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50 Ereignisse, die den Rock’n’Roll veränderten – Teil 3
Jacko, Herbie, Axl – die wichtigsten Momente des Rock: das Finale. 1983-2014
16. Mai 1983: Moonwalk-Magie - Mit choreografischer Finesse macht Michael Jackson „Thriller“ zum erfolgreichsten Album aller Zeiten
"Ich hielt ‚Billie Jean‘ schon für eine der tollsten Scheiben aller Zeiten, bevor ich Michael bei ,Motown 25‘ sah“, erzählt Antonio „LA“ Reid, früher Boss von Island/Def Jam. „Aber wie er da über die Bühne glitt, das war wie ein Erdbeben. Ich hatte ständig mit Breakdancern zu tun, die solche Sachen probierten, aber geschafft hatte es nie einer. Es sah aus, als wäre er ein Roboter.“ Vor diesem Fernsehauftritt am 16. Mai 1983 zum 25. Jubiläum von Motown hatte Jackson sein Managementbüro mit einer Bitte angerufen: „Besorgt mir einen Hut, so einen coolen Fedora – etwas, das ein Geheimagent tragen würde.“ Jackson wollte „Billie Jean“ bringen, das seit mehreren Wochen auf Platz eins der Singles-Charts stand ...
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Dave Hogan/Getty Images.
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16. Mai 1983: Moonwalk-Magie – Mit choreografischer Finesse macht Michael Jackson „Thriller“ zum erfolgreichsten Album aller Zeiten
„Ich hielt ‚Billie Jean‘ schon für eine der tollsten Scheiben aller Zeiten, bevor ich Michael bei ,Motown 25‘ sah“, erzählt Antonio „LA“ Reid, früher Boss von Island/Def Jam. „Aber wie er da über die Bühne glitt, das war wie ein Erdbeben. Ich hatte ständig mit Breakdancern zu tun, die solche Sachen probierten, aber geschafft hatte es nie einer. Es sah aus, als wäre er ein Roboter.“ Vor diesem Fernsehauftritt am 16. Mai 1983 zum 25. Jubiläum von Motown hatte Jackson sein Managementbüro mit einer Bitte angerufen: „Besorgt mir einen Hut, so einen coolen Fedora – etwas, das ein Geheimagent tragen würde.“ Jackson wollte „Billie Jean“ bringen, das seit mehreren Wochen auf Platz eins der Singles-Charts stand …
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Er hatte wochenlang geprobt, doch am Abend vor der Aufzeichnung ging er runter in die Küche seiner Villa, setzte den coolen Hut auf, drehte die Stereoanlage auf Anschlag und begann, neue Tanzschritte zu üben. Später sagte er, er habe versucht „einen Breakdance-Schritt, so eine Popping-Geschichte“ zu perfektionieren, die ihm ein paar HipHop-Kids beigebracht hatten. „Ich wusste nur, dass ich in der Bridge gleichzeitig vorwärts und rückwärts laufen wollte. Wie jemand, der auf dem Mond spazieren geht.“ Jacksons Choreografie zu „Billie Jean“ ist eine der spannendsten Tanzeinlagen in der Geschichte des Fernsehens, doch eigentlich war alles nur Vorspiel für die wenigen Sekunden, in denen er der Welt den „Moonwalk“ vorstellte. Jackson erzählte später, Fred Astaire habe ihn am nächsten Tag angerufen und gesagt:
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„Du bist ein Wahnsinnstänzer.“ Astaire hatte die Show sogar auf Video aufgenommen und Jacksons Schrittfolgen genauestens analysiert. Jacksons „Thriller“, veröffentlicht im Dezember 1982, war schon dabei, Verkaufsrekorde zu brechen, und die dazugehörigen Videos hatten bei MTV für andere schwarze Musiker wie Prince die Türen geöffnet. Doch der Auftritt bei „Motown 25“ machte aus dem Hit ein Phänomen: Fünf weitere Nummer-eins-Singles folgten, und das Album hielt sich 37 Wochen an der Spitze der US-Charts. Bis heute wurden von „Thriller“ weltweit 40 Millionen verkauft, was Jackson einen Eintrag ins „Guinness Buch der Rekorde“ eingebracht hat. „Irgendwann“, behauptet Walter Yetnikoff, damals Chef von Jacksons Plattenfirma CBS, „dachte das Smithsonian-Museum daran, eine eigene Abteilung für Michael Jackson aufzumachen. Mit ,Thriller‘ hat dieser junge Mann die Welt in Flammen gesetzt.“
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Sommer 1984: Deutschlands Gemütsmusik – Herbert Grönemeyer besingt „Bochum“
Er hatte seit 1979 vier Alben veröffentlicht, bei „der Intercord“, wie er sie viele Jahre später noch immer – beinahe zärtlich – nannte. Die Verkaufszahlen blieben bescheiden, die Kritik kümmerte sich um die Neue Deutsche Welle. Liedermacher florierten nicht. Nach „Gemischte Gefühle“, seiner bisher besten Platte, wurde der Vertrag mit Herbert Grönemeyer gekündigt. EMI Electrola in Köln verhalf dem 28-jährigen Theatermusiker und Schauspieler zu einer weiteren Chance. Im Frühjahr 1984 erschien die Single „Männer“, Grönemeyer ging auf Ochsentour durch die deutschen Musiksendungen und Fernseh-Shows, hüpfte im Regionalprogramm vor bonbonfarbenen Kulissen am Keyboard, schüttelte den Scheitel …
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„Männer“ wurde in einer Endlosschleife im Radio gespielt, plötzlich wollten alle ein Interview mit Herbert. Dann erschien, im August, „4630 Bochum“, erreichte die Spitze der Charts, blieb 78 Wochen in der Liste. Später, in den 90er Jahren, wurde auch eine Neuauflage auf den vorderen Plätzen notiert. Grönemeyer hatte das Album im EMI-Tonstudio II im Maarweg in Köln aufgenommen, von Januar bis März 1984. Zur Seite standen ihm seine „Jungs“ – Norbert Hamm (Bass) und Alfred Kritzer (Keyboards), Gaggy Mrotzek (Gitarre) und Jakob Hansonis (Gitarre). Charly Mariano steuerte ein schräg tönendes Saxofon bei. „In dem Solo bei ,Bochum‘ sind auch noch ein paar falsche Töne“, erinnert sich Grönemeyer. Das passt freilich so gut zu der Hommage an die graue, marode Grubenstadt mit dem Herzen auf dem rechten Fleck …
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„Alkohol“ und die Ballade „Flugzeuge im Bauch“ beflügelten das Album zusätzlich, auch die zeittypisch kritische Hommage an „Amerika“ fand ein dankbares Publikum, das von den Nachrüstungsplänen verunsichert war. Die Panik jener Zeit und diffuse Ängste vor Schrecken wie der Volkszählung sind in „Jetzt oder nie“ erfasst: „Sie werden dich fotografiern/ Sie werden dich registriern/ Du verbaust dir dein ganzes Leben/ Die Zeit rennt weg/ Wir müssen’s angehn.“ Lieder um Eifersucht, Beziehungsknatsch und den neuen Morgen der Liebe hat nie jemand auf deutsch – Lindenberg ausgenommen – so gefühlig vernuschelt wie Grönemeyer. Mit „Mambo“ beschließt sogar ein humoristischer Song „4630 Bochum“. Es dauerte bis zum Jahr 2002, bis dieses Werk von deutschem Gemüt übertroffen wurde – von Herbert Grönemeyers „Mensch“.
