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Die 100 besten Songs der Beatles: Platz 100 bis 67
Mit "Hello Goodbye", "Dig A Pony" und "Julia".
100. „Hello, Goodbye“
Autor: McCartney, Aufgenommen: 2., 19. und 25. Oktober, 2. November 1967, Veröffentlicht: 9. November 1967, 7 Wochen, Nr. 1
Mccartney erhob nie den Anspruch, mit dem unwiderstehlich gut gelaunten „Hello, Goodbye“ den Gipfel seiner Songschreiber-Kunst erklommen zu haben. „Es ging um Gegensätze – wobei ich den positiven Pol vertrat.“ Alistair Taylor, die Assistentin von Brian Epstein, erinnert sich, wie McCartney ihr die Kunst des Songschreibens zu vermitteln versuchte:
100. „Hello, Goodbye“
Autor: McCartney, Aufgenommen: 2., 19. und 25. Oktober, 2. November 1967, Veröffentlicht: 9. November 1967, 7 Wochen, Nr. 1
Mccartney erhob nie den Anspruch, mit dem unwiderstehlich gut gelaunten „Hello, Goodbye“ den Gipfel seiner Songschreiber-Kunst erklommen zu haben. „Es ging um Gegensätze – wobei ich den positiven Pol vertrat.“ Alistair Taylor, die Assistentin von Brian Epstein, erinnert sich, wie McCartney ihr die Kunst des Songschreibens zu vermitteln versuchte:
„Er hatte dieses wundervolle, handgeschnitzte Harmonium. ,Drück irgendeine Taste‘, sagte er, ,und ich mache das Gleiche. Wann immer ich ein Wort singe, sing du das Gegenteil – und daraus mache ich dann einen Song. Black‘, fing er an, und ich sagte ,White‘. ,Yes‘ – ,No‘. ,Hello‘ – ,Goodbye‘.“ Lennon war wenig beeindruckt: „,I Am The Walrus‘ war die B-Seite von ,Hello, Goodbye‘“, sagte er ungläubig. „Kann mir das bitte irgendjemand erklären?“
Auf dem Album:„Magical Mystery Tour“
Copyright: Cummings Archives/Redferns
99. „Yes It Is“
Autor: Lennon, Aufgenommen: 16. Februar 1965, Veröffentlicht: 25. März 1965, B-Seite („Ticket To Ride“)
Wie im falle fast aller frühen Songs äußerte sich Lennon auch zu „Yes It Is“ kritisch: „Ich versuchte, ,This Boy‘ neu zu schreiben, aber es funktionierte einfach nicht.“ Dabei wartet „Yes It Is“ mit den vielleicht kniffligsten Vokalsätzen aller Beatles-Songs auf. Wie „This Boy“ machten sie auch hier den Versuch, dem Geheimnis der dreistimmigen Harmonien von Smokey Robinson And The Miracles auf die Spur zu kommen …
Lennon, McCartney und Harrison brauchten diverse Takes, um die Feinabstimmungen hinzubekommen. Im Text ließ Lennon jene emotionale Offenheit erahnen, die ab 1965 seine Visitenkarte werden sollte. McCartney schätzte den Song: „Einer seiner gelungensten – und eine Ballade, was eher ungewöhnlich für ihn war. Ich habe ihm zwar geholfen, aber es war sein Song!“
Auf dem Album: „Past Masters“
Copyright: Keystone/Getty Images
98. „Long, Long, Long“
Autor: Harrison, Aufgenommen: 7. – 9. Oktober 1968, Veröffentlicht: 22. November 1968, nicht als Single veröffentlicht
Mit Zeilen wie „how i want you / how i love you / you know that I need you“ scheint „Long, Long, Long“ ein klassisches Liebeslied zu sein. Doch Harrisons Objekt der Anbetung war nicht von dieser Welt, es ging ihm um Gott. Musikalisch orientierte er seinen Song an Dylans „Sad-Eyed Lady Of The Lowlands“. Obwohl Lennon von früh an Dylan ins Herz geschlossen hatte, war Harrison der wahre Experte …
„George konnte Dylan zitieren wie andere Leute die Bibel“, sagte Tom Petty einmal dem ROLLING STONE. Kurz nach Veröffentlichung des „White Album“ fuhr Harrison nach Woodstock und verbrachte Thanksgiving mit Dylan. Dort schrieben sie den Song „I’d Have You Anytime“, das Eröffnungsstück von „All Things Must Pass“ – und der Beginn einer nachhaltigen Freundschaft werden sollte.
Auf dem Album: „The Beatles“
Copyright: Keystone Features/Getty Images
97. „All I’ve Got To Do“
Autor: Lennon, Aufgenommen: 11. September 1963, Veröffentlicht: 12. November 1963, nicht als Single veröffentlicht
Smokey Robinson war ein Gott für uns“, sagte McCartney einmal. Und nirgendwo war sein Einfluss greifbarer als auf „With The Beatles“. Das Album beinhaltet nicht nur sein „You Really Got A Hold On Me“, sondern mit „Not A Second Time“ und „All I’ve Got To Do“ zwei Lennon-Songs, von denen er sagte: „Das bin ich beim Versuch, Smokey Robinson zu sein“ …
„All I’ve Got To Do“ ist definitiv einer der souligsten frühen Beatles-Originale und erinnert mit seinem klagenden Gesang ein wenig an „(You Can) Depend On Me“ von den Miracles. Robinson sollte seinen Schatten über die Beatles werfen, auch nachdem sie sich längst getrennt hatten: In den Siebzigern schrieb Harrison eine Hommage namens „Pure Smokey“, und Lennon gestand, dass er selbst zur Zeit von „Double Fantasy“ noch immer so wie dieser singen wollte.
