Arnold Schwarzenegger :: Terminator: Genisys
In „Terminator: Genisys“ sehen wir die Rückkehr Arnold Schwarzeneggers als Cyborg – ergraut und durchaus selbstironisch, aber auch im verzweifelten Kampf gegen Spezialeffekte.
Beim „Terminator“-Franchise, bis zum jetzigen Beitrag vier Filme und eine Fernsehserie seit 1984, konnte man mit den Zeitebenen schon mal durcheinander kommen. Wer wurde wann und warum in die Vergangenheit geschickt, um wen zu stoppen? Cyborg gegen Mensch, Cyborg gegen Cyborg? Soll John Connor getötet werden, oder gleich seine Mutter Sarah? Und wenn John getötet wird – kann er seinen Freund Kyle Reese später überhaupt noch in die Vergangenheit schicken, um … Es ist eine komplizierte Angelegenheit. Diesen Verwirrspielen weicht „Terminator: Genisys“ (Regie: Alan Taylor) durchaus charmant aus. Wesentliche Handlungsstränge sind Zitate aus dem Original-„Terminator“. Reese (Jai Courtney) wird von der Zukunft ins Los Angeles des Jahres 1984 geschickt, es kommt zur Wiederaufführung einiger ikonischer Szenen: Wie sich der nackte Soldat Reese mit den Klamotten eines Obdachlosen einkleidet, seine Flucht ins Kaufhaus, oder auch die erste Konfrontation des Terminators T-800 (Schwarzenegger) mit einer Gruppe Punks (einen von ihnen spielte 1984 übrigens der noch unbekannte Bill Paxton). Inklusive der berühmten Arnold-Zeile in österreichischem Dialekt: „Your clothes. Give them to me. Now.“
Die Stärke des Films liegt in den Zitaten aus dem ersten Film – und ihren Abwandlungen: Jene „Clothes“-Szene enthält auch hier den jungen Schwarzenegger von 1984, so gestochen scharf, als wäre er in der Neuzeit gefilmt worden. Sehen wir hier eine Originalszene oder das Ergebnis neuer Computertechnik? Diesmal jedenfalls müssen die Punks nicht dran glauben. Der Schwarzenegger von 2015, älter, grauer, faltiger, Fass-förmiger, kommt rechtzeitig dazwischen und liefert sich einen Kampf mit seinem Vorgänger. 1984 trifft auf 2015, die Ein- und Nachbearbeitungen sind kaum voneinander zu unterscheiden.
Der Gestaltwandler aus flüssigem Metall
Im Interview erzählt Arnold Schwarzenegger von seiner Verblüffung, es im Film mit seinem 30 Jahre jüngeren Ich zu tun bekommen zu haben: „Ich stieg in den Kampf mit einem Bodybuilder, dem ehemaligen Mister Universum.“ Aufregend, sagt er, sei dann die Post-Production gewesen, die Bearbeitung der Szene abzuwarten, was bis zu ein Jahr dauern konnte: „Wie werde ich mich in dem Fight geschlagen haben?“ Da „Terminator 2: Judgement Day“ (1991) auch noch zum von Fans geliebten Kanon gehört (Teil 3 und „Terminator: Salvation“ nicht), machen wir nach wenigen Filmminuten auch wieder Bekanntschaft mit der Figur jenes eher schmächtigen Polizisten-Terminators, dem T-1000, ein Gestaltwandler aus flüssigem Metall.
Was für ein Trubel! Im Jahr 2029, die Maschinen beherrschen nach dem von ihnen ausgelösten Atomschlag eine Welt in Trümmern, schickt Rebell John Connor (Jason Clarke) seinen zuverlässigsten Mitstreiter Kyle Reese zurück in die Vergangenheit. Er soll Connors Mutter Sarah (Emilia Clarke) vor dem ebenfalls – aber von den Maschinen zurück geschickten – Terminator beschützen, damit sie den späteren Retter der Menschheit überhaupt gebären kann. Hier kommen die verschiedenen Erzählebenen elegant ins Spiel: Ein neuer Terminator, die gute Version des Arnold, ist längst vor Ort und passt auf. Sarah Connor nennt ihn „Paps“, so zuverlässig ist er.
Schwarzenegger hat seit seiner Rückkehr ins Filmgeschäft 2010, von den „Expendables“-Nebenrollen abgesehen, keinen Hit mehr landen können. Natürlich nimmt er seine bekannteste Rolle dankbar an. Die Referenzen kommen geballt, hier können „Terminator“-Chronisten ihre Häkchen setzen: Es gibt das klassische „I’ll be back“-Zitat; der Cyborg versucht sich an Mimikry, er zeigt sein schreckliches Grinsen; er macht den Thumbs-up; er äußert zum dramatischen Finale den Wunsch: „Kyle Reese. Protect My Sarah“. Da dieses Trio erstmals in einem Film zusammen unterwegs ist, gibt es auch einige lustige Eifersuchtsszenen zwischen „Paps“ und Sarah Connors zukünftigen Liebhaber Reese.
