Alter Knabe!
Neil Hannon alias The Divine Comedy lässt sein Quality-Street-Britannien auferstehen.
Es tut gut, Neil Hannon mal in seiner natürlichen Umgebung spielen zu sehen. Im Taber- nacle in London, einem schmucken Theater in Notting Hill Gate, steht er nicht seinem natürlichen Feind gegenüber: der Sprachbarriere. „Ich glaube, ich leide mehr darunter als andere Künstler, weil meine Songs und meine Show sehr auf der englischen Sprache und dem britischen Humor basieren.“ So sei es wenige Tage zuvor in Leipzig gewesen: „Viele meiner Witze trieben durch den Saal wie diese Büsche in alten Westernfilmen.“
Hier im Tabernacle ist der in Dub- lin lebende Nordire jedoch ganz in seinem Element. Allein und klein, wie er ist, fast hinter dem Klavier verschwindend, erfüllt er den Raum dennoch mit seiner geschulten Stimme, seinem Witz, seiner Schlagfertigkeit. Das spürt man in Ansagen wie die zum Song „I Like“: „Ich schreibe ja sonst immer Lieder, bei denen man denkt: ‚Alter, mach hinne, sag’s ihr endlich!‘ Nun, das ist der Song, in dem ich das endlich mal tue.“ Szenen wie diese gibt es im Konzert zuhauf: „Ich habe das als meine Stärke entdeckt“, grinst Hannon, „ich kann ganz gut mit dem Publikum.“
In einer gerechten Welt wäre so einer Popstar – aber immerhin war es Hannon Mitte der Neunziger schon mal, als sein Album „Casanova“ und vor allem der Song „Something For The Weekend“ in England zum Hit wurde. Hannon erinnert sich gern daran, und grinst wehmütig: „Es war ein Unfall, dass ich Popstar wurde. Aber es war schön. Ich glaube, der bizarrste Moment war, als ich bei, Top Of The Pops‘ war und von Kylie Minogue anmoderiert wurde. Hach, sie war so klein, wie sie da vor der Bühne stand! Und dann gab’s noch diesen Abend in so einer Schicki-Disco, wo mir ein völlig besoffener Robbie Williams ins Ohr schrie, ich sei ein ‚fuckin‘ genius‘.“
Den Glauben an seine Songwriterkunst hat Hannon ohnehin niemals verloren: „Man hat mich von der großen Bühne an den Rand gedrängt, aber ich weigere mich, leise zu gehen.“ Spricht’s und lacht schallend. „Seitdem habe ich für Jarvis Cocker und Guy Garvey geschrieben, habe mit der bezaubernden Charlotte Gainsbourg gearbeitet, bevor sich Beck an sie ranmachte – irgendwann muss da ja wohl mal was im großen Stil klappen! Also mache ich weiter.“
Wenn dabei solche Alben wie sein wiederum fabelhaftes neues Werk, „BANG Goes The Knighthood“, herauskommen, kann man nur sagen: Gern! daniel koch