Auf dem Album: „With The Beatles“
Copyright: Mark and Colleen Hayward/Getty Images
96. „Within You Without You“
Autor: Harrison, Aufgenommen: 15. und 22. März, 3. und 4. April 1967, Veröffentlicht: 30. Mai 1967, nicht als Single veröffentlicht
Seit er 1965 auf dem Filmset von „Help!“ eine Sitar gehört hatte, war Harrison von dem Instrument fasziniert. Doch erst als er 1966 nach Indien fuhr, um sich von Sitar-Meister Ravi Shankar einweisen zu lassen, machten seine technischen Fähigkeit substanzielle Fortschritte. Oft übte Harrison acht Stunden am Tag. „Seine Leidenschaft für die Musik“, so Shankar, „beeindruckte mich sehr.“ …
Spätestens auf „Within You Without You“ zahlte sich Harrisons Eifer aus: Unterstützt von elf Streichern und anderen indischen Instrumenten steht die Sitar im Mittelpunkt einer Betrachtung über die menschliche Spiritualität. „Bis zu meinem Lebensende“, so Harrison zum ROLLING STONE im Jahr 1968 über seine Leidenschaft, die ihn tatsächlich sein ganzes Leben begleiten sollte,„werde ich davon überzeugt sein, dass es auf unserem gegenwärtigen Bewusstseins-Level keine großartigere Musik als die indische gibt.“
Auf dem Album: „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“
Copyright: Jim Gray/Keystone/Hulton Archive/Getty Images
95. „Any Time At All“
Autor: Lennon, Aufgenommen: 2. Juni 1964, Veröffentlicht: 6. Juli 1964, nicht als Single veröffentlicht
„Any Time At All“ ist der akustische Beleg, dass die Beatles bei Buddy Holly gelernt hatten: das Poltern der Gitarren, die Ergebenheit im Text, die Dringlichkeit im Gesang. Es ist das Versprechen an ein Mädchen, rund um die Uhr für sie da zu sein. Die Unverblümtheit, mit der Lennon sein Angebot formuliert, hätte Holly mit Sicherheit gefallen – er selbst war kritischer: „Ich wollte bloß Variationen von ,It Won’t Be Long‘ zu schreiben.“ …
Die Beatles hatten den Track unter großem Zeitdruck aufgenommen: „Any Time At All“ wurde am letzten Tag der „A Hard Day’s Night“-Sessions eingespielt, bevor sie sich am nächsten Morgen auf eine längere Tour begaben. (Dummerweise bekam Starr just an diesem Morgen eine Mandelentzündung – zum Tourstart in Dänemark fuhr man deshalb mit einem Aushilfs-Schlagzeuger.) „Any Time At All“ greift auf einen Studio-Trick zurück, den George Martin schon in „A Hard Day’s Night“ eingesetzt hatte: Das Piano-Solo wird, wie ein Echo in den Bergen, Ton für Ton von Harrisons Gitarre wiederholt.
Auf dem Album: „A Hard Day’s Night“
Copyright: Daily Express/Archive Photos/Getty Images
94. „You Won’t See Me“
Autor: McCartney, Aufgenommen: 11. November 1965, Veröffentlicht: 7. Dezember 1965, nicht als Single veröffentlicht
In der Nacht vom 11. November 1965 standen die Beatles unter mächtigem Druck. Die Deadline für „Rubber Soul“ rückte immer näher: Noch in der Nacht mussten sie drei Tracks aufnehmen, um das Album termingerecht abzuliefern. Obendrein hatte McCartney Ärger mit seiner Freundin Jane Asher. Er war sauer, weil die Schauspielerin nach Bristol gezogen war, um sich dort dem „Old Vic Theatre“ anzuschließen …
McCartney komprimierte seinen angestauten Ärger in „You Won’t See Me“ und schrieb bittere Zeilen wie: „Time after time, you refuse to even listen/I wouldn’t mind If I knew what I was missing“. Auch wenn der Text zickig war, so marschierte die Musik doch munter nach vorne, nicht zuletzt dank der Melodie und der Basslinie, die sich respektvoll vor den Four Tops und Hits wie „I Can’t Help Myself“ verneigten. „Der Song hatte definitiv eine Motown-Stimmung“, sagte McCartney, „ein James- Jamerson-Gefühl.“ Die Beatles waren so in Eile, dass sie den Song in zwei Takes abhakten.
