Adam Green
In Deutschland ist der New Yorker ein Star - hier darf er im "Novotel" über- nachten und sogar mit einem Streicher- Ensemble auftreten.
Mein Gott, ist der Junge groß geworden: Vor drei Jahren war Adam Green noch der knuddelige Moldy Peaches-Boy. Ein versauter Bänkelsänger mit plüschigen Lippen, dem der liebe Gott aus einer Laune heraus die Stimme von Jim Morrison geschenkt hatte. Heute sitzt der einstige Held des New Yorker Anti-Folk in der pompösen Bar des pompösen Hamburger Hotels Atlantic, um über sein viertes Album, „Jacket Full Of Danger“, zu reden. Die Plattenfirma, das verrät er gleich, fürchtet in Deutschland einen Backlash seiner Popularität.
Steigst du oft in 5-Sterne-Hotels ab?
Nein, das ist nur eine Ausnahme, weil ich auf einer Promo-Reise bin. Auf Tourneen übernachten die Band und ich meist im Bus oder in preiswerten Ketten-Hotels.
Vielleicht in einem „Novotel“, so heißt jedenfalls einer deiner neuen Songs?
Ja. das war noch eines der netteren Hotels… Am meisten hat mich daran allerdings der Name fasziniert. Wenn man nach Deutschland kommt, ist man mit so vielen neuen Markennamen konfrontiert. Die prägen sich schnell ein, weil sie so exotisch sind. Vergleichbares gibt es natürlich auch bei uns, aber ihr habt die absurderen Namen…
Welche denn?
„T-Punkt“(kichert) Das sieht man überall. In den USA gibt es eine Show mit Ashton Kutcher, die heißt ähnlich: Punk’d. In den Fünfzigern bedeutete das Wort soviel wie: in den Arsch gefickt werden. Das haben sie sich im Knast ausgedacht: Und ein Punk war halt der arme Kerl, den sie sich auf diese Weise vorgenommen haben.
Worte führen manchmal ein bizarres Eigenleben… …bis sie als „T-Punkt“ enden.
(lacht sich fast kaputt).
Der Song „Novotel“ hat offenbar sogar Little Richard gefallen. Wie kam es zu dem Treffen?
Das Studio, in dem ich aufgenommen habe, liegt in einem großen Bürogebäude. Ich war gerade auf dem Weg dorthin, als ich im Aufzug mit Little Richard zusammenstieß. Er war auf dem Weg zu einem Fotoshooting oder einem Interview. Doch ich habe ihn überredet, mit mir ins Studio zu kommen und sich den Song anzuhören. Er sagte, er hätte noch nie im Leben von einem „Novotel“ gehört und das klänge auch nicht wie die übliche Art Gesang. Aber es hat ihm gefallen.
Ist dir das Urteil von Little Richard wichtig?
Na klar, er ist einer der besten Sänger, die ich je gehört habe. Und sein Einfluß auf die Musikgeschichte ist gewaltig. Könntest du dir Prince oder Sly Stone vorstellen, ohne dabei an Little Richard zu denken? Buddy Holiy ist allerdings genauso gut. Ich finde ihn so großartig, daß ich ihm gleich diesen typischen Buddy-Holly-Beat geklaut habe, für meine Single „Nat King Cole“.
Stimmt, der Beat erinnert tatsächlich ein wenig an „Peggy Sue“.
Das ist der beste Beat überhaupt, und dafür wird er viel zu wenig benutzt. Denk doch mal an diese ganzen Rhythmen (fängt an, auf dem Tisch herum zu klopfen): Die hat man doch zu Tode getrommelt. Aber das (jetzt trommelt er den „Peggy Sue“ Beat) ist einfach ein toller Pop-Sound. Man könnte damit glatt ein ganzes Album einspielen.
Im Text des Songs spielst du sehr viel mit dem Klang der Worte. Gibt es in „Nat King Cole“ überhaupt einen roten Faden?
Viele meiner Songs basieren auf Assoziationen und Stimmungen, aus denen heraus Bilder entstehen, die später zu Texten werden. Bei „Nat King Cole“ war ich in einem ganz bestimmten mentalen Raum: Ich las die Biografie von Miles Davis und war gleichzeitig fasziniert von einem Buch über die Geschichte der Slums und Ghettos in New York. Und dann war da noch dieser Künstler, Red Grooms, zu dessen Ausstellungen mich meine Eltern früher mitnahmen. Er baut lebensgroße Pappmache-Skulpturen, zum Beispiel einen Stadtbus in Originalgröße. An all diese Dinge mußte ich beim Schreiben denken. Nat King Cole ist für mich eine Brücke zwischen dem alten und dem neuen New York. Und überhaupt, sein Name – ist der nicht großartig? Er ist einfach wunderbar zu singen.
Es gibt überhaupt eine Menge guter Melodien auf „Jacket Full Of Danger“.
Das Album ist wirklich besser als zuletzt „Gemstones“. Dabei konnte ich mir vorher nicht vorstellen, daß ein Album besser sein könnte als „Gemstones“. Das kam so gut an. Und dieses ist noch besser! Wir werden sehen, was passiert, aber das ist auf jeden Fall ein Schritt nach oben.
Ist es auch ein Zeichen deines Erfolgs, daß du mit einem Streichorchester auftrittst?
Als „Friends OfMine“ rauskam, dachte Rough Trade, die Platte würde riesengroß. Sie glaubten, „Jessica“ würde ein weltweiter Hit. Etwas Gewaltiges. Ich durfte damals praktisch alles und sollte jede Show mit Streichern spielen. Das hab ich dann in New York, Los Angeles und London auch getan. Doch als die Platte herauskam, war klar, daß sie nirgendwo Nummer 1 werden würde. Seitdem mußte ich bei Konzerten auf Streicher verzichten.
FÜR ANFÄNGER
1 Mit seiner ersten Band, den Moldy Peaches, war Green in England beliebter als solo. Zu seinen Gigs kommen immerhin mehr Menschen, als Exemplare von seinen Platten verkauft werden.
2Randy Newman gefiel das Album „Friends Of M/ne“so ausnehmend gut, daß er es auf seiner Tournee 2003 vor den Konzerten spielen ließ.
3 Green trat mit seinen Song-Satiren unwahrscheinlicherweise bei „Rock am Ring“ auf.
4 Dort fuhr er im Kleinbus der „Volkswagen Sound Foundation“ zur Bühne.