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14. September 1984: Garantiert keine Jungfrau – Madonna schockt bei den ersten „MTV Video Music Awards“
„Die Leute im Publikum hielten den Atem an“, schildert Madonnas langjährige Publizistin Liz Rosenberg den Auftritt ihres Schützlings bei den allerersten „MTV Video Music Awards“ im Jahr 1984. „Ein Freund flüsterte mir zu: ‚Ihre Karriere ist zu Ende, bevor sie richtig losgegangen ist.‘ Ich war natürlich starr vor Schreck.“ Madonna sang „Like a Virgin“ und trug dazu etwas, das entfernt an ein Hochzeitskleid erinnerte – weißes Bustier und zerfetztes Tutu, garniert mit Spitzenhandschuhen, gefährlich hochhackigen Schuhen, Klunkern um den Hals und einem Tüllschleier, den es nicht lange auf ihrem Kopf hielt. Zu Beginn ihres Auftritts tanzte sie auf einem gigantischen Hochzeitskuchen, am Ende rollte sie auf der Bühne herum, vollführte unaussprechliche Dinge mit ihrem Schleier und gönnte den Millionen vorm Fernseher einen ausgiebigen Blick auf ihre Unterwäsche. „Keiner von uns hätte gedacht, dass sie es so weit treiben würde“, meint Rosenberg …
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„Manche lagen vor ihr auf den Knien, andere fanden sie ekelhaft.“ Huey Lewis, der an diesem Abend auch auftrat, bewunderte Madonnas Courage: „Das war kein spontaner Einfall. Sie hatte das schon bei den Proben gemacht. Es war ein geplanter, geschichtsträchtiger Moment. Sie wusste, wie man mit dem Medium Fernsehen umgehen musste. Wir wussten das ganz offensichtlich nicht.“ MTV, damals gerade mal drei Jahre alt, wollte sich von „seriösen“ Preisverleihungen wie den „Grammys“ absetzen. Das funktionierte. „Wir hatten vor, eine Show zu machen, die das Image von MTV transportiert und gegen den Strich geht“, erklärt John Sykes, der die ersten „VMAs“ als Executive Producer begleitete. „Als wir all diese hydraulischen Lifts und Bühnenapparaturen in der Radio City Hall entdeckten, freuten wir uns wie die Kinder. Wir hatten jede Menge coole Effekte, aber ich werde nie die Blicke unserer Werbepartner in der ersten Reihe vergessen, als Madonna rauskam und sich in ihrem Jungfrauendress auf dem Boden wälzte. Am nächsten Tag gab es Diskussionen, aber keiner meinte, wir hätten das verhindern müssen.“ …
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Die futuristischsten Bühnenbauten wirkten reizlos im Vergleich zu dieser Frau. Es ist der einzige Auftritt, an den man sich auch nach 24 Jahren noch erinnern kann. MTV ist inzwischen rund um den Globus vertreten, und das Budget der „VMAs“ ist acht Mal höher als 1984. Was sich nicht geändert hat, ist der ständige Versuch, den Schockwert der Erstauflage wieder zu erreichen. Gelungen ist das nur selten: Howard Stern 1992 als „Fart Man“ in Stretchhosen mit freigelegtem Po. Der Kuss, den Michael Jackson 1994 seiner damaligen Frau Lisa Marie Presley verabreichte. Und, noch nicht so lange her, eine Neuauflage von „Like A Virgin“, als Madonna ihre Zunge in Britney Spears’ Mund versenkte (und danach noch Christina Aguilera küsste, allerdings etwas halbherzig). „Nach der Madonna-Performance im ersten Jahr war uns klar, dass wir in jeder Show mindestens einen solchen ‚Oh, wow!‘-Moment haben mussten“, meint Sykes. „Das war von Anfang an der Plan. Über welche Szene würden sich die Leute am nächsten Tag aufregen?“ Bisher hat jedoch keine(r) Madonna die Skandalköniginnen-Krone abnehmen können.
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Juni 1985: Sunset Superstars – Guns N’Roses hängen in Los Angeles alle anderen Hair-Metaller ab
„Als die Drogen und die Jasager kamen, ging die Band vor die Hunde“, erinnert sich Bassist Duff McKagan an seine Zeit mit Guns N’Roses. „Aber an manchen Abenden waren wir die verflucht beste Band auf diesem Planeten!“ Ihr erster Gig im Juni 1985 gehörte nicht dazu. Als McKagan, die Gitarristen Slash und Izzy Stradlin, Drummer Steven Adler und Sänger W. Axl Rose an jenem Abend ihr Debüt im „Troubadour“ gaben, bestand das Publikum aus genau zwei Leuten. Der Sunset Strip war damals Hauptstadt des Hair-Metal, in der aufstrebende junge Rocker scharenweise Bands nach dem Vorbild der lokalen Legenden Mötley Crüe gründeten. Die Mitglieder von Guns N’Roses teilten sich ein Einzimmer-Appartement am Sunset Boulevard, das sie Hellhouse nannten …
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Es gab kein Badezimmer, keine Dusche, keine Küche. Es war so eng, dass nur drei Leute gleichzeitig schlafen konnten. An diesem tristen Ort entstand der größte Teil von „Appetite For Destruction“. „Eines Abends besorgten wir uns ein paar akustische Gitarren und Bongos und schrieben ‚Nighttrain‘“, erzählt McKagan. „Night Train tranken wir, weil die Flasche nur 1,19 Dollar kostete und das Zeug einem das Gefühl gab, gleichzeitig besoffen und auf Acid zu sein.“ Doch das reichte offensichtlich nicht: Ausgerechnet in der Nacht, in der sie die Heroin-Hymne „Mr. Brownstone“ schrieben, erwischte Slash eine Überdosis. „Wir probierten mexikanisches Heroin – Izzy und seine Freundin brachten mich zurück“, sagt er. „Das waren lustige Zeiten.“ …
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Guns N’Roses überlebten dank mildtätiger Spender (nette Prostituierte und emsige Talentscouts) und fingen im Sommer ’86 an, ernsthaft an „Appetite“ zu arbeiten. „In dem Jahr gab ich 1300 Dollar für Kassetten aus“, erzählte Rose dem ROLLING STONE, „alles von Slayer bis Wham!, um Produktion, Gesang und solche Sachen zu studieren.“ Vor den Aufnahmen zu „Sweet Child O’ Mine“ besorgte er „ein paar alte Lynyrd Skynyrd-Bänder, um sicherzugehen, dass wir dieses bodenständige Herzschmerz-Feeling hinkriegten.“ „Sweet Child“ startete erst ein Jahr nach der Veröffentlichung von „Appetite“ im Radio und auf MTV durch und wurde Nummer eins, als GN’R als Vorgruppe von Aerosmith tourten. Am Anfang, so McKagan, „schauten uns 70 Leute zu. Nach zwei Wochen waren es 17 000 – und die standen auf den Stühlen!“
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13. Juli 1985: Ritter der Armen – Bob Geldof organisiert mit „Live Aid“ die Mutter aller Benefiz-Konzerte. 1,5 Milliarden schauen zu.
