Wie Amon Düül 1968 mit Krautrock die Musikwelt veränderten
Trotz damals vernichtender Kritiken gilt „Psychedelic Underground“ heute insbesondere in Neo-Psychedelic- und Psych-Folk-Kreisen als Kultalbum
September 1968: Freak-Out: Mit Amon Düül beginnt die Krautrock-Revolution
Unter den Gitarren – der Muff von 1000 Jahren: Vor dem 25. September 1968 definierten verschämte Elvis-Imitatoren wie Peter Kraus den Klang der deutschen Rockmusik. Natürlich gab es brav muckende Beatbands wie die Rattles, doch einen radikal eigenen Stil wagte kaum jemand. „Deutschland war damals zum Kotzen. Da wollte man sich als Junger deutlich von absetzen“, erinnert sich Uschi Obermaier, eine der wenigen Ikonen des frühen deutschen Pop. Sie hat die Geburtsstunde des deutschen Underground-Rock live miterlebt. Im September 1968, bei den „Internationalen Essener Songtagen“, stand sie zusammen mit Amon Düül auf der Bühne und schwenkte Maracas.
Die 1967 in München von dem Gitarristen und Violinisten Chris Karrer gegründete Kommune war mitsamt Kindern und Hunden beim Essener Festival angereist. Neben den ebenfalls auftretenden deutschen Vertretern The Guru Guru Groove (die späteren Guru Guru), Tangerine Dream und Floh De Cologne machte der kollektive Freak-Out von Amon Düül den Unterschied ums Ganze. Julian Cope beschreibt in seinem Standardwerk „Krautrocksampler“ die frühen Stücke der Band als „extraordinary classics and extremly raw“. Ein Song des 1968 eingespielten, aber erst 1969 veröffentlichten Düül-Debüts „Psychedelic Underground“ gab dem jungen Genre schließlich seinen Namen: „Mama Düül und ihre Sauerkrautband spielt auf“. Die britische Musikpresse, inklusive John Peel, zeigte sich begeistert – der Begriff Krautrock war geboren …
Trotz damals vernichtender Kritiken gilt „Psychedelic Underground“ heute insbesondere in Neo-Psychedelic- und Psych-Folk-Kreisen als Kultalbum. Die erste echte Krautrock-Platte ist es auf jeden Fall, auch wenn „Phallus Dei“ sicher das bekanntere Album der damals schon in Amon Düül und Amon Düül II zersplitterten Band ist. Wer das Werk heute hört, sollte freilich bedenken, in welchem Zustand diese Musik entstand und konsumiert wurde. Zeitzeugin Obermaier beschreibt den üblichen Bewusstseinszustand der Krautrocker: „Ich war enttäuscht vom ersten Mal Marihuana-Rauchen. Ich dachte, die Wände würden sich bewegen – und nichts ist passiert. Später gab’s dann Acid-Trips, wo sich wirklich die Wände bewegt haben. Lichtexplosionen und so, da hat sich was getan.“