Analoge Vibes
Der kalifornischen Band Dawes verdankt der Westcoast-Sound ein bestechendes Update.
Über die relaxte kalifornische Lebensart haben schon viele gesungen, aber nur wenige haben dem sonnigen Westcoast-Flair auch adäquate Töne abringen können. Taylor Goldsmith, Sänger und Songschreiber der Dawes, bleibt angesichts der hochgegriffenen Vergleiche mit den Altvorderen des Westcoast-Rock und -Folk der 70er-Jahre, mit denen seine Band momentan überschüttet wird, locker.
Grund für das viele Lob ist das zweite Dawes-Album „Nothing Is Wrong“. „Wir haben die Platte gemacht, ohne darüber nachzudenken, ob sie für die kalifornische Rockmusik eine Relevanz haben könnte“, sagt Goldsmith. „Erst danach haben Leute gesagt, dass es nach Laurel Canyon klingt, nach Jackson Browne, Joni Mitchell und James Taylor.“
Nun mag Goldsmith zwar so tun, als sei der Sound von „Nothing Is Wrong“ rein zufällig einer vergangenen Ära entlehnt worden. Tatsächlich ist eine emotionale Rückschau als Hauptmotiv dieser melancholischen Sehnsuchtslieder aber kaum von der Hand zu weisen. Zu offensichtlich spielen die Dawes mit den Einflüssen der oben genannten Musiker.
Zunächst gründete Goldsmith zusammen mit seinem Freund Blake Mills die Band Simon Dawes. Nach einem Album und Konzerten im Vorprogramm von Incubus, Maroon 5 und The Walkmen trennte sich Mills von der Band, Goldsmith machte mit Dawes weiter und holte seinen Bruder Griffin als Schlagzeuger sowie den Keyboarder Tay Strathairn dazu. Mit ihrem 2009 veröffentlichten Debüt „North Hills“ ernteten sie bereits positive Reaktionen. Kurze Zeit später spielten sie als Begleitband für Robbie Robertson in David Lettermans TV-Show. „Als Robbie auf der Suche nach Musikern war, kam sein Manager sofort auf uns, da ich auf einem von Robbies Soloalben ein paar Backing Vocals gesungen hatte“, erinnert sich Goldsmith.
Auf „Nothing Is Wrong“ stehen den Dawes nun gleich zwei Legenden als special guests zur Seite: Benmont Tench spielt – wie schon auf dem Debüt – die Wurlitzer-Orgel, Jackson Browne singt bei „Fire Away“. „Als wir gerade dabei waren, das Album in Jacksons Studio zu mixen, kamen wir auf die Idee, er könne ja auf einem der Songs mitsingen. Er hat diesen kleinen Nebenjob sichtlich genossen und für mich war es eine unglaubliche Erfahrung, mir mit ihm die Gesangsparts zu teilen“, sagt Goldsmith.
Aufgenommen haben die Dawes erneut in Jonathan Wilsons Studio in L.A. Der organische Sound sei der analogen Technik zu verdanken, für die sich die Band abermals bewusst entschieden hat. „Der Ansporn ist ein anderer, wenn man analog aufnimmt. Statt ‚Gib dein Bestes, den Rest richten wir im Nachhinein‘, heißt es: ‚Du hast zwei, maximal drei Takes, dann muss der Song im Kasten sein.'“
Als Nostalgiker möchten Dawes allerdings auch nicht abgestempelt werden: „Wir wollen ja gar nicht klingen wie eine alte Band, aber da wir alle klassische Rockinstrumente gelernt haben, besteht unser Sound aus eben diesen Zutaten“, so Goldsmith. Wohl nur in L.A., wo es „besonders leicht fällt, einfach nur zu sein“, wie er sagt, kann derart entspannte und bedeutsame Rockmusik noch so überzeugend gelingen.