Atompilze, Felsblöcke und rasende Trucks: Die zehn besten Momente des Indiana Jones
Die zehn besten Indiana-Jones-Momente
Von „Raiders Of The Lost Ark“ (1981) an haben wir die zehn besten Indy-Momente gewählt, von „Indiana Jones and the Temple of Doom“ (1984) über „Indiana Jones and the last Crusade“ (1989) bis „Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull“ (2008). Chronologisch geordnet.
1. Das goldene Idol (Raiders Of The Lost Ark, 1981)
Indiana Jones muss etliche Fallen überwinden, bevor er in diesem peruanischen Tempel ans Ziel seiner Schatzsuche kommt: zum goldenen Idol. Genial, wie Regisseur Steven Spielberg hierfür das Tempo mehr und mehr entschleunigt. Musste Jones sich vorab mit Gräben, Riesenspinnen und Holzpflock-Fallen auseinandersetzen, steht er hier vor einer ruhigen Aufgabe, die gleichermaßen physikalisches Wissen wie Gefühl erfordert. Als Zuschauer, vorab noch selbst außer Atem, versteht man zunächst gar nicht, worum es hier, im Angesicht des Goldschädels, geht.
Gleichzeitig lernen wir den Archäologen, dessen erstes Kino-Abenteuer wir hier sehen, gleich von seiner tragikomischen Seite kennen. Indy nimmt das Idol, denkt, er hätte es geschafft, lupft den Hut, dreht sich um – und das Chaos bricht aus. Symptomatisch für den Mann, der lediglich in einem von vier Kinoabenteuern an sein Ziel kommen wird (Bundeslade nichts, Heiliger Gral nichts, Kristallschädel nichts – nur die heiligen Sankara-Steine, die wird Indy ohne fremde Hilfe kriegen) .
2. Der Felsblock (Raiders Of The Lost Ark, 1981)
Nachdem Indy samt Idol den Giftpfeilen entkommen ist – genau, wir befinden uns immer noch in der ersten längeren Sequenz des Films – ist der Ausgang so nah. Dann hört er ein lärmendes Getöse, blickt nach oben – und sieht, als könnte es nicht noch schlimmer kommen, einen Felsblock auf ihn zurollen. Vielleicht die beeindruckendste Sequenz von „Raiders“, auf jeden Fall diejenige, die die Leute von den Sitzen riss. Der Felsblock war natürlich nicht aus echtem Stein; Harrison Ford, als physischer Schauspieler eine 1a-Besetzung, legt einen seiner überzeugendsten Spurts hin. Sein Stolpern ist unnachahmlich.
3. Der Schwertkämpfer (Raiders Of The Lost Ark, 1981)
Eine improvisierte Szene voller Einfallsreichtum. Im Original-Entwurf sollte Indiana Jones sich einen Fight mit dem Ägypter liefern, Peitsche gegen Schwert (davon existieren auch Bilder), allerdings war Harrison Ford am Drehtag kränklich, es grassierte Magen-Darm im Filmteam. Keine große Action möglich. Der Ägypter zieht also seine Show ab, und Indy zieht einfach seine Pistole. Spielberg spielt hier mit den Erwartungen an Kampfsequenzen – und zeigt, dass sein Held auch die schmutzigen Spielchen beherrscht. Man wünscht sich, diesen Moment noch einmal sehen zu können, ohne zu wissen, was kommt. Lustig bleibt er dennoch, auch beim hundertsten Mal.
4. Die Verfolgungsjagd mit Pferd und Trucks (Raiders Of The Lost Ark, 1981)
Die größte Action-Szene des Kinos. Eine Wahnsinnsarbeit an Stunt-Koordination und Schlägereien. Indiana Jones jagt, zunächst per Pferd, dann als Beifahrer, dann als Fahrer, die Nazi-Bande, die sich die Bundeslade geschnappt hat. Diese knapp neun Minuten demonstrieren, wie wenig die heutigen digitalen Effekte diesem Einsatz an Manpower von 1981 entgegenzusetzen haben. Unübertroffen bleibt der Moment, als Indy sich von der Kühlerhaube unter den fahrenden Lastwagen begibt, sich mit der Peitsche einhakt, nach hinten bis zum Auspuff schieben lässt – und dann wieder zum Angriff bläst. Auch Komponist John Williams haut hier wirklich alles raus.