Wer sich zu Recht Popstar nannte, war an diesem Tag ins Londoner Wembley Stadium gekommen: Pete Townshend, in einen abgewetzten blauen Bademantel gehüllt, umarmte Elton John. Paul McCartney und David Bowie posierten kichernd in grauen Anzügen für die Fotografen. Irgendwo über ihnen saß Phil Collins in einer Concorde, auf dem Weg von Wembley nach Philadelphia, um bei beiden „Live Aid“-Konzerten auftreten zu können. An Bord traf er Cher und lud sie spontan ein, bei ihm mitzusingen. „Das hier ist wie 100 000 Ed Sullivan Shows“, staunte Tom Petty hinter der Bühne des John F. Kennedy-Stadions in Philly. Die Namen auf den Wohnwagen lasen sich wie ein „Who’s Who“ der Rockmusik: Eric Clapton, Bob Dylan, Robert Plant, Neil Young, die Beach Boys, Crosby, Stills & Nash, Madonna …
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Am 13. Juli 1985 halfen mehr als 60 Weltstars Bob Geldof, dem Sänger der Boomtown Rats, beim „größten Pop-Ereignis aller Zeiten“ Geld für die hungernden Menschen in Afrika zu sammeln. Die beiden simultan stattfindenden Konzerte dauerten über 16 Stunden, wurden live von 160 000 und am Fernseher von 1,5 Milliarden Menschen gesehen, brachten über 100 Millionen Euro ein – und sorgten dafür, dass Geldof für den Friedensnobelpreis nominiert und zum Ritter geschlagen wurde. Er war danach auch pleite, aber das war an diesem Tag, als er die Faust in den Himmel reckte, egal. „Live Aid“, das waren, man hat es fast vergessen, richtig gute Rockkonzerte mit (zumindest damals noch) ungewöhnlichen Duetten …
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Mick Jagger ließ mit Tina Turner bei „State Of Shock“ und „It’s Only Rock’n’Roll“ die Hüften kreisen. Dylan brachte „Blowin’ In The Wind“ mit Keith Richards und Ron Woods. Collins sang drei Lieder mit Sting und spielte Schlagzeug für Plant und Jimmy Page bei „Stairway To Heaven“. U2 sorgten mit „Sunday Bloody Sunday“ für feuchte Augen, Queen ließen sich die große Show nicht nehmen. Und dann gab es noch das Allstar-Finale, bei dem in Wembley alle „Do They Know It’s Christmas“ anstimmten, in Philly „We Are The World“. „Wenn wir es schlau genug anstellen“, meinte Geldof, „ziehen wir der Welt so viel Kleingeld aus der Tasche, dass wir einen Teil der Welt damit am Leben erhalten können. Weil Kleingeld dieses Jahr der Preis für ein Leben ist, Leute.“
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Juli 1986: Showdown gegen die Strahlung – Beim fünften „Anti-WAAhnsinns-Festival“ nahe Wackersdorf protestiert die gesamte Deutschrock-Elite
Angst hatten alle. Vor Champignons und Beeren. Und dass Tschernobyl kein Einzelfall bleiben würde. Der Super-GAU dort bestätigte am 26. April 1986 allen, was Atomkraft-Gegner schon lange befürchtet hatten: dass Kernenergie niemals wirklich kontrollierbar ist. Die Stimmung in Deutschland zeigte sich auf Tausenden von knallbunten „Atomkraft? Nein, danke!“-Stickern, die plötzlich überall waren. Es waren jetzt nicht mehr bloß ein paar hundert komische Autonome, sondern vom Staat bislang als unverdächtig eingestufte Bürger, die Widerstand anmeldeten und keinen Atommüll mehr haben wollten, zumindest nicht in ihrer näheren Umgebung. Nun sollte dummerweise genau zu diesem Zeitpunkt im oberpfälzischen Wackersdorf eine Wiederaufbereitungsanlage entstehen …
Copyright: Bernd Muller/Redferns
Gegner hatten bereits ein Hüttendorf errichtet, immer wieder wurden Demonstranten festgenommen. Das erste „Anti-WAAhnsinns-Festival“ in Burglengenfeld fand schon 1982 statt, aber erst das fünfte, am 26. und 27. Juli 1986, entpuppte sich als Showdown gegen die Strahlung: Es wurde das größte deutsche Festival aller Zeiten, zu dem nicht nur 120 000 Besucher kamen, sondern die gesamte Elite des sogenannten Deutschrock. Es war gerade die große Zeit der deutschen Rockmusik. Die NDW war abgeebbt, der Spaß vorbei. Spätestens bei „Live Aid“ und „Nackt im Wind“ hatten die hiesigen Musiker ihr soziales Gewissen entdeckt, da kam Wackersdorf gerade recht. Sie wollten für die Auftritte kein Geld, und ausnahmsweise verzichteten sie auch auf Eitelkeiten. Die Toten Hosen fanden sich damit ab, dass sie neben „diesen Rockleuten“ wie Wolf Maahn und Herbert Grönemeyer auf der Bühne stehen sollten …
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Udo Lindenberg pfiff auf sein Panikorchester und ließ sich von einer auch nicht üblen Band namens BAP begleiten. Natürlich fehlten auch bayrische Lokalhelden wie Haindling und die Biermösl Blosn nicht. Alle sprachen von Solidarität und hatten Spaß dabei. Das Wort „Gutmensch“ spielte noch keine Rolle. Es war das eine Wochenende in Deutschland, an dem Pop und Protest zusammenkamen, ohne peinlich zu sein. Am Ende sangen alle zusammen noch „Sag mir, wo die Blumen sind“, und Rio Reiser krähte „Over The Rainbow“. Nach 28 Stunden Programm waren alle redlich erschöpft, die Arbeit war getan. Der Bau der WAA Wackersdorf wurde drei Jahre später eingestellt. Die Proteste gingen später im britischen Sellafield weiter, wo dann einer der großen Protestler der 80er Jahre aktiv wurde: Bono.
