AnnenMayKantereit beim Lollapalooza: Hüftschwingen mit Handyverbot

Das Konzert hat etwas von Studenten-Party: Die einen unterhalten sich, manche sind schockverliebt  – und die anderen haben Spaß.

Wären AnnenMayKantereit ein Radiosender, dann wären sie so etwas wie „Die größten Hits von heute“  – irgendwie egal, aber Konsens durch und durch, betont individuell und dennoch exemplarisch. Sie sind dabei nicht so verletzlich wie Casper, der einen Gastauftritt beim Konzert von Marteria absolvierte, nicht so versoffen wie die österreichischen Kollegen von Wanda und nicht so funky wie die Beatsteaks – alle hatten bereits am Samstag die Bühnen im Hoppegarten bespielt.

Es gibt kaum eine Band beim Lollapalooza, bei der sich die Geister so sehr scheiden. „So schööööön“ rufen die einen, während die anderen sich mit Grausen abwenden Man kann die Texte und auch die Musik von AnnenMayKantereit banal finden. Sie sind jung, ein bisschen verpeilt und sehen eben genau wie ihr Publikum aus, als würden sie gerade mitten in ihrem (geisteswissenschaftlichen) Studium stecken. Egal ob es darum geht, dass es mit einer Dame, der gleich zwei Songs gewidmet sind, nicht geklappt hat, oder darum, wie es sich anfühlt, eines von fünf Kindern zu sein, oder darum, wie es ist, im WG-Hochbett die Fernbeziehung gar sehr zu vermissen: Die Hörer fühlen sich verstanden. AnnenMeyKantereit geben dieser Generation eine Stimme. Ihre Fans lieben diese Themen, die Angelegenheiten jedes Jugendlichen sind, sie lassen ihr Leben um egoistische Themen kreisen.

AnnenMayKantereit

Im Mittelpunkt des Geschehens steht Sänger Henning May, dessen Stimme standardisiert mit der von Rio Reiser verglichen wird. Er füllt die Bühne komplett aus, obwohl er sich beinahe nicht von der Stelle bewegt – nur einmal, als er den Kids auf dem Gelände zunächst penetrant wiederholend ein Handyverbot verordnet und anschließend die Hüften schwingt. Das wäre das perfekte Bild für Instagram, wenn die Besucher denn eines machen dürften. Das Konzert hat etwas von Studenten-Party: Die einen unterhalten sich, manche sind schockverliebt  – und die anderen haben Spaß.

Christina Wenig
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