Beck
Guero
Universal
Der Experimentator bleibt diesmal bei seinen Leisten
Sein neues Album, sagte Beck Hansen im ROLLING-STONE-Gespräch, sei eine Hochzeit zwischen Experimentierfreude und emotionalem Songwriting. Da damit eigentlich alles gesagt ist, kann man sich – wie schon beim letzten Album, „Sea Change“ – alle weitere Suche nach Semantik, Signifikanten und Spuren in der Verweis-Hölle sparen und dem Künstler in seiner Unlust an der Überinterpretation folgen.
Tatsächlich ist an „Guero“ gar nichts mehr theoretisch oder etwa übertrieben eklektisch, sondern ganz organisch und selbstverständlich. Beck bleibt bei seinen Leisten, singt seine – freilich nach wie vor eher skizzenhaften – Lieder zu kleinen Gitarrenriffs und jenen Beat-Szenarien, die auf „Odelay“ zur Vollendung gelangten. Led Zeppelin-Rock und Slacker-Gesang beim tollen Opener „E-Pro“, urban soul und altmodische HipHop-Beats bei „Que Onda Guero“, Blues-Gitarre und fröhliche Surf-Psychedelia beim sehr pointierten „Girl“: Wie in einer Art Bestandsaufnahme des eigenen Vermögens bringt Beck sich mit diesen Liedern selbst auf den Punkt, anstatt noch eine weitere Möglichkeit zu addieren.
Wer nun immer nur verbrannte Erde fordert, wird dem Künstler wohl Stillstand und Behäbigkeit vorwerfen, womöglich mit einigem Recht. Doch „Guero“ ist vor allem deshalb eine wunderbare Platte, weil Beck diesen Moment lang innehält und sich um Vertiefung bemüht Schließlich braucht es immer zehn Jahre, um eine Musik-Idee souverän zum Ausdruck zu bringen, und in diesem Sinne ist der Beck auf „Guero“ der beste, den man bislang kriegen konnte. So beim völlig entrückten, traumversunkenen „Broken Drum“: Beck singt parallel zum Klavier eine leicht asiatische Melodie, und drumherum schwimmt alles in einem Zeitlupenmeer, daß einem ganz weh ums Herz wird.
Der hintere Teil der Platte konzentriert sich auf den alten storyteller blues; Beck organisiert sparsame Licks um schlurfende Beats und dezente Samples zu kleinen, effizienten Roots-Etüden. Am Ende steht das spirituell-jenseitige „Emergency Exit“, ein Lied über die Plage des Lebens und die Hoffnung darauf, daß der gute Gott die gepeinigte Seele bald erlösen möge. „Now hold your hand unto the plow/ Work your body till the sun goes down/ What’s left of death is more than fear/ Let dust be dust and the good lord near.“ Höre ich ein Amen?