Apokalypse, Baby! Bela B über den Weltuntergang
Zum Release des Hörbuchs "Exit Mundi" sprachen wir mit Bela B über den Weltuntergang. Laut Maya-Kalender soll es diesen Freitag mal wieder eine Apokalypse geben. Na denn...
„Ein seltener Gast“ sei Bela B beim Rolling Stone und hat ja irgendwie Recht. Sein neues Hörbuch „Exit Mundi“ von Maarten Keulemans bot dennoch einen guten Anlass, um sich endlich mal mit dem Herren zu unterhalten – selbst wenn man sich musikalisch manchmal nicht einig wird. Das Sachbuch des Niederländers Keulemans, das sich mal wissenschaftlich mal unterhaltsam dem Thema Weltuntergang widmet, ist nämlich eine recht vergnügliche Angelegenheit. Und einen Hang zu morbiden Themen der Popkultur hatte der Drummer der Ärzte ja schon immer.
–
–
Wir trafen Bela B. in Hamburg und sprachen mit ihm über Apokalypsen in der Popkultur, den Soundtrack dazu und die ganz persönlichen Panikmomente im Leben, in denen man das Ende klopfen hört.
„Exit Mundi“ von Maarten Keulemans ist ein Buch über Apokalypsen. Keulemans stellt ein paar der bekanntesten Versionen vor und nennt auch gleich eine Wahrscheinlichkeitsquote. Welche der Genannten war deine liebste Apokalypse?
Das Kapitel über Zombies hat mir am besten gefallen. Aber – das kann ich hier ruhig schon mal vorweg nehmen – es ist die Unwahrscheinlichste von allen Untergangsszenarien. Die Wahrscheinlichkeit liegt ziemlich genau bei 0%.
Schade eigentlich.
Ja, fand ich auch. Da hätte ich deutliche Vorteile anderen Menschen gegenüber, weil ich mich da doch sehr gut auskenne.
Wem würdest du „Exit Mundi“ empfehlen?
Es ist sehr praktisch, wenn du im Begriff bist eine Sekte zu gründen, die sich ein Untergangsszenario aussucht, und dann darauf hinarbeitet. So wie Scientology, die sich ja auch darauf berufen, dass sie irgendwann abgeholt werden. Mit einem Raumschiff, als einzige Erleuchtete. Wenn du also solch eine Sekte gründen willst, dann hat Keulemans eben schon mal alle Varianten auf die Auslage gelegt. Du brauchst dir deine dann einfach nur noch aussuchen und kannst deinen Jüngern genauestens Auskunft geben.
Wie sähe deine Sekte aus?
Eine Zombie-Sekte mit Anspruch auf Langlebigkeit wird ja leider nicht passieren. Ehrlich gesagt reichen mir dann schon diese Abermillionen von willenlosen Jüngern, die meine Band weltweit gesammelt hat (lacht).
Seit Emmerichs fürchterlichem „2012“ kennt sich ja auch jede Hausfrau mit dem Maya-Kalender aus, in dem die Welt 2012 untergehen wird. Was hältst du von dieser Deadline?
Ich stehe diesen Weltuntergangssachen relativ gelassen gegenüber. Ich hab für 2013 auch schon Termine – um das auch mal klarzustellen. Der Maya-Kalender ist nicht so wirklich meine Richtlinie. Aber es ist schon interessant, wie sehr dieses Jahr in der doch immer ungebildet erscheinenden Masse verankert ist. Der Emmerich-Film war ja ein Total-Flop, daran kann es also nicht liegen. Man wundert sich ja doch, was die Leute so wissen. Ich befürchte, es wird zu der Zeit wirklich einiges passieren. Aber von Menschen gemacht. Bis hin zu Massenselbstmorden, rituellen Handlungen, Selbsteingrabungen oder was auch immer. Kann sehr lustig werden. Oder tragisch.
Muse haben mir mal in einem Interview erzählt sie möchten 2012 ein Konzert spielen – an einem dieser kritischen Orte, an denen zwei Erdplatten aufeinandertreffen. Ich bin mal gespannt, ob sie das noch durchziehen…
Ja, das kann auch im Rock- und Popbereich sehr interessant werden. Ihr seid ja eine große etablierte Musikzeitung und werdet da nicht vorbei gehen können. Vielleicht wird ja eine eurer beigelegten CDs genau dieses Thema behandeln und entweder Songs versammeln, die es schon gibt, oder welche, die für euch zu diesem Anlass geschrieben werden.
Wir stehen ja so auf Listen und würden dann vermutlich die 50 Songs zum Weltuntergang bringen. Was würdest du denn bevorzugen? Eher Johnny Cashs „I See A Darkness“-Adaption oder doch lieber derbes Gedresche von Slayer?
