Am liebsten wäre IAN RANKIN Rocksänger geworden, aber als Krimiautor ist er einfach zu erfolgreich
Schwierig ist’s, diesen Schotten glücklich zu machen. Da stuft ihn das „Times Literary Supplement“ als „Großbritanniens führenden Krimiautor“ ein. Seit 1997 landet jeder seiner in 19 Sprachen übersetzten Romane auf der Bestsellerliste. Aber wenn man Ian Rankin fragt, was er am liebsten geworden wäre, sagt er ohne Zögern: „Rocksänger“.
Seine einzige Band, die je die Charts erreicht hat, hieß The Amoebas: „Es gab sie samt ihrem Leadsänger Ian Kaput nur auf dem Papier. Fünf Jahre lang hat sie dafür gesorgt, dass meine Kindheit im trostlosen Kohlerevier nicht langweilig wurde. Als Elfjähriger habe ich jede Menge Lyrics für sie geschrieben. 1976 spielten sie dann Progressive Rock – 20 Minuten lange Konzept-Songs. So konnte ich Popstar sein ohne harte Arbeit: Nur jede Woche die Charts neu entwerfen mit neun anderen erfundenen Bands. Und manchmal ein Interview oder Plattencover.“ Später, ab Student in Edinburgh, hat Ian bei den Dancing Pigs gesungen, die als „Punkband“ durch fast sämtliche Rankin-Porträts geistern: „Das war eher so eine Art New Wave mit Keyboards“, stellt Rankin klar.,,Keine Plattenfirma zeigte Interesse. In .Black and Blue‘, meinem achten Rebus-Roman, tauchen sie wieder auf: als weltweit erfolgreicher Act.“
Für diese extra düstere Serienmörder-Story, die noch nicht ins Deutsche übersetzt wurde, bekam Ian Rankin 1997 den renommierten „Gold Dagger“ verliehen. Prompt ging es steil bergauf mit dem Verkauf auch weit zurückliegender Werke wie „Knots and Crosses“ (1987, in Deutschland 13 Jahre später als „Verborgene Muster“). Dieser erste Rebus-Roman sollte eine moderne Gothic Novel werden über die dunklen Seiten der Stadt Edinburgh. „Ich war genervt, dass meine Version von ,Dr. Jekyll und Mr-Hyde‘ in den Buchladen bei den Krimis stand und nicht unter „Schottische Literatur“, erinnert sich der Missverstandene, der erst diskret zur Selbsthilfe griff, aber dann doch lieber sich selbst umstellte: auf Serientäter – ein Rebus pro Jahr, großenteils in Südfrankreich verfasst. Hier hofften Ian und seine Frau Miranda, billiger leben zu können als in Edinburgh oder London, wo er als Redakteur für „HiFi Review“ seine CD-Sammlung aufgestockt und frei erfundene Boxentests abgeliefert hatte.
Rankins workaholischer Detective John, ursprünglich als Jazzfan Marke „einsamer Existentialist“ eingeführt, steigt bald schon um auf Pink Floyd, die Stones und andere Beweise dafür, dass sein Stilempfinden ewiggestrig gestrickt ist. Für seinen Erfinder gilt das nur bedingt: „Ich höre auch schottische Bands wie Mogwai oder Arab Strap.“ Ansonsten verbringt er viel Zeit in der auch von Rebus bevorzugten „Oxford Bar“. Edinburgh ist ja die eigentliche Hauptfigur, wenn Rankin in immer neuen Anläufen ihren Dualismus beschreibt: Gentleman bei Tag, Mörder in der Nacht. „Hier weiß man vieles zu verbergen hinter der properen Fassade“, meint Rankin zum „Jekyll & Hyde“-Charakter seiner Stadt.
In „The Falls“ (ab August aufDeutsch als .Puppenspiel“) geht es um eine verschwundene Studentin aus reichem Haus, die in gefährliche Rollenspiele verwickelt war. Mit Schrecken werden die Rebus-Fans zur Kenntis nehmen, dass ihr Lieblings-Detective entscheidende Schritte einer Kollegin überlassen muss. Siobhan kommt mit dem Internet besser zurecht – und hört jüngere Bands, weil sie nicht wie Rebus Richtung „Rente mit 60“ steuert. Was hat Rankin vor – Rebus sterben lassen?
Das hätte er beinahe schon 1987 beim Finale von „Knots and Crosses“ getan. Damals fühlte er sich als Autor wie der Herrgott persönlich: „Ich allein entscheide über Leben oder Tod.“ Inzwischen hat sein Serienheld mächtig Eigenleben entwickelt Rankin, per Vertragfür 1,2 Millionen Pfund zu mindestens noch zwei weiteren Rebus-Runden verpflichtet, beruhigt seine Fans: „Schluss ist erst, wenn Rebus meiner müde wird, wenn er meint, dass ich nichts mehr über ihn zu sagen habe.“