Auf dem Album: „Rubber Soul“
Copyright: Michael Ochs Archives/Getty Images
93. „Sexy Sadie“
Autor: Lennon, Aufgenommen: 19. und 24. Juli, 13. und 21. August 1968, Veröffentlicht: 22. November 1968, nicht als Single veröffentlicht
Nachdem er gehört hatte, dass Maharishi Mahesh Yogi weiblichen Studenten sexuelle Avancen gemacht habe, packte Lennon umgehend seine Koffer. Während er auf ein Auto wartete, das ihn in Rishikesh abholen sollte, schrieb Lennon einen Song, der einer vernichtenden Abrechnung gleich kam. Er erzählte später, dass der Maharishi gefragt habe, warum er den Ashram verließ – woraufhin er geantwortet habe: „Wenn du so allwissend bist, wirst du den Grund schon kennen.“ …
Die ursprüngliche Version war erheblich bösartiger: „You little twat/ Who the fuck do you think you are?“ Auf Harrisons Drängen änderte er den Songtitel dann in „Sexy Sadie“. Die anderen Beatles waren in ihrer Distanzierung nicht annähernd so aggressiv. „Johns Reaktion auf diese Sexgeschichte ist komisch“, sagte McCartney. „Sie kommt mir fast prüde vor.“ Harrison nahm den Vorfall in Rishikesh noch gelassener: „Es waren eine Menge Verrückter vor Ort. Und einige davon waren wir.“
Auf dem Album: „The Beatles“
Copyright: Gamma-Keystone/Getty Images
92. „Dig A Pony“
Autor: Lennon, Aufgenommen: 22., 24., 28. und 30. Januar, 5. Februar 1969, Veröffentlicht: 8. Mai 1970, nicht als Single veröffentlicht
Das lustige lyrische Durcheinander wurde beim Auftritt auf dem Dach in der Savile Row aufgezeichnet – ein Assistent musste Lennon einen Zettel mit dem Text vor die Nase halten. „I roll a stoney/ Well, you can imitate everyone you know“, hört man ihn singen. Es war vielleicht nur Nonsens oder eine Lockerungsübung, vielleicht ging es aber auch um ihre britischen Erzrivalen, die Rolling Stones …
Lennon und McCartney hatten 1963 „I Wanna Be Your Man“ für die Stones geschrieben (Lennon bemerkte später trocken, dass „wir natürlich nicht vorhatten, ihnen etwas Besonderes“ zu geben), In einem Interview mit dem ROLLING STONE 1970 traten seine Ressentiments deutlich hervor: „Ich möchte mal eine Aufstellung darüber schreiben, was wir veröffentlichten – und was die Stones zwei Monate später auf jedem ihrer verdammten Alben machten. Was immer wir anstellten: Mick Jagger kopierte es. Sie spielen musikalisch einfach nicht in der gleichen Liga wie wir, weder musikalisch noch vom Einfluss her.“
Auf dem Album: „Let It Be“
Copyright: SSPL/Getty Images
91. „Every Little Thing“
Autor: McCartney, Aufgenommen: 29. und 30. September 1964, Veröffentlicht: 13. November 1964, nicht als Single veröffentlicht
Die schwärmerischen, wenn auch etwas selbstverliebten Lyrics von „Every Little Thing“ feierten Jane Asher, McCartneys Freundin. McCartney schrieb den Song, als er sich mit Asher und ihrer Familie in London aufhielt; zusammen mit Lennon wurde auf Tournee in Atlantic City Hand an die letzten Details gelegt. McCartney sollte später zu Protokoll geben, dass der Song „very catchy“ sei, aber nicht unbedingt das, was er sich vorgestellt hatte. „Wie bei den meisten Songs war es mein Versuch, die nächste Single zu schreiben. Aber am Ende wurde es nur ein Albumfüller.“ …
Die Aufnahme erstreckte sich über zwei Tage und neun Takes – inklusive einer Version, die in schallendem Gelächter endet. Die endgültige Version stellte einige Gewohnheiten innerhalb der Band auf den Kopf: Der hauptverantwortliche Songschreiber ist nicht mehr automatisch der Lead-Sänger – Lennons Stimme steht im Vordergrund. Und Starr verließ sein angestammtes Drum-Set, um beim Refrain mächtig auf die Pauke zu hauen.
Auf dem Album: „Beatles For Sale“
Copyright: Gamma-Keystone/Getty Images
90. „The Long And Winding Road“
Autor: McCartney, Aufgenommen: 26. und 31. Januar 1969, 1. April 1970, Veröffentlicht: 8. Mai 1970, 3 Wochen, Nr. 26
McCartney schrieb den Song, als ihm bewusst wurde, dass die Beatles unwiderruflich auseinanderdrifteten. Anfang 1969 trieben kreative und finanzielle Differenzen einen Keil zwischen die Bandmitglieder. Lennon hatte den anderen bereits angekündigt, aus der Band auszusteigen zu wollen; Starr hatte sich zwischenzeitlich bereits verabschiedet – und auch Harrison und McCartney waren für Wochen verschwunden …
„Es ist ein trauriger Song“, so McCartney, „weil er von den unerreichbaren Dingen im Leben handelt. Ich stand zu der damaligen Zeit etwas neben mir.“ Später gab es für McCartney noch ein böses Erwachen: Lennon hatte die Bänder Phil Spector gegeben, der auch diesen Track überarbeitete und mit Streichern sowie einem Chor ergänzte. „Es war für Paul ein Schlag ins Gesicht“, erinnert sich Geoff Emerick. Kurz darauf veröffentlichte McCartney sein Solo-Album und informierte die Welt, dass das Kapitel Beatles abgeschlossen sei.