Es muss ein Mixtape sein, auf dem Johnny Cash und Slayer gemeinsam Platz finden. Am besten hintereinander. Ich komm jetzt wahrscheinlich als kompletter Horrorfilmnerd rüber, aber ich fand beim Remake von „Dawn Of The Dead“ den Einsatz von „When The Man Comes Around“ von Johnny Cash wahnsinnig gut. Das war so stimmig. Und dazu diese Bilder von Zombies, die sich um Menschenfleisch prügeln. Das war ein wahnsinnig toller Apokalypse-Song. Aber natürlich haben auch Slayer ihre Berechtigung. Oder Schlimmeres: Es gibt ja aus Norwegen weitaus Härteres. Einer der schönsten Weltuntergangssongs kommt von R.E.M. – und er ist einer der wenigen, die ich von ihnen ertragen kann: „The End Of The World As We Know It“. Jeder relevanter Künstler, der mehr als zwei Platten gemacht hat, hat sich ja auch mal mit dem Thema Weltuntergang beschäftigt. Nun such ich natürlich gerade nach einem Ärzte-Song zu diesem Thema und finde keinen.
Der muss also noch kommen. 2012 als Single?
Ich hab ja tatsächlich eine – vielleicht zu Recht – wenig beachtete Platte gemacht, die “ At 2012 A.D.“ heißt. Mit meiner Band Depp Jones – in der Zeit, in der es die Ärzte nicht gab. Damals, 1992, hab ich gedacht: „Kann man machen. Ist ja noch lange hin.“ Jetzt muss ich darüber natürlich schmunzeln.
Wie wäre es mit einem Rerelease 2012? Mit Reunion?
(lacht) Nee, das wird es definitiv nicht geben. Wie Keulemans sagen würde: „Wahrscheinlichkeit 0 Prozent.“
Keulemans beschreibt die Existenz all dieser Apokalypsen-Versionen als „kulturellen Reflex“, der immer dann ausgelöst wird, wenn große dramatische Ereignisse die Weltgeschichte erschüttern. Gab es für dich solche Momente, in denen du dachtest: „Ach du Scheiße, nun klopft das Ende…“
Ja, die gab es. Das mag jetzt platt klingen, aber in den letzten Jahren der Bush-Adminstration dachte ich schon manchmal: ‚Die sind jetzt schon so weit gegangen. Die können jetzt auch noch Alarmstufe Rot ausrufen, die Wahl verschieben und parallel noch mal einen weiteren Krieg anzetteln.‘ Und ich habe ja noch – auch wenn ich da in der Grundschule war – ganz bewusst Tschernobyl miterlebt. Da hatte ich schon so mulmige Gefühle. Oder vor ein paar Jahren der Tsunami. Das passiert zwar alles in der Ferne, aber man hat dann doch schon manchmal das Gefühl, die Einschläge kämen näher.
In der Popkultur begegnen einem ja ständig Apokalypsen. Ich habe kürzlich noch eine meiner Lieblingsversionen (wieder) gelesen. Die Sprengung der Erde durch eine Vogonen-Bauflotte, die dort eine Hyperraumschnellstraße baut. Ich glaube ja auch fest daran, dass genau das passieren wird. Hast du ein Stück „Apokalypsen“-Kunst, dass du besonders schätzt?
Ich bin auch ein großer Fan von Douglas Adams. Wobei die glamourösere Version ja dann noch ist, es in den letzten Minuten in ein Raumschiff zu schaffen, wie die beiden Helden im „Anhalter“. Aber ein Großteil der Science-Fiction-Literatur befasst sich ja mit genau diesem Thema. Es gibt da diesen großartigen Roman von Richard Matheson „I Am Legend“, der mich sehr beeindruckt hat. Ist ja auch inzwischen dreimal verfilmt worden. Die beste Verfilmung, die erste mit Vincent Price, ist dabei leider die unbekannteste.
Als Kind hatte ich oft Spielszenarien im Kopf, in denen die Welt irgendwie vor die Hunde gegangen ist, und ich so was wie der „Last Boy Standing“ war. Hattest du so was auch?
Ja, die hatte ich natürlich. Wenn man als Kind beginnt, sich mit Einsamkeit auseinanderzusetzen und anfängt, sich als Individuum zu begreifen, dann denkt man darüber nach, wie es wäre der letzte Mensch auf der Welt zu sein. Bei mir kam noch hinzu, dass ich mit der Angst vor Atomkriegen aufgewachsen bin.
Stimmt. Ich hatte genau aus diesem Grund monatelang Albträume, als ich „The Day After“ gesehen hatte. Gab’s solche Filme bei dir?
Als ich ein Kind war und erstmals allein ins Kino durfte, gab es ja noch diese Godzilla-Filme. Da hatte ich so mit 11 tatsächlich Angst vor. Das Szenario hat Keulemans ja leider ausgelassen: Die Zerstörung der Erde durch Riesenechsen.
Danke für das Gespräch!
„Exit Mundi – Die besten Weltuntergänge“, von Maarten Keulemans geschrieben und von Bela B. gelesen, ist im Verlag Random House Audio erschienen. Wir verlosen 3 Exemplare. Wer eines haben möchte, der schreibe eine Mail mit dem Stichwort „Exit Mundi“ an verlosung@www.rollingstone. Viel Glück!
Püntklich zum Verkaufsstart ist Bela B. mit dem Buch auf Lesetour. Hier die noch ausstehenden Daten:
25.02. Leipzig, 26.02. Berlin, 27.02. Frankfurt, 03.03. A-Graz, 05.03 A-Kufstein, 06.03. und 07.03. A-Wien, 11.03.CH-Bern, 12.03, München, 13.03. Reutlingen, 14.03. Hamburg.