Jimmy Page im Interview: „Seifenopern interessieren mich nicht, ich bin schließlich Musiker“
Mit der Wiederveröffentlichung der letzten drei Led-Zeppelin-Studioalben kommt Jimmy Pages Hauptaufgabe der letzten Jahre, den eigenen Backkatalog und somit das eigene Erbe in die (klangliche) Gegenwart zu holen und für die Zukunft zu sichern, zu einem Abschluss. Von Markus Brandstetter
Der Hüter des Erbes einer der größten Rockbands der Musikgeschichte zu sein ist wahrlich keine leichte Aufgabe – gerade wenn sich so viele Mythen und offene Fragen um die eigene Bandhistorie ranken wie bei Led Zeppelin. Jimmy Page hat aber nicht nur eine genaue Vorstellungen vom Klangbild, mit dem er das eigene Werk der Gegenwart und der Nachwelt übergeben möchte (wie die Remastered-Editionen belegen), sondern auch, wie die Öffentlichkeit seine Band in der Rückschau möglichst betrachten soll. Page weiß genau, worüber er sprechen möchte – und das schließt größtenteils offene Fragen oder gar kritische Betrachtungen aus.
Gedanken über die Bedeutung von Led Zeppelin
Wie es beispielsweise nach dem keyboardlastigen, größtenteils von John Paul Jones geschriebenen letzten Studioalbum „In Through The Outdoor“ weitergegangen wäre, ist für den Gitarristen und Produzenten, wie er im Gespräch im Berliner Grand Hyatt freundlich, aber bestimmt zu verstehen gibt, weit weniger wesentlich als die Erörterung, warum die Band seiner Meinung nach stets so großartig war. Keine Frage, hier ist sich jemand der eigenen historischen Relevanz – gelinde gesagt – durchaus bewusst.
Für Page bedeutet die Wiederveröffentlichung dieser letzten drei Led-Zeppelin-Alben als Remastered-Editionen das Ende eines einjährigen Promo-Marathons. Nachdem eine Reunion der Band, die sich 2007 für eine sensationelle One-Off-Show in der Londoner O2-Arena zusammenfand, am Nichtwollen Robert Plants scheiterte, konzentrierte sich Page in den letzten Jahren darauf, den gesamten Backkatalog in die Gegenwart zu holen – in einem auf den neuesten technischen Stand gebrachtem Klangbild und mit jeder Menge Bonusmaterial versehen. Nun erscheinen mit „Presence“, „In Through The Outdoor“ und „Coda“ die letzten drei Longplayer in verschiedenen Editionen.
ROLLING STONE: „Presence“ wurde damals in nur achtzehn Tagen aufgenommen, für die Gitarrenoverdubs benötigten Sie überhaupt nur eine Nacht – und das in einer für Led Zeppelin relativ schwierigen Zeit. Woher kam dieser Drive?
Wir haben „Presence“ aufgenommen, nachdem Robert Plant einen Autounfall hatte. Die Proben für das Album fanden in Los Angeles statt, für die Aufnahmen ging es im Anschluss nach München. Es war alles sehr konzentriert. Hier waren wir also in München, und Robert hatte sein Bein noch immer im Gips. Es gab eine Menge Gespräche darüber, die man in einer Band normalerweise nicht führen muss: Wie er denn gehen können wird, solche Fragen eben. Es war aber auch Robert, der unbedingt aufnehmen wollte, und er hat auf dem Album wirklich sein Herz rausgesungen. Einer der Songs, die wir damals in L.A. geprobt hatten, war „Achilles Last Stand“. Ich hatte eine Menge Ideen, die ich verwirklichen wollte. Als wir die Basic Tracks aufgenommen hatten – es waren mehrere pro Tag – gingen die anderen in einen Club, und ich habe mich daran gemacht, die Gitarren für „Achilles Last Stand“ einzuspielen. Und dann habe ich eben alle Gitarrenoverdubs in dieser einen Nacht aufgenommen. Es gab dafür zwei Gründe: Einerseits war es ja schon alles in meinem Kopf, seit wir die Proben gehabt hatten, da hatte ich es für mich bereits ausgearbeitet. Ich wollte mir einfach selbst etwas beweisen: eben, dass ich das kann. Am nächsten Tag kommen dann die Jungs ins Studio und alles war fertig. Es war für mich ein persönlicher Meilenstein, eine Leistung.
Ich nehme an, Ihre Kollegen waren beeindruckt.
Ja, durchaus. Ich hatte Ihnen ja von den Grundideen bereits erzählt, und als sie dann am nächsten Morgen reinkamen, konnten sie hören, wie sich das alles bereits manifestiert hatte.
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