Copyright: Bernd Muller/Redferns
Sommer 1987: Rap für die Massen – Run-DMC und die Beasties machen HipHop populär
„Die ‚Together Forever‘-Tour verschaffte jedem eine Einladungskarte“, erinnert sich DMC von Run-DMC. „Sie brachte HipHop in die Vorstädte. Jeder konnte dabei sein, ob Weißer, Japaner oder sonst was.“ Im Sommer 1987, als Run-DMC und die Beastie Boys zusammen auf Tour gingen, konnten sich Erstere im Glanz der Verkaufszahlen sonnen, die ihr bestes Album, „Raising Hell“ (1986), und der Superhit „Walk This Way“ einfuhren. Die Beastie Boys, deren kurz zuvor veröffentlichtes „Licensed To Ill“ sich anschickte, das meistverkaufte Rap-Album der 80er Jahre zu werden, hatten ein Jahr vorher noch im Vorprogramm von Run-DMC gespielt, was bedeutete, dass sie in städtischen Sporthallen vor einem vorwiegend schwarzen Publikum auftreten mussten. „Wir dachten, Mann, wenn die Beasties rauskommen, werden die Schwarzen sich Hotdogs holen“, fasst DMC die Lage auf dieser Tour zusammen. „Aber sie blieben – und es gefiel ihnen sogar.“ Nach dem Erfolg von „Licensed To Ill“ füllten die beiden Bands zusammen auf einmal riesige Stadien, die vorwiegend weiße Fans anzogen …
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„Das war das erste Mal, dass eine große HipHop-Show dort Station machte, wo sonst Styx oder solche Leute spielten“, erklärt Beastie Boy Mike D. „Plötzlich stehst du vor Leuten, die dich ein Jahr vorher noch verprügelt hätten. Und viele, die kamen, hatten ganz bestimmte Erwartungen. Es war fast, als würden wir eine Rolle spielen.“ Was sie in gewisser Weise auch taten, denn die meisten Geschichten von Drogen, Schießereien und anderen Missgeschicken auf „Licensed To Ill“ stammten aus zweiter Hand. „Freunde von uns rauchten Angel Dust und erzählten uns dann die wildesten Geschichten“, meint Rick Rubin, der „Licensed To Ill“ und „Raising Hell“ produzierte. „Für uns waren das nur nette Anekdoten.“ Auf Tour änderte sich das: „Irgendwann kam durch den vielen Alkohol die Persönlichkeit zum Vorschein, über die sie sich auf ,Licensed To Ill‘ noch lustig gemacht hatten.“ …
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„Eines Abends schwamm so viel Bier auf der Bühne rum, dass MCA ausrutschte“, erzählt DMC. „Er schlug hart auf, und es wurde auf einmal ganz still. Wir dachten, er wäre tot. Dann rappelte er sich auf, mit einem Loch im Kopf, und lachte.“ Hinter der Bühne ging es heiter weiter. „Der höchste Grad an Blödsinn, der je in der Kunst des Blödsinnigseins erreicht wurde“, so Reverend Run. Streiche spielen war besonders beliebt. „Wir steckten den Leuten Schnitzel in die Hose oder Eiswürfel ins Bett. Einmal ging ich in meiner Garderobe auf die Toilette und landete mitten auf einer Wurstplatte. Ich saß zwischen lauter Schinken und Truthahn, und die anderen lachten mich aus.“ Viel wichtiger als diese Kapriolen war jedoch: HipHop hatte bewiesen, dass er keine Grenzen kannte und keine Eintagsfliege war. „Als Run-DMC und die Beasties sich zusammentaten“, meint DMC, „wurden Public Enemy geboren, Kid Rock, Eminem – HipHop war nicht länger auf das Ghetto beschränkt.“ „Wenn die Leute uns fragten: ‚Wo werdet ihr in zehn Jahren sein?’“, sagt DMC zum Schluss, „pflegten wir zu antworten: ‚Wir werden genau hier sein und euch ein Interview geben.’“
Copyright: Michael Ochs Archives/Getty Images
Herbst 1990: Zukunftsfähig – Im gerade wiedervereinten Berlin erfinden Bono und The Edge eine neue Version von U2
Als U2 merkten, dass sie dem Pathos von „The Joshua Tree“ schon bei der dazugehörigen Amerika-Tour – dokumentiert durch den überernsten „Rattle And Hum“-Film – nichts Sinnvolles mehr hinzuzufügen hatten, taten sie, was auch gewöhnliche Menschen tun, wenn sie in einer Sackgasse gelandet sind: Sie legten sich neue Frisuren zu und entschieden sich für einen Tapetenwechsel. Ihr nächstes Album wollten sie im Hansa-Studio zu Berlin aufnehmen. U2 reisten ausgerechnet am 3. Oktober 1990 in der zukünftigen Hauptstadt an – am offiziellen Tag der Wiedervereinigung. Die Band wollte ein bisschen mitfeiern, geriet dann aber leider in einen Protestmarsch gegen den Mauerfall. Ein denkwürdiger Start, und ähnlich planlos ging es erst mal weiter …
Copyright: Mick Hutson/Redferns
Songs hatten sie nicht dabei, die mussten erst geschrieben werden, doch die Stimmung war nicht recht ermutigend. Larry Mullen Jr. war schlecht gelaunt wegen all der Drum-Maschinen, Adam Clayton fand das Hansa-Studio und ganz Deutschland irgendwie „dunkel und bedrückend“. Bono und The Edge hielten trotzdem an ihrer Vision fest. Gemeinsam mit den Produzenten Daniel Lanois, Brian Eno und Flood wollten sie eine neue, zukunftsfähige Version von U2 schaffen, und der Albumtitel sollte das schon andeuten: „Achtung Baby“! Bisher hatten die Iren sich nie getraut, in ihren Songs das Wort „Baby“ einzubauen, nun kam es 27-mal vor. Alles sollte etwas weniger bedeutungsschwanger wirken, ein bisschen moderner …
Copyright: Michel Linssen/Redferns
The Edge hält die Aufnahmen in Berlin noch heute für „ein Experiment, das sich gelohnt hat“, auch wenn viele Fans zunächst nicht mitkamen. Das Album beginnt mit dem zerschossenen Krach von „Zoo Station“, und im Herbst 1991, als „Achtung Baby“ schließlich veröffentlicht wurde, dachten viele, ihr Album sei kaputt. U2 hatten es bewusst darauf angelegt. „Achtung Baby“, gaben sie zu Protokoll, sei „the sound of four men chopping down ,The Joshua Tree‘“. Es war eine Herausforderung für Band und Fans, ein deutlicher Bruch mit der Vergangenheit – und der einzige Weg in die Zukunft. Auch wenn sie bei der folgenden „Zoo TV“-Tour mit fraglichen Rollenspielen und missglückter Ironie oft übers Ziel hinausschossen, haben die seltsamen Tage in Berlin, die vielen Streitereien um die zukünftige Ausrichtung und die am Ende doch schlicht überwältigende Qualität der Songs von „Achtung Baby“ die Band U2 gerettet. Oder, wie Bono sagt: „We had to go away and dream it all up again.“
Copyright: Frans Schellekens/Redferns
17. August 1991: Anarchie bei MTV – Mit „Smells Like Teen Spirit“ wurde Indie-Rock zum Mainstream
„Kurt hasste Mainstream“, konstatiert Krist Novoselic. „Darum ging es in ‚Smells Like Teen Spirit’: die Konformität der Masse und ihr konformes Denken.“ Am 17. August 1991 drehten Nirvana, ein Underground-Trio aus dem Großraum Seattle, in einem Studio in Culver City das Video zu „Smells Like Teen Spirit“, der ersten Single-Auskopplung aus ihrem noch unveröffentlichten Album „Nevermind“. Der Clip, schnell zusammengestrickt von Regie-Neuling Sam Bayer, war eine subversive Persiflage auf das übliche MTV-Futter: Nirvana spielen in einer High-School-Sporthalle vor begeisterten Fans, dazu schwenken hübsche Cheerleader ihre Pompoms. Nur dass die Mädchen das Wort „Anarchie“ auf ihre Pullover gekritzelt haben, die Kids Pogo tanzen und die Band – Drummer Dave Grohl, Bassist Novoselic und Sänger/Gitarrist/Songwriter Kurt Cobain – zum Playback den Mund auf- und zuklappen. Das Video änderte Nirvanas Leben schlagartig …
