Sunn O))), Grimes, Jennylee – Die Alben der Woche vom 11. Dezember
Sunn O))) geben sich noisig aber differenziert, Jennylee von Warpaint wandelt auf dunklen Solopfaden und John McCleery löst die Traditionen auf: die Alben der Woche vom 11. Dezember
Album der Woche
Sunn O))) – „Kannon“
Quietsch. Fiep. Brumm. Grdldrhrrrg. Üüüp! Auch im 18. Jahr seiner Karriere flicht das kalifornische Duo Sunn O))) die schönsten und kontemplativsten Gitarrenrückkopplungen auf diesem Planeten, im Genre des melodiefreien Krachs sind Greg Anderson und Stephen O’Malley längst zu Superstars aufgestiegen. Als sie Mitte des letzten Jahrzehnts erstmals auf deutschen Bühnen zu sehen waren, verirrten sich nur ein paar blasse männliche Industrialhörer mittleren Alters zu ihnen. Inzwischen sind Sunn O)))-Konzerte zu Massenereignissen geworden. Tausende und Abertausende drängen sich in den Hallen, um sich mit nervenzerfetzend monotonen Feedbacks volldröhnen zu lassen. So erfreulich roh die Live-Auftritte von Sunn O))) bis heute gelieben sind – ihre Studioalben wurden über die Jahre immer „musikalischer“ und differenzierter. Auf „Monoliths & Dimensions“ aus dem Jahr 2009 etwa flochten sie Harfen, Flöten, Blechbläser und einen österreichischen Frauenchor in den Krach; im vergangenen Jahr brachten sie mit dem exzentrischen Extremknödler Scott Walker gar eine veritable Pop-Platte heraus.
Auf ihrem neuen Album, „Kannon“, dem ersten eigenen Langwerk seit fast sieben Jahren, haben Anderson und O’Malley sich nun aber wieder auf die Kernkompetenz des zeitlupenhaft zähen Kreischens und Dröhnens besonnen; nach eigener Auskunft wollen sie damit diesmal zentrale Aspekte der buddhistischen Lehre in klanglicher Form illustrieren. Einen wesentlichen Anteil an den drei neuen Stücken hat auch der ungarische Kunstgrunzer Attila Csihar, den das Fachpublikum schon seit den 90er-Jahren von der norwegischen Black-Metal-Band Mayhem her kennt, bei deren Konzerten er zuletzt bevorzugt in einem Bugs-Bunny-Kostüm herumzuhüpfen pflegte – der aber auch schon des Öfteren mit Sunn O))) zusammengearbeitet hat, so auch auf „Monoliths & Dimensions“. In „Kannon 1“ legt Csihar eine Art rhythmisch stotterndes Rülpsen über die sich gegenseitig umarmenden Gitarrenfeedbacks; in „Kannon 2“ gurgelt er einen ganzen gregorianischen Chor; in „Kannon 3“ singt er abwechselnd irgendwas, das eventuell Ungarisch ist, und dann immer wieder „Destroy! Destroy!“
(Jens Balzer, ROLLING STONE 12/2015)
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Weitere Veröffentlichungen in dieser Woche:
„Right On!“ heißt die neue Platte von Jennylee, mit der die Bassistin der Band Warpaint in wesentlich düsterere Klangwelten führt als vorher – klagende und hauchende Stimme inklusive. „Pagodes“ von John McCleery funktioniert da ganz anders: Eher als sich den dunklen Atmosphären zuzuwenden, versucht er sich daran, hergebrachte Formen und Akkord-Strukturen aufzubrechen. Das klingt erstaunlich gut und kann sogar fast als Post-Dubstep durchgehen. „Art Angels“ von Grimes muss dagegen erst einmal die eigene Charakteristiken finden. Sie hat sich für diese LP viel Zeit gelassen, um nicht als Web-Phänomen abgestempelt zu werden – originell klingt das Ergebnis auf jeden Fall. Fernsehmoderator Jools Holland geht mit seinen Traditionen anders um: Mit seiner langjährigen Gesangspartnerin, Ruby Turner, singt er seine Lieblingssongs und vier Neuheiten einfach noch einmal in sympathischen Duetten. Dass er ein guter Musiker ist, hat Holland aber natürlich in der BBC-Sendung „Later… with Jools Holland“ sowieso schon gezeigt.
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