, der ihm sein Leben kosten sollte. Er fragte mich, wie’s meinem Kopf gehe nach meinem Sturz. „Fühl mal“, hab ich gesagt. Weil ich noch eine große Beule an der linken Schläfe hatte. Er hat dran rumgerieben, und wir haben uns kaputtgelacht. Als ich später von der Bühne kam, hörte ich, was passiert war. Es ist fast so, als hätte ich ihn verflucht. Jetzt darf niemand mehr meinen Kopf reiben.

Ich kann mich nicht genau erinnern, wann wir uns das erste Mal getroffen haben. Ahmet hat sich hinterlistig in unser Leben geschlichen (lacht). Er war diplomatisch und bodenständig und ganz anders als die anderen Leute, die Plattenlabel leiten. Ich erinnere mich, dass Mick und ich mal ein Meeting mit Ahmet hatten. Er saß am Schreibtisch und balancierte mit seinem Gehstock. Mick und ich versuchten, ein ernsthaftes Gespräch mit ihm zu führen, aber ich schaute ihn an und merkte: „Vergiss es, mit dem kommen wir heute nicht weiter.“

Er wusste, was Drama bedeutet. “ „Als er zu unseren Sessions kam, tat er es nie ohne ein bisschen Bohei und eine schöne Frau im Arm – er hatte das gewisse etwas. Über die Musik hat er nie viel gesagt. Er grummelte höchstens „Damn Good. That’s shit.“ Er wollte sich nicht einmischen. Aber er hatte sein Ohr an allem dran.

Ahmet war keiner dieser Anwälte oder Ganoven, mit denen man es sonst im Musikgeschäft meistens zu tun hat. Man sprach mit ihm auf Augenhöhe. Er war mit allem, was unter seinem Namen herauskam, aufs Intimste vertraut.

Mit Ahmet konnte es auch ganz schön exzessiv werden. Er mochte es rumzuhängen, und ich mochte es, mit ihm rumzuhängen. Einfach nur, um zu hören, was ihm so rausrutschte. So kleine Nebenbemerkungen wie „Screw that motherfucker.“

Für die Stones war er eine der Vaterfiguren. So wie zu Muddy Waters habe ich auch zu ihm hoch geschaut. Mit Musikern zu arbeiten war bis zuletzt sein Ding. Seine Liebe zur Musik, seine Freude daran ging ihm nie verloren. Sonst wäre er wohl im Beacon vor ein paar Wochen nicht backstage gewesen. It was full circle. And that touches me.“

MICK JAGGER

Ahmet hatte einen sehr guten Geschmack, was Musik angeht. Aber er hatte auch einen sehr guten Geschäftssinn. Eine solche Kombination aus beidem findet man selten. Schön, wenn man einen Act unter Vertrag nehmen kann, den man mag, aber das bringt einen nicht weit, wenn er nicht verkauft.

Wir hielten es für eine gute Idee, bei Atlantic zu unterschreiben. Aber Ahmet sollte uns erst das richtige Angebot machen. Es war wie ein endloses Feilschen um einen Teppich – ein ständiges Umwerben mit Abendessen und Drinks. Wir hatten viel Spaß. Als Ahmet und ich uns schließlich einig waren, war er so betrunken, dass er rücklings vom Stuhl fiel.

Ahmets Denken war immer sehr liberal, aber er hatte ein unglaubliches Gespür für den Markt. Wir hatten diesen Streit um „Starfucker“ – er hat uns gezwungen, den Namen des Songs zu ändern. Das war ein langes unsinniges Drama aber er war sehr sensibel, wenn’s um soziale Belange ging. Um irgendwelche Frauengeschichten hat er sich immer sofort gekümmert. Nachdem wir Atlantic verlassen hatten, besuchte ich ihn immer noch zu Hause und spielte ihm vor, was wir hatten, und er hat es kommentiert. Ahmets Fürsorge reichte sehr weit. Und er hat mich immer zum Lachen gebracht. We had so many good times together and I will miss him so much.

ARETHA FRANKLIN

Jerry Wexlerl lud mich 1967 zu Atlantic ein, um Mr. Ertegun zu treffen, der bat mich zum Lunch direkt in seinem Büro. Ich fand das sehr schick. Wir hatten ein sehr stilvolles Arrangement mit Esstisch und Kellner. So viel Stil hatte ich vorher noch nie in einem Büro gesehen. Aber Ahmet war halt das genaue Gegenteil des typischen Plattenfirmenmanagers. Er war eine Autoritätsfigur – elegant und urban, und zugleich hatte er einen großartigen Sinn für Humor, der das alles überstrahlte – und das mochte ich an ihm besonders.

Ich habe zwar irgendwann Atlantic verlassen, aber ich habe nie Ahmet verlassen. Wir blieben Freunde. Immer wenn ich in Southhampton war, abe wir uns zum Lunch getroffen. Oder er kam zu meinen Konzerten. Er hat nie daran gedacht, mal einen Gang zurückzuschalten und er war bis zum Schluß unabhängig. Als wir uns um letzten Mal sahen erzähte er mir, er wolle bald nach Japan fliegen und ich dachte: Ahmet kommt immer noch rum und kommt an Orte, wo ich niemals hinkomme.“ Er war unglaublich.

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