Auf dem Album: „Let It Be“
Copyright: Evening Standard/Getty Images
89. „Good Day Sunshine“
Autor: McCartney, Aufgenommen: 8. und 9. Juni 1966 Veröffentlicht: 28. Juli 1966, nicht als Single veröffentlicht
„Good Day Sunshine“, geschrieben an einem heißen Sommertag, war McCartneys Versuch, den Lovin’ Spoonful nachzueifern und einen altmodischen, sonnigen Sommer-Hit wie „Daydream“ zu schreiben – „was damals unser liebstes Lied von ihnen war“. Der Song profitierte von einem der cleveren Studiotricks, mit denen George Martin die Band manchmal überraschte: Er nahm verschiedene Songteile in verschiedenen Geschwindigkeiten auf …
Während McCartney die Pianoakkorde spielt, stammt das verlangsamte Honky-Tonk-Solo, das sich nach dem verkürzten zweiten Vers anschließt, von Martin selbst. Das Resultat ist ein schwungvolles Intermezzo, das organisch klingt, obwohl es erst durch eine technische Spielerei ermöglicht wurde. Martins Verständnis der Aufnahmetechnik – sich stets der Musik unterzuordnen und auf hohle Gimmicks zu verzichten – sollte mit Abstand sein wichtigster Beitrag zu „Revolver“ sein. „Dafür, dass er ein Erwachsener war“, so McCartney, „war George Martin erstaunlich abenteuerlustig.“
Auf dem Album: „Revolver“
Copyright: Hulton Archive/Getty Images
88. „Rain“
Autor: Lennon, Aufgenommen: 14. und 16. April 1966, Veröffentlicht: 23. Mai 1966, B-Seite („Paperback Writer“)
Ein dezidiertes Thema hatte der Lennon-Song nicht: „Die Leute jammern und stöhnen immer, weil … ihnen das Wetter auf den Geist geht“, gab Lennon zu Protokoll. Immerhin war die Aufnahme, drei Monate vor „Revolver“ als B-Seite von „Paperback Writer“ veröffentlicht, der erste Versuch der Beatles, ihre Erfahrungen mit LSD in die Aufnahmen einfließen zu lassen. Es gibt jede Menge irritierender Sounds – vom scheinbar schmelzenden Harmoniegesang bis zu Starrs verwirrenden Beats –, und es gibt das raunende Versprechen, dass es hinter der Realität noch eine andere Wirklichkeit gibt:
„I can show you“, singt Lennon, „can you hear me?“ Der surrealste Effekt aber basierte auf einem Zufall: Lennon hatte einen Roh-Mix mit nach Hause genommen, das Band aber – voll zugeknallt – verkehrtherum in sein Tonbandgerät eingelegt. Er war begeistert, als er plötzlich seine Stimme rückwärts hörte – so begeistert, dass er darauf bestand, dieses Element im Fade-Out des Songs einzubauen. „Von diesem Tag an“, schreibt Toningenieur Geoff Emerick, „musste praktisch jeder Overdub auf ‚Revolver‘ sowohl vorwärts als auch rückwärts angehört werden.“
Auf dem Album: „Past Masters“
Copyright: K & K Ulf Kruger OHG/Redferns
87. „Love Me Do“
Autor: McCartney-Lennon, Aufgenommen: 11. September 1962, Veröffentlicht: 28. Februar 1963, keine Chartplatzierung
Auf ihrer Debütsingle landete einer der ersten Songs, die Lennon und McCartney gemeinsam geschrieben hatten. 1958 waren sie noch Teenager, träumten von Ruhm und Reichtum und kritzelten Songs in ihre Schulhefte, vergaßen dabei aber nie, „Another Lennon-McCartney Original“ oben auf die Seite zu schreiben. „Love Me Do“ wurde im Oktober 1962 in England veröffentlicht (mit „P.S. I Love You“ auf der Rückseite) und landete in den Charts auf Platz 17 …
Als die Single im April 1964 endlich in den USA erschien, war die Beatlemania bereits in vollem Gange – und „Love Me Do“ marschierte zielstrebig an die Spitze der Charts. Die Beatles nahmen den Song mit Drummer Pete Best auf, als George Martin sie in der Abbey Road erstmals unter die Lupe nahm. Nachdem Best durch Starr ersetzt worden war, ließ Martin sie eine zweite Version einspielen – und sogar eine dritte mit einem Studio-Drummer, weil er von Starrs Talenten nicht überzeugt war. „Ringo wird mir das nie im Leben vergeben“, sagte Martin lachend.
Auf den Alben: „Past Masters“ und „Please Please Me“
Copyright: Harry Hammond/V&A Images/Getty Images
86. „Lady Madonna“
Autor: McCartney, Aufgenommen: 3. und 6. Februar 1968, Veröffentlicht: 27. Februar 1968, 6 Wochen, Nr. 2
Mit „Lady Madonna“ verneigte sich McCartney einmal mehr vor der prototypischen Frau und Mutter aus der Arbeiterklasse und würzte seine Lyrics erneut mit einem Schuss irisch-katholischer Symbolik. „,Lady Madonna‘ war zunächst Virgin Mary“, so McCartney, „dann war es eine anonyme Frau aus der Arbeiterklasse, von denen es in Liverpool bekanntlich Millionen gibt:Aufgrund der engen Beziehung zu Irland ist der Katholizismus in Liverpool nun mal weit verbreitet.“ …
Die Madonna des Songs ist eine leidgeprüfte, doch unerschütterliche Matriarchin – so zäh wie die Protagonistin aus „Eleanor Rigby“, so fürsorglich wie Mother Mary aus „Let It Be“. Was die Musik betrifft, so kam die Inspiration diesmal aus einer weitaus weltlicheren Quelle, nämlich von Fats Domino und seinem Piano-Boogie aus New Orleans. Die Aufnahme, die McCartney „seine Fats-Domino-Impression“ nannte, ist eine tiefe Verneigung vor dem R&B aus New Orleans.
