Die Alben der Woche vom 02. Oktober – mit Wanda, Editors und Cristobal and the Sea
Die Editors reisen in Richtung Elektropop, Wanda aus Österreich verbreiten mit „Bussi“ ehrlichen Rock und Cristobal and The Sea segeln auf den Meeren der Weltmusik, um im Hafen des Pop zu landen.
Album der Woche
Editors – „In Dream“
Da haben uns die Editors ganz schön an der Nase herumgeführt! Wähnten wir sie mit dem in Nashville produzierten vierten Album, „The Weight Of Your Love“, bereits an Amerika verloren und im Konkurrenzkampf mit den Kings Of Leon, so legen die Birminghamer nun eine Vollbremsung hin und peitschen volle Kanne zurück. Da sie sich zurückgezogen in den schottischen Highlands wieder elektronischen Varianten zugewandt haben, kann man „In Dream“ als direkten Nachfolger von „In This Light And On This Evening“ betrachten, dem dritten Werk von 2009.
„No Harm“, der erste neue Track, den die Band vorzeigte, schien ein Zugeständnis an die Schwarzkittelfraktion zu sein, die sich immer noch ein Joy-Division-Revival-Album von den Editors wünscht, getragen von einem spacigen Beat. Tom Smith gibt hier jedoch alles, zeigt die ganze Bandbreite seiner Sangeskünste, vom Bariton hin zum Falsett. Schöne Grüße an Nick Cave und Thom Yorke! „I’m a go-getter“, behauptet Smith – „ich bin ein Mann der Tat“. Als überraschend leichtfüßig und eingängig entpuppt sich „Ocean Of Night“, das zunächst vom Piano bestimmt wird, bevor sich der Song immer mehr entfaltet. Die Backing-Vocals stammen von Slowdives Rachel Goswell, eine perfekte Ergänzung. „Forgiveness“ bricht mit einem 80er-Jahre-Synthie-Intro weniger behutsam an – dennoch kann man sich der Erhabenheit des Tracks und Smiths Vortrag nicht verschließen. Insbesondere wenn er „The flag in your hand don’t make you American“ konstatiert und „Be forever young“ fordert. Wo wir schon bei den Eighties sind: Auf „Our Love“ nähern sich die Editors tatsächlich Bronski Beat so weit wie nur möglich an, bevor sie im furiosen Finale – anders als bei Journey, aber ähnlich vehement – insistieren: „Don’t start believing!“ Mit fast acht Minuten bilden die „Marching Orders“ einen würdigen Abschluss.
So abwechslungsreich zeigten sich die Editors noch nie. Aber auch wenn es vielleicht nicht immer gleich offensichtlich war: Bisher klang jedes ihrer Alben anders.
(Frank Lähnemann, ROLLING STONE 10/2015)
Weitere Veröffentlichungen in dieser Woche:
Die Editors haben in dieser Woche in Berlin einen ersten Live-Eindruck von ihrem neuen Album „In Dream“ gegeben und gezeigt, dass sie wieder eher in Richtung Elektropop tendieren. Damit schließen sie an „In This Light and on This Evening“ an, das schon 2009 veröffentlicht wurde – und auch deutlich macht, dass sie es schaffen, jede Platte anders klingen zu lassen. Mit Eagles Of Death Metal und „Zipper Down“ geht es hingegen nicht ganz so vielseitig zu: Jesse Hughes und Josh Homme pressen lieber ihre Konterfeis auf die Brüste einer Unbekannten und haben anscheinend zu viel Geld, Langeweile, kurzum: nicht genug Inspiration, um eine aufregende LP aufzunehmen. Bei Cristobal and the Sea läufts da anders: Die Wahl-Briten bereisen das Meer der Weltmusik und holen sich Einflüsse von allen Kontinenten – und sind damit bei einem Platten-Debüt so vielseitig, dass andere durchaus von ihnen lernen könnten. Lernen muss sie vielleicht nichts mehr: Janet Jackson veröffentlicht mit „Unbreakable“ die erste Platte seit sieben Jahren – und hat es immer noch drauf, selbstbewusste Platten zu machen, die fast so wie ihr Blick auf dem Cover der Platte, Sphinx-haft über die Welt wachen.
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