Willander sieht fern
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Arne Willander schaut fernKolumne

‚Ich bin ein Star, holt mich hier raus!‘ Walter versagt wieder erfolgreich, Angelina mäkelt und kränkelt – die Abwahl kann beginnen. Dschungelcamp, Tag sieben

Nach einer Woche geht es ans Eingemachte: Es ist wie immer damit zu rechnen, dass die Unauffälligen, die Vernünftigen und Pragmatischen zuerst gehen müssen, während die Egozentriker, Schwätzer und Hypochonder zum Pläsier der Zuschauer vor Ort bleiben. Walters Plan wird wahrscheinlich aufgehen: Er IST ein guter Entertainer, liefert die Steilvorlagen und Pointen.

Am siebten Tag kommt das Fähnlein endlich auf etwas zu sprechen, das es im Dschungel nicht gibt – der Gedanke ans Geld ist aber bleibender Trost. Falschmeldungen über die Gage in der Presse werden offenbar als narzisstische Kränkung empfunden; und die Angabe „Tausend“ wird nicht ausgesprochen. „Bei mir stand 20 – dafür würde ich nicht einmal meine Arschbacke herschieben“, raunzt Aurelio. „Jetzt tu nicht so, als würdest du übelst viel mehr kriegen als alle anderen“, giftet Angelina. „Diese Kellner-Jobs und so, das ist total ätzend“, findet Tanja. „Bei 60, 70 ist Schluss“, glaubt Patricia, die Saras Honorar nicht kennt.

Der Fantast Walter greift bei der Prüfung betulich in Mülltonnen mit Gedärm, Gewürm, Reptilien und Fischzeug und verweist auf „vier Venen-Operationen“, die ihn am schnelleren Gehen hindern. „Du hast vollkommen recht, Daniel – es ist nicht machbar“, befindet er in aller Ruhe (das hatte Daniel nicht behauptet) und erringt genau einen Stern. Das wird ein karges Mahl am Lagerfeuer, doch Walter fürchtet keine Proteste. „Ach, die es werden es schon fressen, mein Gott.“ Angelina isst nichts mehr, bemäkelt die Konsistenz des Reises („Risotto“) und kritisiert, er „schmeckt wie Kotze“. „Mit meinen Kräften wird es sehr, sehr knapp“, klagt die Kindliche. „Im nachhinein überlege ich auch, ob ich ein bisschen zu jung für das ganze Experiment bin. Wenn ich könnte, würde ich lieber sofort aufhören“, so Angelina. Das ist freilich gerade die Pointe der Veranstaltung: dass jeder jederzeit sofort aufhören kann. Von Benjamin fordert Angelina, dass er ihr die Schuhe reicht – was den sonst Leblosen immerhin zu einer Unmutsäußerung anregt: Das sei „ein bisschen divamäßig von sie“. Maren würde der Kapriziösen gern „die Ohren lang ziehen“.

Walter liefert die Pointen und das Futter für die Berichterstattung

Nach einer Woche beginnt nun die Abwahl. Es ist wie immer damit zu rechnen, dass die Unauffälligen, die Vernünftigen und Pragmatischen zuerst gehen müssen, während die Egozentriker, Schwätzer und Hypochonder zum Pläsier der Zuschauer vor Ort bleiben. Rebecca, Benjamin und Jörn sind also versetzungsgefährdet, ebenso Aurelio, der die Konfrontation mit Walter vermieden hat. Walters Plan wird wahrscheinlich aufgehen: Er IST ein guter Entertainer, liefert die Steilvorlagen und Pointen, das Erregungs- und Empörungspotential und das Futter für die Berichterstattung. Er ist der Mann, den zu hassen man liebt. In der Verzweiflung des Abgehängten, der nichts mehr zu verlieren hat, mobilisiert Walter seine Eloquenz und sein Selbstmitleid, und seine Paranoia und sein Realitätsverlust fügen sich zu einem geschlossenen solipsistischen Weltbild. Jeder Spott bleibt wirkungslos, denn Walter hat sich ja WIRKLICH bei der SPD als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten beworben: Ihm eignet die unwiderstehliche Chuzpe des Hochstaplers und Eulenspiegels. Dass alles ein Spiel ist, hat er intuitiv erfasst – und damit entspricht er vollkommen den Regularien des Dschungelcamps.

Hoffentlich bleiben uns Werbung für Mietwagen mit dem weißhaarigen Ralf Richter ebenso erhalten wie die Anpreisung der Fibel über Traktoren-Legenden. Sogar das „RTL Nachtjournal“ hat die Nachrichten vom Weltgeschehen angepasst: Viele Männer, hat die Forschung festgestellt, sitzen zu breitbeinig in der U-Bahn.

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