Anna Calvi
Die britische Sängerin, Songwriterin und Gitarristin Anna Calvi wird 2011 zu den wichtigsten Newcomern gehören. Davon ist nicht nur ihr Mentor Brian Eno überzeugt. Das zusammen mit der Keyboarderin Mally Harpaz und dem Schlagzeuger Daniel Maiden-Wood entstandene unbetitelte Debüt ist atemberaubend in seiner fiebrigen Leidenschaft und sehnsuchtsvollen Romantik. Ein eigenwilliger Liederzyklus, durchdrungen von der Dramatik des Flamenco, dem Pathos Scott Walkers und der kämpferischen Verletzlichkeit einer PJ Harvey. Auf der Bühne wird Anna Calvi zur Tigerin − im Interview ist sie eher schüchtern.
Laut oder leise?
Leise. Ich mag Geheimnise und Musik, die nicht alles preisgibt. Trotzdem liebe ich auch Extreme − wenn das Leise in Stille übergeht und das Laute dröhnt und braust. Aber vor die Wahl gestellt, würde ich mich immer für die Stille entscheiden.
Bad Seeds oder Grinderman?
Nick Cave und die Bad Seeds − das ist meine absolute Lieblingsband! Aber mit Grinderman auf Tour zu gehen, wie vor einigen Monaten, das war trotzdem, als würde ein Traum in Erfüllung gehen. Edith Piaf oder Maria Callas?
Weil ich die Oper liebe, würde ich sagen: Maria Callas. Sie ist mit ihrer Stimme wirklich Risiken eingegangen. Ich mag aber auch Edith Piaf und ihre Version von „Jezebel“. Ihretwegen habe ich das Stück gecovert.
Drama oder Komödie?
Drama. Ich weiß auch nicht, weshalb mir das mehr zusagt. Ich bin wohl kein besonders fröhlicher Mensch … (lacht)
Traum oder Realität?
Traum. Man kann überall hingehen, die Möglichkeiten in einem Traum sind grenzenlos. Die Vorstellungskraft geht weiter und weiter.
Pop oder Klassik?
Nicht einfach, aber ich nehme Pop, weil das die Welt ist, die ich kenne. Ich glaube allerdings, dass man Klassik in Pop überführen kann, ohne dass es die Leute merken. Scott Walker ist dafür ein Beispiel, und auch David Bowie wäre in diesem Zusammenhang zu nennen. Wirklich guter Pop und wirklich große Klassik haben nämlich vieles gemeinsam. Ein Album wie Bowies „Low“ kann man nicht gerade als normale Pop-Ware bezeichnen.
Großstadt oder Landleben?
Ich sage Landleben, auch wenn ich selten aus London heraus komme. Ich gehe nicht wandern oder dergleichen. Aber ich mag die Weite, und habe das Gefühl, dass mir die Natur mehr Raum zum Denken gibt.
Eher Expressionismus oder Impressionismus?
Ich lasse die Dinge, über die ich Songs schreibe, auf mich wirken. Wenn ich im Studio bin, denke ich sehr visuell über Musik nach − ich möchte Bilder für meine Musik kreieren. Aber trotz dieser impressionistischen Haltung mag ich lieber die Stärke und Leidenschaft des Expressionismus. (ZIEmer)