Copyright: Paul Bergen/Redferns/Getty Images
Im Oktober ’91, als die Band in Nordamerika tourte, lief „Smells Like Teen Spirit“ auf MTV praktisch ununterbrochen. Club-Gigs wurden zu ausverkauften Triumphzügen, die Albumverkäufe schossen in die Höhe. Im Januar ’92 stand „Nevermind“ auf Platz eins der Album-Charts. Doch die locker-poppige Bösartigkeit und schweißgetränkten visuellen Details des „Teen Spirit“-Videos warben auch höchst effektiv für etwas viel Größeres: die Erfindung des Punk-Metal und die Indie-Ideale einer neuen Generation von Seattle-Bands. Mit Nirvana als Speerspitze stürmten Soundgarden, Pearl Jam, Alice in Chains, Screaming Trees und Mudhoney die Radio-Playlists und Album-Charts und wurden der Pop-Mainstream der nächsten fünf Jahre. „Eine zufällige Ansammlung von Außenseitern, die sich gegenseitig keinen großen Druck machten“, beschreibt Mudhoney-Sänger Mark Arm die glorreiche Zeit, bevor die Talentscouts wie Heuschrecken über die Stadt herfielen und nach „Grunge-Bands“ Ausschau hielten. „Es gab einen Kern von vielleicht 50 Leuten, die man bei fast jedem Konzert sah“, ergänzt Mudhoneys Drummer Dan Peters. Viel Geld war damals nicht zu holen …
Copyright: Paul Bergen
Sub Pop, das beliebteste lokale Label, verband strenge Sparsamkeit mit unfehlbarem Musikgeschmack und brachte Platten von vielen wichtigen Seattle-Bands jener Zeit heraus, darunter auch Nirvana. Als die Band, 1987 von Cobain und Novoselic gegründet, 1989 ihr Album „Bleach“ aufnahm, kostete Sub Pop das den kolossalen Betrag von 606,17 Dollar. Das wilde Leben hatte aber auch seine Schattenseiten. Heroin war unter den Rockmusikern in Seattle weit verbreitet. Unfähig, seine Sucht zu bezwingen und geschüttelt von Selbstzweifeln, beging Cobain am 5. April 1994 Selbstmord und brachte damit Seattles Renaissance zu einem frühen Ende. Das letzte Opfer war Sänger Layne Staley von Alice in Chains, dessen langer Abstieg in die Drogenhölle 2002 mit einer tödlichen Überdosis endete. „Der Hype damals, wie sie die Musik hochgejubelt haben – das hinterließ bei allen Spuren“, erzählte Pearl Jam-Sänger Eddie Vedder letztes Jahr. „Damit musste man erst mal fertig werden.“ Doch auf dem Höhepunkt des Ruhms gab es kaum etwas Aufregenderes, als eine Band aus Seattle zu sein. „Du hattest zehn Jahre Musik gemacht und nie ein Publikum gehabt“, erinnerte sich Vedder 1999. „Dann, plötzlich, hattest du eins. Und das wollte jeder auskosten.“
Copyright: Michel Linssen/Redferns
Anfang 1992: Superstarfighter – In Hamburg regt sich eine kritische Indie-Szene
Helmut Kohl saß buddhagleich an der Spitze des Staates und Selbstzufriedenheit war der König von Deutschland, die Wiedervereinigung und der damit verbundene falsche Nationalismus standen vor der Tür. Wer jung war, musste sich entscheiden: entweder, ohne zu murren ins System einsteigen, einen Job annehmen, Karriere machen – oder einen Widerspruch formulieren. In der deutschen Popmusik hatte das Nicht-Einverstandensein damals keine laute Stimme. Die Neue Deutsche Welle war in Klamauk und Kuriositäten abgeebbt, die deutsche Sprache galt als peinlich, wurde nur von wohlsituierten Rockern benutzt, um – egal, worum es gerade ging – Betroffenheit zu simulieren und damit viel zu viele Platten zu verkaufen …
Copyright: Stefan M. Prager/Redferns
Doch in Hamburg etwa fanden in alternativen Clubs und Bars Musiker zusammen – einige stammten aus Ostwestfalen, wo sie unter dem Label Fast Weltweit musiziert hatten – , diskutierten über Gesellschaft und Pop, gründeten Bands, spielten Konzerte und schrieben Songs, in denen sie sich auf die Texte der anderen Bands bezogen. Was alle Musiker verband, war nicht an ihrer Herkunft oder Musik festzumachen, sondern an einer allgemeinen Lust am Diskursiven – der Auseinandersetzung mit politischen Inhalten und postmodernen Theorien. Es ging darum, Pop beim Wort zu nehmen, das Private zu politisieren und zur Diskussion zu stellen. Das Label L’Age D’Or bot vielen der neuen Bands ein Zuhause. Erste LP-Veröffentlichung war im Spätsommer 1989 „Heile Heile Boches“ von der Kolossalen Jugend, es folgten Platten von Die Antwort, Huah!, Mutter (aus Berlin), Ostzonensuppenwürfelmachenkrebs, Die Sterne, Die Regierung (aus Essen) und (später) Tocotronic …
Copyright: Stefan M. Prager/Redferns
Doch es waren zwei Veröffentlichungen auf Alfred Hilsbergs What’s So Funny About-Label, die Anfang 1992 die Aufmerksamkeit auf die neue Szene lenkten: das Debüt der Band Blumfeld, „Ich Maschine“, und „Reformhölle“, das zweite Album von Cpt. Kirk &. Thomas Groß schrieb in der „taz“ anlässlich der beiden Veröffentlichungen über diese Bands, die „radikales Juvenilsein zum Programm erhoben haben, das mit Lesefrüchten von Adorno bis hin zu Luhmann kredenzt wird“, und prägte – in Analogie zur Frankfurter Schule – den Begriff Hamburger Schule. Viele – wie das im Pop nun mal so ist: vor allem Ältere – reagierten irritiert auf diese ernsten jungen Menschen, spöttelten von „Studentenmusik“ und „Seminarprosa“, doch wir fühlten mit Blumfeld-Sänger Jochen Distelmeyer: „Rock’n’Roll hat meinem Leben einen neuen Sinn gegeben…“
Copyright: Stefan M. Prager/Redferns
14. August 1995: Klassenkampf – Blur und Oasis schicken ihre Singles ins Rennen um den Britpop-Thron
Für die Medien war es ein Fressen. „British Heavyweight Championship“ titelte der „NME“, die Tagespresse berichtete en detail, der Rundfunk gab mehrmals täglich Wasserstandsmeldungen durch. Blur vs. Oasis! Die Antipoden des Britpop im In-Fight um die Charts-Spitze! Am 14.August 1995 würde sich zeigen, wem der Britpop-Thron gebührt. An diesem Tag wurden zwei Singles zeitgleich ins Rennen geschickt: „Country House“ von Blur und „Roll With It“ von Oasis, nicht gerade musikalische Highlights im Repertoire der Widersacher, aber darum ging es nicht. Es ging um hegemoniale Ansprüche, um die Befriedigung der geblähtesten Egos der Popwelt und ähnliche Petitessen. Man war spinnefeind, pflegte einen für Marketingzwecke nicht ungünstigen Hass aufeinander …
Copyright: Michel Linssen/Redferns
