Köln gegen Gladbach – das brisanteste Derby der Bundesliga
Der Irrsinn geht steil, wenn der 1. FC Köln auf Borussia Mönchengladbach trifft. Nicht erst seit der Ära Netzer/Overath steigert sich das Umfeld regelmäßig in hysterische Gefühlswallungen. Die Mailänder Scala ist nichts dagegen.
Bereits am Montag sprach das rheinische Boulevardblatt Express vom „Derby-Zoff“. Köln gegen Gladbach – das bedeutet mindestens eine Woche Medienfeuerwerk aus und in allen Kanälen. Und das nicht erst seit der irrsinnigen pitch invasion einiger Kölsch-Ultras in Maler-Ganzkörper-Overalls beim letzten Match im Borussiapark. Was manche als derben Karnevalsscherz verstanden – das Spiel lag inmitten der Tollen Tage – brachte dem FC eine dicke Geldstrafe und drei Spieltage mit halb gesperrter Fantribüne ein. Während der Ruhrpott-Klassiker Dortmund vs. Schalke als mehr oder weniger domestiziert gilt und HSV gegen Werder auch nicht das ist, was es mal war, brennen beim Nachbarschafts-Kick am Rhein regelmäßig alle Sicherungen durch.
Besonders die aktuelle Konstellation, in der BMG (die in Müngersdorf seit den Siebzigern stets zur Höchstform auflaufen) mit null Punkten am Tabellenende rumkrebsen muss und der FC sich gerade eine 2-zu-6-Packung im Waldstadion abgeholt hat, macht die Sache nicht entspannter. Da treffen zwei angeschlagene Boxer aufeinander; wobei Köln in puncto Verletzungen und allgemeiner Atmo die etwas besseren Karten hat. Doch wie gesagt: Gladbach hat sich bei den Geißböcken schon mehrfach aus der Krise gezaubert, und es wäre kein Wunder, wenn Lucien Favres Truppe mit einem furiosen 4:1 Wiederauferstehung feiert. Die schwere Verletzung von Multiplayer Lars Stindl hin, die Verunsicherung der „Bauern“ (wie die niederrheinische Landbevölkerung auf der Kölner Südtribüne verunglimpft wird) her. Das Duell Stadtmaus, wahlweise „Arrogantia Colonia“, gegen Landmaus, wahlweise „Die Fohlenelf“, ist selten mit rationalen Maßstäben zu messen/zu verstehen. „Kölner Hooligans attackieren Gladbach-Fans – FC und Borussia – woher kommt der Hass?“ fragt nicht nur die eigentlich neutrale Rheinische Post aus Düsseldorf. Wir antworten: „It´s An Art Thing, You Wouldn´t Understand“. Fight Club Voodoo in einer Gegend, wo die meisten der Aggressoren am nächsten Montag sehr wahrscheinlich im gleichen Büro oder an der gleichen Werkbank stehen. Der Kölner Stadtanzeiger listet wohlfeil die „brisantesten Derbys der Welt“ auf. Vom Old Firm in Glasgow bis zum Superclasico Boca Juniors gegen River Plate in Buenos Aires. Fazit: „Wenn Erzrivalen aufeinandertreffen, macht der gesunde Menschenverstand Pause“.
Dem ist nur wenig hinzufügen. Spannend auf jeden Fall, wie sich der Boykott der organisierten Gladbacher Fans wegen der personalisierten Auswärts-Tickets auswirken wird. Schließlich haben die Kölner Ultras (trotz Erz-Erz-Feindschaft) mit einem solidarischen „Stimmungs-Boykott“ gedroht. Die spinnen, die Rheinländer. Aber langweilig wird es dort nie.