„Truck? What Truck?“:
5. „Anything Goes“ („Indiana Jones and the Temple of Doom“, 1984)
Steven Spielberg liebt Musicals, aber eine Steptanz-Performance in einem Indy-Film einzubauen, das ist schon … mutig. Für das zweite Kinoabenteuer hatten sich Fans sicher John-Williams-Fanfaren zur Eröffnung erhofft, aber der Regisseur setzt ganz auf die Wirkung des Cole-Porter-Songs „Anything Goes“ aus dem gleichnamigen Musical, das ein Jahr vor den Ereignissen von „Doom“, 1934, uraufgeführt wurde.
Absolute Kinomagie. Das Lied ist auch programmatisch für den Verlauf dieses zweiten und besten Indy-Films, in dem Spielberg, Ideengeber Lucas und Darsteller Harrison Ford – er war nie muskulöser als hier – zeigen, was sich alles auf die Leinwand stemmen lässt. Das Glitzern im Bild ist nicht von dieser Welt, die Tänzerinnen befinden sich plötzlich auf einer viel größeren, erträumten Bühne, als der Nachtclub in Shanghai sie bietet:
6. Indys großer Peitschen-Einsatz („Indiana Jones and the Temple Of Doom“, 1984)
Jeder Indiana-Jones-Film hat mindestens eine Szene, in der der Archäologe dank Einsatzes seiner präferierten Waffe einer Gefahrensituation entkommt. Hier ist es ein kurzer Moment (ab 0:40), aber ein perfekt getimter und perfekt fotografierter. Indy schwingt sich von Brücke zu Brücke, während die Thugees ihn von allen Seiten unter Beschuss nehmen:
7. Finale mit Willie, Elefant und indischen Zwangsarbeiter-Kindern („Indiana Jones and the Temple of Doom“, 1984)
Indy hat allen Grund zu feiern, denn endlich hat er seinen Job alleine gelöst – ohne Hilfe von heiligen Kräften (Teil eins und drei) oder Außerirdischen (Teil vier). Er bringt die Sankara-Steine ins Dorf, und das Finale ist ganz großes Hollywood-Kino. Zuerst kommen Indy und Gang, dann werden sie von den befreiten Kindern überholt. Während Short Round und der kleine Elefant sich freuen, muss die störrische Willie erst noch überzeugt werden.
Dann endlich darf Indy sie küssen, wenn auch „nass küssen“ (der genaue Blick zeigt, dass Harrison Ford die Wasserfontäne bereits erwartet). Zuvor hatte unser Held sich seine Frau ganz souverän mit der Peitsche herangeholt – im heutigen Kino käme kein Film mehr damit durch.
Nie klang John Williams‘ Titelmotiv glorreicher und der Situation angemessener als hier:
8. Indiana Jones trifft Adolf Hitler („Indiana Jones and the Last Crusade“, 1989)
Mit dem Gedanken, Indy könnte es direkt mit dem „Führer“ zu tun bekommen, hatten Fans schon seit „Raiders“ von 1981 gespielt. Spielberg auch. Aber wie stellt man das an, in einer Action-Komödie? Der Regisseur sorgte mit dieser Szene tatsächlich für den größten Lacher: Indy, getarnt als deutscher Soldat, erkämpft sich bei der Bücherverbrennung auf dem damaligen Berliner Opernplatz seinen Weg durch die Menge – doch von der anderen Seite kommt Hitler direkt auf ihn zu.
Beide treffen sich in der Mitte. Mustern sich. Dann sieht Hitler das Buch in Indys Hand. Hitler versteht. Mit krakeliger Kinderschrift gibt der Diktator seinem „Fan“ ein Autogramm – mitten auf die Seite mit der Karte, hinter der der „Führer“ die ganze Zeit her ist. Indiana salutiert, kann sein Glück, noch mal mit dem Leben davongekommen zu sein, kaum fassen. Dann gehen beide ihrer Wege. Eine tolle Sequenz, die den Personenkult um Hitler auf die absurdeste Spitze treibt.