„Blur are a bunch of middle class wankers“, tönte Noel Gallagher in der ihm eigenen verbindlichen Art, „trying to play hardball with a bunch of working class heroes.“ Und Damon Albarn konterte höhnisch, Oasis seien nicht mehr als eine lausige Kopie von Status Quo. Das saß. Immerhin sahen sich Oasis auf Augenhöhe mit den Beatles und den Stones. Und wie damals in den Sixties sollte es einen Kampf bis aufs Messer geben. Ein doppelter Irrtum. Denn erstens waren die Beatles und Stones eng befreundet. Und zweitens funktionierte ihre Dominanz des Pop-Globus nach dem Prinzip: Teile und herrsche! Man achtete sorgsam darauf, einander nicht in die Quere zu kommen, schon gar nicht auf dem prestigeträchtigen Boden der Charts. Zu viel stand auf dem Spiel. Weshalb sich die Herren Lennon/McCartney und Jagger/Richards regelmäßig mit ihren Kalendern in den Clubs von Soho trafen, um Veröffentlichungsdaten anstehender Singles zu koordinieren …
Copyright: Tim Roney/Getty Images
So vermied man, etwa „Paint It Black“ gegen „Paperback Writer“ antreten zu lassen oder „Hey Jude“ gegen „Jumpin’ Jack Flash“. Eine Kombination aus Cleverness und gegenseitigem Respekt. Faktoren, die den Nahkampf der Britpop-Streithansel nicht belasteten. Hier herrschten Hybris und gegenseitige Verachtung. Doch erwies sich das Rennen um Platz 1 im Rückblick als recht unbedeutend. Zwar siegte Blurs „Country House“ denkbar knapp und ironischerweise nur, weil der Vertrieb des Oasis-Labels versagte, aber die eklatanten Umsatz-Unterschiede der beiden folgenden LPs zerstreuten die geringsten Zweifel an der Hackordnung im Reich des Britpop. Er hätte den Wettstreit damals liebend gern verloren, so Albarn später, wenn alle Blur-Alben zusammen sich so prächtig hätten verkaufen lassen wie allein „(What’s The Story) Morning Glory?“.
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Herbst 1996: OK Paranoia – Radiohead dekonstruieren die Rockmusik
„Es sollte ein richtig flottes Album mit einer Menge Samples werden“, beschreibt Radiohead-Sänger Thom Yorke, wie er sich ihr drittes Album „OK Computer“ ursprünglich vorstellte. „Doch dann kam alles anders – die Samples waren zu langsam, und ich bekam die optimistischen Songs nicht hin.“ Was stattdessen kam – dramatisch verzerrte Gitarren und Prä-Millenniums-Blues, das meiste davon aufgenommen im Herbst 1996 in St. Catherine’s Court, einem Landsitz aus dem 15. Jahrhundert im Süden Englands – war, in Yorkes Worten, „alles ein bisschen…vergiftet.“ Und es war ein kreatives Meisterwerk. Radioheads Porträt einer bröckelnden Weltordnung stand in England ganz oben in den Charts und schaffte es in Amerika als ihr erstes Album in die Top 30. „OK Computer“ machte aus Yorke den neuen Angry Young Man des Rock …
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„Eines Abends schwebte eine dunkle Wolke über mir“, erzählt er. „deshalb schloss ich mich in meinem Zimmer ein und betrank mich.“ Unterdessen arbeiteten die Gitarristen Ed O’Brien und Jonny Greenwood, Jonnys Bass spielender Bruder Colin und Drummer Phil Selway mit Toningenieur und Coproduzent Nigel Godrich an den Instrumentalparts zu „Paranoid Android“. Als Yorke am nächsten Tag erwachte, war er von dem Ergebnis hingerissen. „Ich kriegte den Gesang gleich beim ersten Take hin“, sagt er, „weil mich diese Energie so ankurbelte.“ Mithilfe ihres mobilen Studios nahmen Radiohead die basic tracks in einem riesigen Ballsaal auf – und viel von Yorkes Gesang war, wie bei „Paranoid Android“, schon nach dem ersten Versuch im Kasten …
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Die Zeile „Kicking, squealing Gucci little piggy“ kam ihm in einer schlaflosen Nacht in L.A., nachdem er beobachtet hatte, wie eine Frau in einer Bar ausflippte, weil ihr jemand einen Drink aufs Kleid gekippt hatte: „Diese Frau hatte einen Blick drauf, so was hatte ich noch nie gesehen… Sie wurde zur Furie.“ „Um Computer geht es eigentlich gar nicht“, fügt er hinzu. „Es waren nur die Geräusche, von Computern und Fernsehern, die fast anderthalb Jahre in meinem Kopf herumgespukt hatten.“ Und er weiß genau, an welchem Punkt sich dieses Chaos in etwas Besonderes und Dauerhaftes verwandelte: „Als wir ‚Airbag‘ abmischten, spielte Nigel es richtig laut, und ich dachte: ‚Das hätten wir uns nie träumen lassen, dass wir so etwas schaffen.‘ Ich war so glücklich, dass ich meine Freundin anrief, nur um ihr zu sagen: ‚Wow, wir haben etwas richtig, richtig Tolles hingekriegt.‘“
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Sommer 1998: Die Geburt des Slim Shady – White men can rap: Eminem kommt mit „My Name Is“ groß raus
1997 hatte Eminem eine einjährige Tochter und sonst nicht viel. Entschlossen, dem Musikbusiness noch eine letzte Chance abzuringen, nahm er die „Slim Shady“-EP auf und zog von Detroit nach Los Angeles. Dort entdeckte Dr. Dre sein Demo, das im Büro von Interscope-Chef Jimmy Iovine herumlag. „Ich war kurz vorm Ausrasten, hatte viel mit Drogen und anderem abgefucktem Scheiß zu tun, weil ich so deprimiert war“, erzählte Eminem später. „Als Dre anrief, rettete er mir das Leben.“ „An unserem ersten Tag“, so Dre, „arbeiteten wir fünf oder sechs Stunden und hatten am Schluss vier Songs im Kasten.“ „My Name Is“ war einer davon. „Em traute sich kaum zur Tür rein, ein ganz schüchterner Junge“, meint Richard „Segal“ Huredia, der am Mischpult saß …
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„Doch sobald er vor dem Mikro stand, kam diese Energie raus und all die verschiedenen Stimmen – so was hatten wir noch nie gehört. Irgendwann groovten wir alle mit.“ „My Name Is“ präsentierte erstmals Eminems böses Alter Ego Slim Shady, einen Gras rauchenden, Trips schmeißenden Säufer, der schon mal droht, Pamela Anderson die Titten abzureißen. Zeilen wie „I just found out my mom does more dope than I do“ gaben bereits eine Ahnung von nachfolgenden Beleidigungsklagen und der Entfremdung zwischen Eminem und seiner Mutter Debbie Mathers-Briggs. Und hinter den Kulissen wurde Em das erste Mal Homophobie vorgeworfen: Das einprägsame Keyboard-Riff des Stücks erinnerte ein bisschen zu stark an „I Got The“ von Schwulenaktivist Labi Siffre, der daraufhin durchsetzte, dass Em eine Passage des Textes änderte …
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„My Name Is“ schaffte es in den Billboard-Charts nicht höher als Platz 36 und war doch ein unvergesslicher Einstieg für Eminem. Der konnte mit dem Song bald nichts mehr anfangen und weigerte sich, ihn live zu singen: „Er hing mir schon nach drei Monaten zum Hals raus. “ „Irgendwann wurde ihm der Song zu groß und er fing an, sich dagegen aufzulehnen“, meint Eminems Manager Paul Rosenberg. Das hielt ihn nicht davon ab, eine Art Fortsetzung zu schreiben – „The Real Slim Shady“ von der „Marshall Mathers“-LP – und den Track auch als Inspiration für „The Way I Am“ zu verwenden, einen weiteren Mathers-Klassiker. „,My Name Is‘ war der größte Hit auf seinem ersten Album, und er hatte das Gefühl, nie wieder etwas abliefern zu können, das derart in die Ohren geht – und so glaubwürdig ist“, meint Rosenberg. Und ganz unrecht hatte Eminem mit dieser Prophezeiung nicht.