“ … If You Want To Live“
In ihrer Darstellung der Sarah Connor geht Emilia Clarke gleich in den „Terminator: 2“-Modus: So wie Linda Hamilton 1991 ist sie nicht mehr die weinende Bedienung aus dem Schnellrestaurant, sondern eine Maschinengewehr-erprobte Freiheitskämpferin und die treibende Kraft in allen Notlagen. Hamilton, sagt Emilia Clarke im Interview, habe sie zur Vorbereitung auf ihre Rolle zwar nicht treffen können, ein Vorbild aber sei sie so oder so. Jene in die Popkultur eingegangene Zeile „Come with me if you want to live“ stammt diesmal von Connor, und im Gegensatz zum Original von 1984 ist sie es, nicht Reese (damals von Michael Biehn verkörpert), die uns auf der Flucht und atemlos erklärt, wie ein Cyborg funktioniert.
Alan Taylor, der sich im Fernsehgeschäft als Regisseur von „Game Of Thrones“, „Mad Men“ und „Sopranos“ durchaus einen Namen gemacht hat, weiß, dass die ersten beiden „Terminator“-Filme von James Cameron nicht zu toppen sind. Sein Beitrag ist daher keine Weiterentwicklung, sondern eine Hommage an die Klassiker. Das ist immer noch besser, als unbefriedigende neue Storys zu präsentieren, wie es die beiden letzten „Terminator“-Filme taten. Dieses Werk ist eher Reboot als Fortsetzung. Ein kleines Kopfnicken in Richtung Zeitgeist ist die Idee, dass die bösen Computer von „Skynet“ ihre Macht erst dadurch erlangen, dass die Menschen die Datenkrake mit Angaben aus ihren Social-Media-Profilen bereitwillig füttern. „Die ersten beiden ‚Terminator’-Filme standen unter dem Eindruck des Kalten Kriegs“, sagt Clarke. „Die jetzige Gefahr eines gläsernen Menschen spiegelt unsere heutigen Ängste wider.“
Die Selbstironie und Zitate sind es, Schauspieler-Arbeit eben, die „Terminator: Genisys“ beleben. In einer – leider unterrepräsentierten – Nebenrolle als Polizist ist J.K. Simmons zu sehen, mit dem sich der Zuschauer vielleicht am leichtesten identifizieren kann. Ihn haben, so wie uns auch, die unterschiedlichen Erzählebenen durcheinandergewirbelt. Er traf 1984 auf die Zeitreisenden und die Killermaschine. Keiner will ihm das glauben, damals nicht, heute nicht, jetzt ist er Alkoholiker.
Hubschrauber fliegen wie Raumschiffe
Dazu wird der Anführer der Menschheit, John Connor, einen unerwarteten Wandel seiner Einstellung durchleben, mehr oder weniger freiwillig. „Das Armageddon kommt“, sagt Connor-Darsteller Jason Clarke im Gespräch. „Und in Johns Boot ist nicht genügend Platz für alle Menschen. Er muss Entscheidungen treffen, die unbequem sind.“ Dafür, so Clarke, sei seiner Figur eine Last von den Schultern gefallen, John Connor hätte in den früheren Filmen ja schwer an seiner Verantwortung zu tragen gehabt.
Vieles in „Terminator: Genisys“ geht also in die richtige Richtung. Die Action-Szenen jedoch sind enttäuschend. James Camerons „Terminator“-Filme sind die bis heute gültige Messlatte. Er perfektionierte einst das Spiel der Stuntmänner und Maskenbildner, und mit dem flüssigen Terminator inszenierte CGI-Pionier Cameron dann schließlich ein Pixel-Kinogeschöpf, das man sich 1991 noch nicht einmal hätte ausmalen können.
In „Genisys“ aber gibt es die heutigen, immer mehr ermüdenden Standards. Jenen Computer-Effekte-Mischmasch samt Schwerkraft-Übertreibungen: Hubschrauber sind so wendig wie Raumschiffe, Menschen wie springen wie Grashüpfer, und alle sind zu schnell. Die Fallhöhe zwischen Mensch und Cyborg hat abgenommen. Dabei war gerade das doch der Reiz der frühen „Terminator“-Filme: Wie bloß können wir schwachen Lebewesen es mit jenen perfekten Robotern aufnehmen?
Terminator: Genisys, ab 2. Juli in den Kinos.