Auf dem Album: „Past Masters“
Copyright: Daily Express/Archive Photos/Getty Images
85. „Back In The USSR“
Autor: McCartney, Aufgenommen: 22. und 23. August 1968, Veröffentlicht: 22. November 1968, nicht als Single veröffentlicht
Bei dem Opener des „Weißen Album“ half einer der amerikanischen Rockstars mit, die der Song eigentlich auf den Arm nahm: Im Februar 1968 spielte McCartney seine Parodie auf Chuck Berrys „Back In The USA“ dem Beach Boy Mike Love vor, der sich ebenfalls in Maharishis Ashram in Indien befand. Love schlug eine „California Girls“-ähnliche Passage vor, in der entsprechend die Qualitäten sowjetischer Mädchen gerühmt werden sollten …
Als man am 22. August den Song im Studio umsetzen wollte, lagen sich die Beatles allerdings bereits in den Haaren. Als McCartney Starrs Schlagzeugspiel kritisierte, gab der kurzerhand den Austritt aus der Band bekannt, stampfte hinaus und fuhr zum Urlaub ans Mittelmeer. Die verbleibenden Beatles arbeiteten weiter: McCartney setzte sich ans Schlagzeug, Lennon bediente den sechssaitigen Bass – und am nächsten Tag rundete man den Song mit etwas Düsenlärm aus dem Soundarchiv ab. Als Ringo zwei Wochen später zurückkehrte, lag auf seinem Schlagzeug ein Strauß Blumen.
Auf dem Album: „The Beatles“
Copyright: Gamma-Keystone/Getty Images
84. „Across The Universe“
Autor: Lennon | Aufgenommen: 4. und 8. Februar 1968 Veröffentlicht: 8. Mai 1970, nicht als Single veröffentlicht
Die Worte zu „Across The Universe“ seien ihm „in den Schoß gefallen“, so Lennon. „Sie gehören mir nicht. Sie flossen einfach durch mich.“ Der Song ist eine Hymne auf das kosmische Bewusstsein und beschreibt mit philosophischer Gelassenheit „pools of sorrow, waves of joy are drifting through my opened mind“. Im Refrain wird Guru Dev genannt, der Lehrer von Maharishi Mahesh Yogi. „Es ist einer der besten Texte, die ich geschrieben habe“, sagte Lennon dem ROLLING STONE. „Vielleicht sogar der beste. Es ist einfach gelungene Poesie oder wie immer man das nennen mag.“ …
Mit der Aufnahme, die man ursprünglich für das „Weiße Album“ eingeplant hatte, war Lennon hingegen weit weniger glücklich. Toningenieur Geoff Emerick erinnert sich, dass „eine Aufnahme nach der anderen gemacht wurde. Es war einfach nicht das, was John in seinem Kopf hörte“. Der Song blieb liegen, bis ihn Produzent Phil Spector für „Let It Be“ neu bearbeitete: Er fügte Chor und Orchester hinzu. „Spector nahm sich das Tape“, so Lennon, „und machte einen verdammt guten Job.“
Auf den Alben: „Past Masters“ und „Let It Be“
Copyright: Gamma-Keystone/Getty Images
83. „I’m So Tired“
Autor: Lennon, Aufgenommen: 8. Oktober 1968, Veröffentlicht: 22. November 1968, nicht als Single veröffentlicht
Lennon schrieb den Song, als er sich bei Maharishi Mahesh Yogi in Indien aufhielt. Da im Ashram Alkohol, Drogen und Zigaretten verboten waren, vertiefte sich Lennon tagsüber in die Meditation, während er sich nachts schlaflos im Bett wälzte und an Yoko Ono dachte (die er ursprünglich nach Indien mitnehmen wollte, obwohl auch seine Frau Cynthia anwesend war). „I’m So Tired“ dokumentiert Lennons emotionale Verunsicherung. Er war ein offener Brief an Yoko, deren Lebenszeichen aus London er als einen rettenden Anker empfand …
„Ich fing an, in ihr eine richtige Frau zu sehen – und nicht nur eine intelligente Frau“, sagte er. Der Track auf dem „Weißen Album“ sollte eine von Lennons liebsten Beatles-Aufnahmen werden. McCartney mochte den Song ebenfalls: Auf einer der „Let It Be“-Sessions 1969 spielten die Beatles eine spontane, nicht ganz ernstgemeinte Version des Songs ein, bei der McCartney die Lead-Vocals übernahm – auch wenn ihm wohl bewusst war, dass „I’m So Tired“ „definitiv Johns Kommentar zu dieser Welt“ war.
Auf dem Album: „The Beatles“
Copyright: Jim Gray/Keystone/Getty Images
82. „She’s Leaving Home“
Autor: McCartney, Aufgenommen: 17. und 20. März 1967, Veröffentlicht: 30. Mai 1967, nicht als Single veröffentlicht
Die Vorlage des Songs war ein Artikel über eine gutsituierte 17-Jährige namens Melanie Coe, die plötzlich aus dem Haus ihrer Eltern in London verschwand. Während McCartney aus der Sicht des Teenagers sang, übernahm Lennon den Part der leidgeprüften Eltern. McCartney war so versessen darauf, den Song umgehend einzuspielen, dass er nicht auf George Martin warten mochte, sondern für die Streicher den Arrangeur Mike Leander engagierte …
„Ich war überrascht und auch verletzt“, erinnerte sich Martin später. „Aber Paul ist eben Paul.“ Die wirkliche Melanie Coe kehrte zu ihren Eltern zurück: Sie war schwanger gewesen und hatte heimlich eine Abtreibung vorgenommen. Das Mädchen im Song indes stand für all die Teenager, die – frustriert vom kleinbürgerlichen Leben in den Sechzigern – Reißaus nehmen wollten. Im April 1967 besuchte McCartney Brian Wilson und dessen Frau, um ihnen „She’s Leaving Home“ vorzuspielen. „Es war einfach wundervoll“, so Wilson.
