Am Ausgang der Hölle
Bei Daisy Chainsaw knapp entkommen, macht Katrina J. Garside als Queen Adreena weiter
Heute stellt sie einfach keine Fragen mehr. Nicht sich und auch nicht mehr der Welt und vor allem nie wieder wie damals. In die Berge ist sie geflohen vor sieben Jahren, Hals über Kopf, und hat in klarer Luft nach Antworten geschrien und gewinselt. Warum Daisy Chainsaw, diese verfluchte und wunderbare Band sie in die Selbstzerstörung trieb und wo der Ausgang der Hölle sei. „Heute weiß ich, dass es keine Antworten gibt. Dass ich mich gehen lassen muss und nicht an Fragen denken darf, damit es mir wenigstens manchmal einigermaßen geht. Ich habe nichts mehr zu verlieren, ich bin transparent, wie Luft, niemand kann mich noch verletzen.“ Dann lacht Katrina Jane Garside kurz und schrill, trinkt einen Kübel Wasser wie der Säufer seinen Schnaps, zupft sich an ihrem Kleid, rauft sich die Haare, verschmiert ihren Lippenstift, lächelt wie Lolita on dope und klemmt sich dann die Hände zwischen die Beine.
Doch wehe, wenn sie losgelassen. Dann ist kein Mitleid mehr, nicht mit ihr und erst recht nicht mit den Zuhörern. Dann ist sie Queen Adreena, dirigiert ihren Hofstaat und gerät dabei selbst außer Kontrolle. Windet sich im gedichteten Elend und im hämmernden Lärm, macht uns erst gierige Blicke und streut gleich Salz in unsere Augen.
Auf der Bühne, sagt Katrina Jane, fühle sie sich oft „wie ein Spastiker am Haken, der nur dann weg darf, wenn alle anderen sich noch schlimmer fühlen“. Meist darf sie weg. Wer bei Tori Amos nur glaubt zu ahnen, was einen Triebtäter treibt, der weiß es hier und trägt das Mördermesser gleich noch in der feuchten Hand. Dass sie jetzt mit Crispin Gray, dem Gitarristen jener Daisy Chainsaw, ein Album von morbider Grandezza aufgenommen hat, ist wohl Schicksal, kein Plan. „Zusammen bilden wir einen magischen Zirkel. Tritt einer von uns aus dem hinaus, werden beide zu einem Nichts.“ Was die längste Zeit des Jahres der Fall ist – ein Riesendrama, dieses Leben, wenn die Bühne fern ist? „Nicht nur dann. Was mache ich da schon? Ein bisschen Steptanz, und ich zeig meinen Slip. Dann geh ich heim.“ Jetzt lacht sie wieder und zieht ihr Kleidchen hoch. Danach gehen wir heim. Irgendwie unruhig.