Amanda Palmer live: Eruptiver Aufmerksamkeitsmagnet
Rolling-Stone Weekender 2016 – Auftakt im großen Zelt, das für die für die frühe Uhrzeit überraschend gut gefüllt ist. Auf der Bühne steht ein weißer Flügel, Elton-John-Style. Amanda Palmer beginnt ihren Auftritt jedoch weit weg vom Scheinwerferlicht, um halb sechs taucht sie plötzlich hinterm Mischpult auf und spielt „Creep“ von Radiohead, alleine auf der Ukulele. „What the hell am I doing here“ singen einige Zuschauer mit, während sich Palmer eine Schneise zur Bühne bahnt. Guter Einstieg.
Die Dresden-Dolls-Sängerin ist ein Aufmerksamkeitsmagnet. In früheren Leben arbeitete sie als Pantomime und Stripperin – ihr Künstlername damals: Berlin. Palmer hatte immer ein Faible für Deutschland, besonders für die Periode der Weimarer Republik. In fast akzentfreiem Deutsch singt sie „Nannas Lied“ von Brecht und Weill. Vor ihr auf dem Flügel steht ein Weinglas, dessen tiefroter Inhalt mal leise vibriert und dann wieder überzuschwappen droht. Die Stimmung pendelt zwischen Punk und Cabaret. Palmers Spiel ist so eruptiv wie ihre Stimme, so dass die Gespräche der ständig neu eintreffenden Zuschauer entweder verstummen oder unter dem Hacken der Tasten untergehen. Man muss schon eine große Rampensau sein, um den ersten Slot so an sich zu reißen.
Mit der Ukulele für den Weltfrieden
Nach einigen Stücken ihres letzten Albums, darunter zwei Duette mit der Gastsängerin Whitney Moses, beendet Palmer den Auftritt, wie er begann, mit einem Ukulelen-Stück. Ja, mehr noch, mit DEM Ukulelen-Stück schlechthin. Das Instrument helfe gegen Depressionen, gegen Schulmassaker und sogar gegen Donald Trump, sagt Palmer ihr „Ukulele Anthem“ an, dann haut sie in die vier Saiten und schafft es sogar, Pete Townshends Windmühlenarm auf dem winzigen Instrument zu rocken. „Ukulele, thing of wonder, Ukulele, wand of thunder.“ Aber wirklich.