Auf dem Album: „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“
Copyright: Ian Tyas/Getty Images
81. „Hey Bulldog“
Autor: Lennon, Aufgenommen: 11. Februar 1968, Veröffentlicht: 21. Januar 1969, nicht als Single veröffentlicht
Was als Schnapsidee begann, war am Ende so „heavy“ wie kaum eine andere Beatles-Nummer. Da sie sich eh in Abbey Road treffen mussten, um ein Promo-Video für „Lady Madonna“ aufzunehmen, entschloss man sich, schnell die noch fehlende Nummer für „Yellow Submarine“ rauszuhauen. „Paul meinte, wir sollten live im Studio etwas aufnehmen“, so Lennon, „und fragte mich: ,Hast du was auf Lager?‘ Ich hatte zu Hause ein paar Zeilen, also brachte ich sie mit.“ …
Ein paar Tage zuvor war McCartney mit Paul Jones im Studio gewesen, um Drums auf einem Song namens „The Dog Presides“ zu spielen, in dem auch echtes Hundegebell zu hören war. Und so geschah es, dass Lennon und McCartney plötzlich um die Wette bellten und knurrten – und den Song auf den Namen „Hey Bulldog“ tauften. Harrison benutzte eine Fuzz-Box, drehte seinen Verstärker voll auf und schleuderte ein besonders bösartiges Solo heraus. „Ich half John dabei, die Nummer in trockene Tücher zu bringen“, so McCartney. Lennon nannte die Nummer „a good-sounding record that means nothing“.
Auf dem Album: „Yellow Submarine“
Copyright: Gamma-Keystone/Getty Images
„Als Linda und ich zusammenkamen“, sagte er, „stellten wir fest, dass wir beide eine tiefe Liebe zur Natur hatten.“ Als McCartney den Song aufnahm, waren die Sessions zum „Weißen Album“ bereits zu parallel laufenden Solo-Projekten degeneriert. „Mother Nature’s Son“ ist einer von vier Tracks auf diesem Album, die McCartney im Alleingang aufnahm. Am 9. August, nachdem die Band nach Hause gegangen war, spielte er den Basic-Track ein, um sich dann elf Tage später noch ans Schlagzeug zu setzen und eine Bläsergruppe zu dirigieren.
Auf dem Album: „The Beatles“
Copyright: Stroud/Express/Getty Images
79. „I’ll Follow The Sun“
Autor: McCartney, Aufgenommen: 14. Oktober 1964, Veröffentlicht: 13. November 1964, nicht als Single veröffentlicht
Als sie den Tack für „Beatles For Sale“ aufnahmen, war die Nummer bereits ein Oldie: McCartney hatte den Song schon als Teenager geschrieben und mit Lennon und Harrison auch gespielt, als sie noch unter dem Namen „Quarry Men“ auftraten. Die Beatles gruben ihn jedoch erst wieder aus, als ihnen das Material für anstehende Aufnahme-Sessions ausging. Ein Grund für ihre Zurückhaltung war sicher der, dass ihnen der Song zur Zeit ihrer Leder-Rocker-Phase einfach zu zahm war …
Als sie ihn dann endlich aufnahmen, war aus dem Rockabilly-Shuffle sogar ein Cha-Cha geworden. „Die nächste Single musste immer anders sein“, sagte McCartney. „Wir wollten nicht den selben Fehler wie die Supremes begehen, deren Singles alle gleich klangen. Deshalb suchten wir ständig nach neuen Instrumenten. Ringo konnte nun mal nicht ständig sein Drum-Kit umbauen, aber er konnte zumindest die Snare auswechseln, auf einem Pappkarton spielen oder die Hände auf seine Knie schlagen.“
Auf dem Album: „Beatles For Sale“
Copyright: Mark and Colleen Hayward/Getty Images
78. „And Your Bird Can Sing“
Autor: Lennon, Aufgenommen: 20. und 26. April 1966, Veröffentlicht: 28. Juli 1966, nicht als Single veröffentlicht
Als sie den Song zum ersten mal auf-nahmen, klang er so ingeniös wie der Versuch einer x-beliebigen Band, „Eight Miles High“ von den Byrds mit einer Turbo-Folk-Rock-Version zu übertreffen. Sechs Tage später warfen sie die erste Version in den Papierkorb und verbrachten zwölf Stunden damit, den Song neu zu konstruieren. Die doppelte Lead-Gitarre, von Harrison und McCartney gespielt, wurde deutlich gestrafft und in den Mittelpunkt des Songs gestellt …
Lennon beschrieb „And Your Bird Can Sing“ später als ein „Abfallprodukt“. Die Zeile „You say you’ve seen seven wonders“ verweist allerdings auf einen historischen Augenblick: die Nacht, in der die Beatles mit Bob Dylan zum ersten Mal Pot rauchten. Die Erfahrung war so signifikant, dass ein bekiffter McCartney aufgeregt verkündete, dass er gerade das Wesen des Universums entschlüsselt habe: „Es sind sieben verschiedene Ebenen!“
Auf dem Album: „Revolver“
Copyright: Cummings Archives/Redferns
77. „Because“
Autor: Lennon, Aufgenommen: 1., 4. und 5. August 1969, Veröffentlicht: 26. September 1969, nicht als Single veröffentlicht