9. Indiana Jones und die Atombombe („Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull“, 2008)
Indy 4 präsentiert die wohl beeindruckendste Eröffnung seit „Raiders“ von 1981, eine, die auch den vergangenen 19 Jahren seit dem letzten Abenteuer Tribut zollt. Der gealterte Archäologe ist nun in den 1950ern angekommen, Amis gegen Kommies, und von der Area 51, wo Indy die ersten Ivans fertig machen muss, geht es per Test-Expresszug in ein künstliches Dorf in der Wüste New Mexicos. Wo ein Atomtest stattfindet. Den Indiana Jones überlebt, weil er sich in einen Kühlschrank einschließt.
Selten war ein Spielberg-Film verstörender als hier, die Schaufensterpuppen sind der reine Horror, die Postkarten-Idylle ist der reine Horror, der Countdown bis zur Zündung der Bombe auch. Indy in seinem markanten, altmodischen Kostüm wirkt wie ein Statist in einem Comic-Albtraum. Diese rasanten 15 Minuten haben alles, was dieser Film braucht: die Aliens, die Russen, die Pastell-Farben – und das vielleicht härteste Bild der ganzen Reihe, in der Konfrontation zweier ikonischer Darstellungen: Der Mann mit der Fedora und der Atompilz. Indiana Jones ist im Atomzeitalter angekommen. „Kristallschädel“ hätte ein großartiger Film werden können, erst ab der Mitte, ab dem Eintritt in den Dschungel, wird es billig.
Und wer die Atombomben-Szene als „Nuking The Fridge“ bezeichnet, hat die Filmreihe nicht verstanden.
10. Indy denkt an seinen Vater („Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull“, 2008)
Das Drehbuch des vierten Teils befand sich lange in der so genannten „Development Hell“ – unzählige Überarbeitungen des Stoffes und Uneinigkeiten zwischen den Filmbeteiligten, die den Drehstart verzögerten. In Frank Darabonts Fassung des Scripts war Sean Connery als Indys Vater, Henry Jones Sr., vorgesehen. Connery aber machte von vornherein klar, dass er unter keinen Umständen wieder vor die Kamera treten wolle, auch nicht für Spielberg. Damit war sein Rollentod, inzwischen schrieb David Koepp die Story um, beschlossene Sache. Der Senior war eine von Fans geliebte Figur, wie geht man mit seinem Verlust um?
In dem wohl berührendsten aller Indy-Momente sehen wir den Sohn, wie er gedankenverloren ein Porträtfoto des alten, verstorbenen Herrn anblickt, das eingerahmt auf seinem Schreibtisch steht. Für zehn Sekunden haben wir Connery wieder zurück. Harrison Fords Blick enthält alle Emotionen und Gedanken, die seine Figur gegenüber dem allmächtigen Vater bereithält: Skepsis, Liebe, Vertrauen, Unvertrauen, Hoffnung, Wunsch nach Anerkennung.
Indiana weiß, dass er sein vielleicht letztes Abenteuer bestreiten wird; er hofft, dass der Vater über ihn wacht.
11. Bonus: Indy hakt sich in die Brücke ein („Indiana Jones and the Temple Of Doom“, 1984)
„Shorty! Lao Chee, la tu tyun ta“, ruft Indiana Jones seinem Freund Shorty auf Chinesisch zu, dann verhakt er sein Bein in die Seile dieser sehr klapprig aussehenden Hängebrücke. Die hundert Meter über einem Fluß gespannt wurde, unten warten die Krokodile. „He no nuts, he’s crazy!“, schreit der Junge. Doch Indy ist nicht verrückt, er weiß, was er tut, als er die Seile der Brücke kappt, auf der sich die Feinde schon nähern. Oder weiß er etwa nicht, was er tut?
Als Indy seinem Widersacher Mola Ram droht, die Sankara-Steine in die Schlucht zu werfen, kann der nur lachen. Mola Ram bringt die Tragik des Berufszweiges der Archäologen auf den Punkt – als Forscher viel kleiner zu sein, als die Geschichte, zu der man forscht:
„Drop the stones, they will be found. You won’t!“