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Herbst 1998: Gratis-Sounds für alle – Napster kurbelt den illegalen MP3-Handel an
„Sie steckten mich mit jemandem zusammen, der ständig Party machte und Kurse schwänzte, um obskure Rap-Songs runterzuladen“, erzählt Shawn Fanning von seiner Zeit als Erstsemester an der Northeastern University, wo ihm die Idee für Napster kam. Zehn Jahre ist das jetzt her. „Am Wochenende kamen seine Freunde zum Feiern, und er versuchte zu erklären, wo er die Musik her hatte.“ MP3-Dateien runterzuladen dauerte damals noch ewig, und die Qualität ließ oft zu wünschen übrig. Fanning selbst verwendete eine Art Instant-Messaging-Programm, um Songs zu tauschen, dachte aber, es müsste einen einfacheren Weg geben. Bald beschäftigte ihn die Entwicklung von Napster so sehr, dass auch er anfing, den Unterricht zu schwänzen. Im Januar 1999 brach er das Studium ab und zog als Untermieter in das Büro seines Onkels in Massachusetts, um sich ganz auf Napster zu konzentrieren …
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Die ersten Versionen des Programms überließ Fanning ein paar Freunden zum Testen. „Dann bekamen es auch Leute in die Hand, die ich nicht kannte“, sagt er. „Der Server hatte die Maximalzahl von 100 Usern schnell erreicht.“ Innerhalb weniger Monate zog Napster Hunderte, Tausende, dann Millionen Nutzer an, die alle digitalisierte Songs tauschten, ohne etwas dafür zu bezahlen. Als die Musikindustrie endlich mitbekam, was da lief, hatte sich Napster schon längst wie ein Buschbrand verbreitet. Am Höhepunkt des Booms im Sommer 2000 gab es 58 Millionen registrierte Nutzer, die über 450 Millionen Stücke zum Tausch anboten. In einer Reihe von Prozessen, die sich über zwei Jahre hinzogen, wurde Napster – mittlerweile ein richtiges, im kalifornischen San Mateo beheimatetes Unternehmen – von Metallica, Dr. Dre und dem Verband der amerikanischen Musikindustrie (RIAA) wegen Copyright-Verletzung verklagt …
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„Mann, ich hoffe, sie finden einen Weg, Napster am Leben zu erhalten“, barmte hingegen Aerosmith-Gitarrist Joe Perry damals gegenüber dem ROLLING STONE. „Nirgendwo kannst du besser in der Vergangenheit rumwühlen.“ Auch als Napster zumachen musste und als Bezahlservice wieder auferstand, tauschten Musikfans weiterhin millionenfach illegal Dateien über Dienste wie Morpheus oder Kazaa. Die Musikindustrie, die den Einbruch der CD-Verkaufszahlen auf das File-Sharing zurückführte und sich nicht anders zu helfen wusste, begann im Sommer 2003, einzelne User mit Klagen zu überziehen. Erst in jüngster Zeit zeigt die Prozesswelle Wirkung. „Napster hat den Leuten gezeigt, dass man auch anders an Musik rankommt“, resümiert Fanning. „Jetzt sind sie nicht mehr bereit, zum alten Modell zurückzukehren.“
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Januar 2001: New Yorker Retrolution – Mit einem Demo-Tape definieren The Strokes den Gitarrenrock der Nuller
„Ich ging in die ‚Luna Lounge’ und sah mir diese Band an, von der es hieß, sie könne sich einen Produzenten leisten. Ich brauchte Geld.“ So erinnert sich Gordon Raphael an sein erstes Strokes-Konzert. Bald darauf wurden Albert Hammond Jr. und Nick Valensi in Raphaels „Transporterraum NYC“-Kellerstudio im East Village vorstellig, um die Details seines „drei-Songs-in-drei-Tagen“-Angebots zu besprechen. Man wurde handelseinig. In jenen drei Tagen schufen die Musiker mit Raphael den Strokes-Sound – oder vielmehr: sie ließen Realität werden, was Julian Casablancas zuvor detailgenau ersonnen hatte. „Julian hatte konkrete Vorstellungen“, bestätigt Raphael. „Zudem kommunizierte er seine Ideen auf interessante Weise, eher wie ein Maler oder Regisseur als wie ein Rock-Musiker.“ Casablancas findet derweil, der Produzent könne „wunderbar Schwingungen auffangen“. Weshalb Raphael auch verstand, wie die Strokes klingen sollten: Nämlich so, wie eine zu ihrer Zeit ungehörte Platte, die jemand in ferner Zukunft finden würde, so Casablancas’ kryptische Vorgabe …
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Dessen ungeachtet bediente man sich durchaus moderner Mittel. Raphael verkabelte altes Equipment mit acht Mikrophonen und nahm das sich daraus ergebende Signal mit der Recording-Software „Audio Logic“ auf. Und da Casablancas beim Songwriting eine Drum Machine benutzte, bat er darum, Fabrizio Morettis Schlagzeug ebenso klingen zu lassen. Der metallisch klickende Polter-Drum-Sound der Strokes war geboren. Als Leader und alleiniger Komponist war Casablancas also bereits damals unumstritten: „Julian hat von Anfang an alles geschrieben und es gab nie einen Grund, daran etwas zu ändern“, erklärt Albert Hammond Jr. Neben ersten Demo-Aufnahmen und täglichen Proben in Manhattan’s „Music Building“ spielten die Strokes im Jahre 2000 insgesamt elf Shows in ihrer Heimatstadt, das letzte in der ziemlich angesagten „Mercury Lounge“. Booker der Lounge war der 22-jährige Ryan Gentles. Ein paar Wochen später kündigte Gentles den Job und übernahm das Management der Strokes. In seiner ersten Amtshandlung beauftragte er Matt Hickey, einen anderen Booker der „Mercury Lounge“, Kontakt mit Rough-Trade-Chef Geoff Travis aufzunehmen. Hickey spielte Travis das Strokes-Demo angeblich am Telefon vor, woraufhin dieser die Band nach London bat, um sie unter Vertrag zu nehmen …
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Travis, seit The Smiths nicht mehr so elektrisiert vom Sound einer neuen Band, überredete die Strokes, jene mit Raphael aufgenommen Demos ohne weitere Bearbeitung zu veröffentlichen. Der 22.1.2001 änderte dann auf einen Schlag alles: „The Modern Age EP“ erschien in England mit simplem Cover und nur drei Songs. So effektiv war das Verhältnis von Aufwand und Ertrag später weder beim gut halbstündigen Debütalbum noch bei den nur unwesentlich längeren ersten Konzerten. Mit der Schlagzeile „why New Yorks finest will change your life – forever” hievte der „NME“ die völlig unbekannte Band in gewohnt pathetischer Manier auf den Titel, ein beispielloser Hype nahm seinem Lauf. Ähnlich wie einst die Ramones den amerikanischen Punk nach England brachten, eroberten die Strokes innerhalb kürzester Zeit London, wie damals im „Roundhouse“ standen auch jetzt die Überflieger von morgen im Publikum. So erinnert sich Alex Turner an ein späteres Strokes-Konzert als initiierendes Erlebnis für die damals noch unentschlossen lärmenden Arctic Monkeys. Ein gutes halbes Jahr später erschien schließlich „Is This It“ – und definierte endgültig den Rock der kommenden Jahre.
