Alles düster
Die Dum Dum Girls sind eine doch eher zarte Frauen-Gang.
Kristin Gundred sitzt im Café des Ramones-Museums in Berlin und sieht aus wie eine dieser weiblichen Pilgerinnen, die es nicht wahrhaben wollen. Mit strenger Pony-Frisur und nachgezogenen Lidern, in Lederjacke, Minirock und zerrupfter Strumpfhose – alles in Schwarz – hockt sie da, als warte sie darauf, dass ein Ramone kraft all der Punk-Devotionalien des Museums auferstehen möge. Sogar ihr Bühnen-Ich hat sie nach einem von ihnen benannt: „Dee Dee“.
Dabei ist Gundred doch glücklich mit Brandon Welchez von den Crocodiles verheiratet. Die Band aus San Diego, mit ihrem Shoegaze-Pop ebenfalls clevere Vintage-Banditen, nehmen im Spätsommer von Berlin ihr drittes Album auf. Gundred ist mitgereist und macht Urlaub, in Songs wie „Bedroom Eyes“ und „In My Head“ hat sie sich mit der schmerzlichen Abwesenheit des Liebenden durch ihre Tourverpflichtungen auseinandergesetzt. Schließlich hat sie es mit den Dum Dum Girls, die sich als sinnlich-sinistre Frauen-Gang wie aus einem Tarantino-Drehbuch inszenieren, zur aufstrebenden kalifornischen Independent-Hoffnung gebracht – weniger niedlich als Best Coast, nicht ganz so tough wie Warpaint.
Im nostalgisierenden Sound findet der Retro-Chic der Dum Dum Girls seine logische Fortsetzung. Schon auf dem Debütalbum „I Will Be“, das 2010 bei Sub Pop erschien, verband Gundred den Drei-Akkord-Drive der Ramones mit dem Polaroid-Pop der Shangri-Las und der sehnsüchtigen Vibration von Chrissie Hynde oder Hope Sandoval. Sie selbst bringt es am besten auf den Punkt: „Ich wollte Pop-Songs schreiben und gleichzeitig in einer Rock’n’Roll-Band spielen.“ Für süffiges Reverb sorgte Richard Gottehrer. Der Blondie-Produzent hat im Verbund mit Sune Rose Wagner von den Raveonettes den Sound des neuen Albums „Only In Dreams“ nochmals entrümpelt – man verehrt offensichtlich Phil Spector. Auf dem Album verarbeitet Gundred auch den Tod ihrer Mutter, die mit einem Bild aus jungen Jahren noch auf dem Cover des Debüts abgebildet war. Für sie – und die Ramones – haben die Dum Dum Girls auf ihrer letzten EP einen tröstlichen Smiths-Song gecovert: „There Is A Light That Never Goes Out“.