Lennon schrieb diese träumerische Melodie, nachdem Yoko Ono auf ihrem gemeinsamen Piano Beethovens Mondschein-Sonate gespielt hatte. Er bat sie, einmal die Akkorde rückwärts zu spielen – und nutzte die Harmoniefolgen dann für seinen Song. McCartney vermutete, dass Yoko auch am Schreiben des Textes beteiligt war: „Es waren Worte, die sie gerne benutze – ,wind, sky‘ und ,earth‘ tauchen wiederholt auf. John war damals erheblich von ihr beeinflusst.“ …
George Martin hatte eine neunstimmige Harmonie vorbereitet, aber da nur fünf Spuren für die Vokalaufnahmen zur Verfügung standen, sangen Lennon, McCartney und Harrison eine dreistimmige Harmonie live ein – und legten die anderen Harmonien dann mit zwei Overdubs darüber. Umfangreiche Proben und fünf Stunden konzentrierte Aufnahmen waren notwendig, das Ergebnis aber war atemberaubend: „Because“ war ein voluminöser, komplexer Tagtraum, den McCartney und Harrison als ihren liebsten Track auf „Abbey Road“ bezeichneten.
Auf dem Album: „Abbey Road“
Copyright: Express/Express/Getty Images
76. „Yer Blues“
Autor: Lennon, Aufgenommen: 13., 14. und 20. August 1968, Veröffentlicht: 22. November 1968, nicht als Single veröffentlicht
Lennon hatte den Blues, als er in Indien beim Maharishi hockte. Selbstmord-Gedanken seien ihm durch den Kopf gegangen, sagte er später, und die Suche nach dem vermaledeiten kosmischen Bewusstsein habe ihn so kirre gemacht, dass er sich wie Mr. Jones in Dylans „Ballad Of A Thin Man“ fühlte. Lennon verarbeitete seinen Weltschmerz in einem seiner mitreißendsten Liedern …
Um die Atmosphäre ihrer frühen Jahre zu reanimieren, steckte Lennon die Band in eine bessere Besenkammer, wo sie Schulter an Schulter den Basic-Track aufnahmen. Einige Wochen nach der Veröffentlichung auf dem „Weißen Album“ spielte Lennon „Yer Blues“ einmal mit den Dirty Mac (Eric Clapton, Keith Richards, Mitch Mitchell) – jener „Supergroup“, die nur für den einmaligen Auftritt beim „Rock’n’Roll Circus“ der Rolling Stones zusammengestellt worden war. Es sollte auch der einzige Beatles-Song sein, den er ein Jahr später beim Toronto-Gig der Plastic Ono Band ins Programm nahm.
Auf dem Album: „The Beatles“
Copyright: Jim Gray/Keystone/Getty Images
75. „Think For Yourself“
Autor: Harrison, Aufgenommen: 8. November 1965, Veröffentlicht: 7. Dezember 1965, nicht als Single veröffentlicht
Im Herbst 1965 standen die Beatles unter dem Druck, rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft ihr neues Album „Rubber Soul“ einzuspielen. Weil geeignetes Material knapp war, machte man einen Versuch mit einem neuen Harrison-Song, der ursprünglich „Won’t Be There With You“ hieß. Der Basic-Track wurde in nur einem Take eingespielt und war gerade einmal 2 Minuten 19 lang. Es war offensichtlich eine Aufnahme, in die die Band nicht allzu viel Grübelei investieren wollte …
Lennon verpatzte ein ums andere Mal seine Vocals, und das ständige Kichern, vermutlich ausgelöst durch einen kreisenden Joint, trug auch nicht gerade zum konzentrierten Arbeiten bei. Dem Song sollte es allerdings nicht schaden: Von McCartneys fuzzigem Bass bis zu Starrs galoppierenden Drums lebt „Think For Yourself“ von einem unbändigen Garagen-Band-Drive. Und wer war die Person, auf die Harrison so wütend war? Nicht mal er selbst war sich noch sicher. „Nach all diesen Jahren“ schrieb er 1980, „kann ich mich nicht mehr erinnern, wer den Song auslöste. Vermutlich die Regierung.“
Auf dem Album: „Rubber Soul“
Copyright: Michael Ochs Archives/Getty Images
74. „Yellow Submarine“
Autor: McCartney, Aufgenommen: 26. Mai und 1. Juni 1966, Veröffentlicht: 28. Juli 1966, 7 Wochen, Nr. 1
Der Beatles liebster Lausbubensong wurde geschrieben für Ringo. „Ich dachte mir“, so McCartney, „da Ringo so toll mit Kindern umgehen konnte, wäre es vielleicht nicht die dümmste Idee, ihn gleich ein Kinderlied singen zu lassen.“ Noch heute bleibt „Yellow Submarine“ mit seinem süffigen Singalong die Einstiegsdroge für Kinder, die auf diesem Wege die Beatles kennenlernen. Der Song lieferte die Idee für den gleichnamigen Zeichentrickfilm von 1968 als auch für „Octopus Garden“, die inoffizielle Fortsetzung, die später auf „Abbey Road“ landete …
George Martin, früher Produzent von Comedy-Platten wie „The Goon Show“, konnte aus seinen Erfahrungen schöpfen: Er zauberte eine ganze Palette von Soundeffekten herbei, um eine Unterwasser-Atmosphäre zu generieren. Lennon blies ins Wasser und gab zusammen mit McCartney Befehle an die imaginäre U-Boot-Besatzung. Mit Marianne Faithfull und Brian Jones wurden sogar ein paar Freunde ins Studio geladen, um mitzuhelfen.
