An der Flamme eures Hasses zünde ich mir eine Kippe an!
Tomte-Sänger Thees Uhlmann über die britische Popkultur, kulturelle Begeisterung und die noch immer initialzündende Kraft eines Oasis-Konzerts.
Neulich nach dem Oasis-Konzert in der Berliner Arena fuhr ich noch mit Sperti von den legendären Klabusterbären und meiner langjährigen Freundin Jessica zur Aftershow-Party, die vom Fanforum „the-oasis.net“ organisiert wurde. Zeigen Sie mir eine Band, bei der auf einer Aftershow-Party am Samstagabend 400 Leute in einem Raum gemeinsam ausschließlich B-Seiten lauthals mitsingen. Sie werden lange nachdenken müssen. Ich wollte zu dem Konzert eigentlich nur aus Nostalgiegründen. Freunde treffen und „let the old and good times roll“ vor mich hin denken. Nach 20 Minuten hatte mich das Konzert komplett in Beschlag genommen und ich war der festen Überzeugung, dass es eines der besten Konzerte ist, das ich jemals besucht habe. Und das bin ich immer noch. „Warum? Nun: Wie wundervoll schon alleine der Fakt ist, dass bei einem Oasis-Konzert Musik zelebriert wird. Keine blöde Show. Keine Mitmachspiele vom infantilen Grad eines Kindergeburtstages. Einfach ein Song, der durch den Raum geschmissen wird und den es nicht interessiert, was mit ihm passiert, weil er sich seiner eigenen Größe bewusst ist. Kunst und Würde. Und es scheint mir, dass ich nicht der einzige bin, dem es so geht. Die Konzerte der Deutschlandtournee waren allesamt restlos ausverkauft. Ein Blick in die Gazetten straft uns trotzdem Lügen. Die bei Kritikern – oder Menschen, die sich dafür halten – angesagten Bands sehen zur Zeit aus wie eine Mischung aus Adam & The Ants und Hausfrauen mit Alkoholproblemen. Was auch okay ist! Überall Federn, Tücher, Schminke und Typen, die versuchen, möglichst schlecht auszusehen. So gut sah ich leider nie aus. Meine Freundin sagt dazu: „ Wenn die Finanzkrise zuschlägt, haben die Leute Lust auf Clownerie!“ Ich verstehe und akzeptiere das. Es hat mich aber bis auf Weiteres nie interessiert: Das Normale, das hinaus wächst, um zu Großem zu werden. Das ist es, was „Britpop“ uns bietet, und es ist klar, dass alle dieses Wort mittlerweile hassen, weil es sich selber ad absurdum geführt hat. Das universelle Ich ist das, was drängt, was interessiert, was sich den Weg nach außen bahnt. Es ist ein bisschen wie bei der amerikanischen HipHop-Firma FUBU: For us, by us! Dazu fällt mir gleich eine ganze Reihe von Song-Zitaten ein. „„If a doubledecker crashes into us, we’ll see things they’ll never see.“ „“The drugs don’t work.“ „“Giving me head on an unmade bed.“ „Now I am drunk as hell on my piano bench.“ „I sleep on my back cause it’s good for the spine.“ „Nichts ist so schön auf der Welt wie betrunken traurige Musik zu hören.“ „Thou shalt always kill!“ Wie mich diese lausige Authentizitätsdebatte zum dritten Mal, seitdem ich Musik mache, langweilt. Gut auch, dass immer Leute darüber reden müssen, die völlig anders Texte schreiben und Musik machen. Als hätten sie Angst, man würde ihnen etwas wegnehmen. Can sind bestimmt besser als Clickclickdecker, und trotzdem ist etwas in mir, was mir sagt: Da schlägt mein Herz. Was ist denn das Schöne und Große an den Kinks? Dass sie selber in der „„Dead End Street“ gelebt haben und immer von dort weg wollten, sie aber nie vergessen konnten. Und das Gute ist: In spätestens zwei Jahren werden die Subtitel in Musikzeitschriften wieder lauten: „Diese Band singt in einer atemberaubenden Ehrlichkeit über sich selbst, dass es einem das Herz zerreißt!“ Man nennt das Periodik, vielleicht. Seien Sie bitte nicht so dumm zu glauben, dass ich nicht weiß, dass solche Pamphlete mich und meine Band Sympathien kosten. Aber man muss Verantwortung übernehmen. Auch im Alltag. Rock’n’Roll. Soviel mehr als für 85 Minuten Konzert. An der Flamme eures Hasses zünde ich mir eine Kippe an!