Anfangs klang man grässlich, doch nun schreiben Ocean Coulor Scene Songs, die die Leute hören wollen – und in Massen kaufen
Draußen steht Chris Cradock mit einem Eimer weißer Farbe und verpasst dem Garagendach eine neue Schicht Farbe. Drinnen, in ihrem eigenen Studio namens Moseley Shoals, in dem Ocean Colour Scene gerade ihr seinerzeit noch unbetiteltes und später „One Front The Modern“ getauftes Album aufnehmen, sitzt sein Sohn Steve und erzählt über den „einzigartigen familiären Geist“, der diese Band durchströmt und ausmacht Steve bedient bei OCS die Gitarre und hat Recht. Denn Daddy Cradock ist einer der beiden Menschen, ohne die es das Quartett aus Birmingham heute gar nicht mehr geben würde. Der andere ist Paul Weller, doch dazu später.
Cradock Senior jedenfalls hat vor fünf Jahren das Haus verpfändet, damit sein Junge und seine Freunde sich ihr eigenes Studio bauen und wieder Musik machen können, nachdem an ihrem ersten Album von ’92 so lange herumgedoktert wurde, bis es am Ende derart grässlich klang, dass die Band ihren damaligen Deal prompt wieder verlor und drei Jahre lang praktisch auf der Straße stand. Chris sprang ein, „weil er in jeder Hinsicht an uns geglaubt hat, vermutlich ja mehr als wir selbst“, wie Steve sagt Dafür darf der Alte die Band jetzt managen und sich ein großes Stock vom längst üppig gewordenen Kuchen abschneiden.
Denn Ocean Colour Scene sind tatsächlich zur Erfolgsstory geworden. Nur Oasis verkauften ’96 mehr LPs als OCS mit dem vorletzten Album „Moseley Shoals“. Was ungewöhnlich genug ist denn hip geht nun wirklich anders. „Ich denke, es ist eine Mischung aus Beharrlichkeit und der Gabe, Songs zu schreiben, die die Leute auch wirklich hören wollen“, sagt Simon Fowler vor einer Wand voller Platin-Platten. „Es ist so viel Scheiße passiert, die Plattenfirma hat uns regelrecht fertig gemacht aber wir sind immer noch jeden Tag zusammen gekommen, haben geübt und neue Songs geschrieben.“
Von Nutzen war neben Daddy Cradocks Kohle die Bekanntschaft zu Paul Weller, mit dem Steve und Bassist Dämon Minchella sowohl auf der „Wild Wood“-Tour als auch später auf der LP „Stanley Road“ spielten. „Paul ist phantastisch. Wir haben viel von ihm gelernt.“ So viel, dass auch „One Front The Modern“ zumindest im UK wieder ein Treffer werden sollte.
Viel geändert gegenüber den beiden Vorgängern hat sich nicht, gleiches Studio, gleicher Produzent, ähnliches Songwriting-Konzept. Das basiert vor allem auf Folk und Country, auf Pate Paul Weller, den Beatles und auf Neil Young. „Als ich 13 war, da hat er mein Leben verändert“, so Fowler, „seit ich Neil gehört habe, hatte ich den lächerlich anmutenden, doch dringlichen Wunsch, Musik zu machen und damit ins Fernsehen zu kommen.“ – Selbst solche Wünsche können wahr werden…