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Oktober 2001: Die Ära der weißen Kopfhörer – Der iPod revolutioniert die Hörgewohnheiten
„Ich war total von den Socken“, schwärmt Moby. „Dass sämtliche CDs meiner Sammlung auf diesem kleinen MP3-Player Platz haben sollten, schien unglaublich.“ Für Apple-Chef Steve Jobs und die rund 100 Entwickler, die neun Monate auf den 23. Oktober 2001, offizieller Starttermin des iPod, hingearbeitet hatten, gab es dagegen nie Zweifel, dass dieses schlanke, weiße Etwas die Welt der Musik verändern würde. „Als ich das erste Mal einen Prototyp in der Hand hielt, waren nur 100 Songs darauf gespeichert, aber das reichte“, meint Jobs. „Die Sache war einfach klar.“ Allerdings hätten wir erwartet, dass Moby ein paar mehr CDs im Regal stehen hat: Der erste marktreife iPod bot lediglich Platz für 1 000 Stücke; die aktuelle High-End-Version speichert mit einer Kapazität von 160 Gigabyte ein Vielfaches …
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Das Gerät setzt von Anfang an Maßstäbe in Größe und Design (auch wenn die Klangqualität mit den plötzlich altmodisch wirkenden CDs immer noch nicht mithalten kann) und revolutioniert unsere Hörgewohnheiten. An den ästhetischen und technischen Vorgaben des iPod müssen sich seitdem alle Mitbewerber messen lassen. Der millionenfach verkaufte Player ist ohne Zweifel ein kulturelles Phänomen. Auch wenn der Markt aktuell gesättigt scheint und die Zahlen im Vorweihnachtsgeschäft 2007 nicht den Erwartungen entsprachen. Quasi nebenbei – iTunes diente von Anfang an allein der Absatzföderung des iPods – gelang es Apple als zunächst einzigem Anbieter ein erfolgreich arbeitendes legales Musik-Portal am Markt zu etablieren …
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Irgendwann arbeiteten sogar DJs mit dem iPod. Es gab „Bring-your-iPod“-Abende und völlig Fremde stöpselten sich auf der Straße gegenseitig in ihre Player ein. „Überall sah man die weißen Kopfhörer,“ so Moby. Die Zeiten, in denen man als iPod-Besitzer insbesondere in amerikanischen Großstädten gar um sein Leben fürchten musste, sind aber wohl vorbei. Der Prestige-Wert des Geräts hat zuletzt ein bisschen unter Massenfertigung und damit einhergehender Preissenkung gelitten. In einschlägigen Foren wird über den angeblich schlechteren Klang der neuen Generation geklagt. Der Hype ist abgeflaut, der iPod beinahe ein selbstverständlicher Alltagsgegenstand geworden. Vielleicht ist das die eigentliche Revolution.
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Oktober 2005: Die Blitzkarriere – Arctic Monkeys beflügeln den Web 2.0-Mythos
In jenem ereignisreichen Jahr 2005 überschlugen sich die Meldungen. Dauernd hörte man von dieser jungen, aufregenden Band aus Sheffield, der es angeblich alleine mit Hilfe des Internet gelungen war, einen enormen Bekanntheitsgrad zu erlangen. Die Zukunft, so schien es, hatte begonnen. Die Verursacher des Aufruhrs stellte man sich folglich als typische Vertreter einer neuen, mit dem Internet aufgewachsenen Generation vor, die sich nun anschickte, althergebrachte Vertriebsstrukturen und Abhängigkeitsverhältnisse über den Haufen zu werfen …
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Man war also überrascht, als der Sänger der Band, Alex Turner, einem bald darauf erklärte, das alles sei „ein riesiges Missverständnis“. Die Band wolle nichts weiter als Platten aufnehmen. Er selbst, so Turner weiter, sei am Internet nicht interessiert und habe nicht einmal einen Computer. Nun gehen Verwässerungen ja stets mit bedeutenden Ereignissen einher. Der schon jetzt unausrottbare Mythos von der reinen Internet-Karriere der Arctic Monkeys ist jedoch besonders fatal. Eine kurze Chronologie: Im Sommer 2005 verteilt die Band bei Konzerten ihr Demo. Fans stellen die Gratis-Musik ins Internet. Ein Freund macht seinerseits Songs auf der AM-Website verfügbar …
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Die Säle werden größer, die Presse aufmerksam. Der Hype steigt exponentiell zu jeder neuen Meldung. Arctic Monkeys veröffentlichen eine selbst produzierte Single und spielen am 6. Oktober im ausverkauften Londoner „Astoria“. Kurz danach, am 29. Oktober, erscheint der „NME“ mit der ersten Titelgeschichte. Inzwischen überbieten sich die Labels, die Band unterschreibt bei Domino. Arctic Monkeys erreichen nun ein Vielfaches ihrer vorherigen Internetgemeinde: Das am 30.1.2006 erscheinende „Whatever People Say I Am, That‘s What I‘m Not“ wird schnellstverkauftes britisches Debüt aller Zeiten. Für die Band der Beginn einer weiter andauernden Karriere. Ohne klassische Filtermedien und Plattenvertrag hätten sie vermutlich nach kurzer Zeit dem nächsten Web-Sensatiönchen weichen müssen.
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