Element Of Crime live in Berlin: Romantik, Verschrobenheit und glückliche Gesichter
Die Band um Sven Regener gibt im Tempodrom auch am dritten Abend in Folge ein großartiges und umjubeltes Konzert
Es ist das dritte Konzert im Tempodrom in Folge – und wieder sind die Ränge nahezu komplett gefüllt. Und was soll man sagen? Die Emphase, mit der sich Regener in nahezu jedes Stück wirft, wie er die Trompete sanft im Arm hält, über die Bühne wankt – das alles zeigt vor allem eines: Element Of Crime werden mit ihrer Kunst weitermachen – bis es nicht mehr geht. Doch dazu später.
Den Anfang machen die sehr charmanten Apples In Spaces. Das Kollektiv, bestehend aus einer Norwegerin und einem Berliner, spielen Folk-Songs mit Satzgesang – ziemlich großartig. Vor allem, als sie sich bei der Zugabe durch Schlagzeug und Keyboard verstärken, erreichen sie die milde Opulenz, die sich auf ihrem Debüt-Album an einigen Stellen andeutet. Das Werk ist unter Mithilfe von Element Of Crime Drummer Richard Pappik entstanden.
Dann betreten Element Of Crime die Bühne. Nur wenige deutsche Bands agieren mit dieser Konstanz und qualitativer Güte. Element Of Crime sind eben eine Institution – um diesen recht formelhaften Begriff zu verwenden. Dass sie das Tempodrom auch am dritten Tag in Folge nahezu ausverkaufen, zeigt, wie viel Strahlkraft die Band immer noch hat. Vielleicht haben sie sich auch so lange gehalten, weil sie die richtigen Assoziationen wecken: Hafenidyll, die See, ranzige Kneipen – Orte mit Charakter, die den Hang zum Verschrobenen gleich mitliefern.
Durch die Kauzigkeit Sven Regeners wird genau das transportiert, was man an dieser Band auch an diesem Abend so schätzt: Eigensinn und Authentizität. Anders als andere Lieblinge des Feuilletons sind Regeners Texte nicht zu verkopft: Wörter wie „scheißegal“ oder „versaut“ finden sich sogar in den schönsten Kompositionen. Dabei folgen sie meistens einem ähnlichen Muster: Alltägliche Situationen werden zunächst feinsinnig beschrieben – und im weiteren Verlauf des Songs tut sich eine Liebessituation auf, die entweder durch das Flehen nach ihr oder in der melancholischen Rückschau ihren Ausdruck findet.
Die neuen Stücke von „Lieblingsfarben und Tiere“ gewinnen in der Live-Fassung. Der Sound ist bisweilen ein wenig rockiger, wenn auch glasklar. Beim vierten Stück, „Rette mich! (vor mir selber)“, wird das obligatorische Ritual vollzogen: „Romantik!“, poltert Regener mit ausgestreckten Armen – und das ist spätestens der Moment, da man angekommen ist in diesem Konzert. Auch danach wird man nicht viel mehr als ein im herrlich schnoddrigen Hamburger Sprech vorgetragenes „Danke sehr!“ vernehmen. Und mehr braucht es auch nicht. Nur einmal holt Regener ein wenig weiter aus, als er zu Protokoll gibt, wie schön das neue Tempodrom gelungen sei: Es tropfe nicht mehr von der Decke.
Die Setlist, die 25 Stücke umfasst, ist ausgewogen – da kann es sein, dass das recht neue Stück „Am Ende denke ich immer nur an dich“ – mit seiner skurrilen Spielplatzsituation – zum Highlight avanciert. Klassiker wie „Weißes Papier“ und „Delmenhorst“ sind natürlich ebenfalls Teil des Abends. Nirgends paaren sich Traurigkeit und Schönheit besser als bei der Zugabe „Vier Stunden von Elbe 1“ von „Damals hinterm Mond“ von 1991. Die Bühne erstrahlt in tiefem Blau, das Stück wird – nur von einer Mundharmonika getragen – zum Höhepunkt des Konzerts.
Danach kann nicht mehr viel kommen. Doch zum dritten Mal kehren die Musiker zurück und entlassen ihr Publikum mit „Dieselben Sterne“ in die Nacht.