Auf dem Album: „Revolver“
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73. „Everybody’s Got Something To Hide Except For Me And My Monkey“
Autor: Lennon, Aufgenommen: 27. Juni, 1. und 23. Juli 1968, Veröffentlicht: 22. November 1968, nicht als Single veröffentlicht
Hinter dieser Detonation aus explodierenden Gitarren und herausgebellten Vocals versteckt sich laut Lennon eigentlich ein Song über Yoko. „Alle außer uns beiden schienen paranoid zu sein. Wir sonnten uns im Glanz der Liebe. Aber alle anderen waren furchtbar verkrampft – wie: ,Was hat sie bloß hier im Studio zu suchen?‘“ …
McCartney hegte die Vermutung, dass der Song eigentlich Heroin thematisierte: „John fing an, von einem ,Fix‘ oder einem ,Affen‘ zu reden. Es war eine Terminologie, mit der sich der Rest der Band überhaupt nicht anfreunden konnte.“ Lennon behauptete allerdings: „Es waren die Beatles und ihre Freunde, die uns zum Heroin brachten.“
Auf dem Album: „The Beatles“
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72. „From Me To You“
Autor: Lennon/McCartney, Aufgenommen: 5. März 1963, Veröffentlicht: 8. April 1963, keine Chartplatzierung
„Ich fragte sie nach einem Song, der so gut wie ,Please Please Me‘ sei – und sie brachten mir einen: ,From Me To You‘“, so George Martin. „Sie schienen an einer nie versiegenden Quelle für wunderbare Songs zu sitzen.“ Martin war nicht der einzige, der den Song liebte. Del Shannon, mit dem sie im April 1963 gemeinsam auf Tour waren, hörte den Song, nahm ihn umgehend auf – und bescherte Lennon und McCartney ihre erste Platzierung in den amerikanischen Top 100 …
(Lennon hatte gegen die Veröffentlichung allerdings noch Bedenken angemeldet: Er befürchtete, dass ihre Chancen auf einen Durchbruch im amerikanischen Markt dadurch gemindert würden.) Auf „From Me To You“ spielt Lennon eine Jimmy-Reed-inspirierte Mundharmonika. „Es steht inzwischen ja in den Geschichtsbüchern“, erklärte Delbert McClinton später, „dass ich John gezeigt habe, wie man Mundharmonika spielt. John sagte mir: ,Bring mir was bei!‘ Ich war ziemlich konkurrenzlos damals, weil es nicht allzu viele Leute in der Popmusik gab, die Mundharmonika spielten.“
Auf dem Album: „Past Masters“
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71. „I’m A Loser“
Autor: Lennon, Aufgenommen: 14. August 1964, Veröffentlicht: 13. November 1964, B-Seite („Rock’n’Roll Music“)
Als er sich 1980 im Rückblick noch einmal zu „I’m A Loser“ äußerte, meinte Lennon: „Ein Teil von mir hat den Verdacht, dass ich ein Verlierer bin, der andere Teil glaubt, ich sei Gott höchstpersönlich.“ Countrymusik und Bob Dylan waren die Katalysatoren dieses Songs: Das Country-Element findet sich im Fingerpicking, im Gitarren-Twang und im desperaten Tonfall des Textes. 1964 hörten die Beatles viel Buck Owens und George Jones, die – so McCartney – eigentlich „nur über todtraurige Sachen“ sangen …
Die Prise Dylan hört man in Lennons Gesang, dem Einsatz der Mundharmonika – und der Verwendung des Wortes „clown“: Lennon hatte das Wort bislang als zu kunstbeflissen abgelehnt, änderte aber seine Meinung, nachdem auch Dylan es einsetzte. Die Handschrift der Beatles war dennoch unübersehbar: in den überschäumenden Vokal-Harmonien des Intros, in einer Melodie, die urplötzlich zu seinem Sturzflug ansetzt, in Harrisons Carl-Perkins-Vignetten und in Lennons psychologischer Scharfsinnigkeit: „Is it for her or myself that I cry?“
Auf dem Album: „Beatles For Sale“
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70. „You Can’t Do That“
Autor: Lennon, Aufgenommen: 25. Februar 1964, Veröffentlicht: 9. März 1964, B-Seite („Can’t Buy Me Love)
Vier tage nach der Rückkehr von ihrer triumphalen ersten US-Tournee waren die Beatles bereits wieder im Studio, um die Nachfrage nach frischem Material zu befriedigen. (Es war gleichzeitig auch Harrisons 21. Geburtstag, obwohl er kaum die Zeit gefunden haben dürfte, die 30.000 Geburtstagskarten zu beantworten, die für ihn eingegangen waren.) Auf dem Produktions-Schedule stand ein neuer Lennon-Song, der seine Liebe für kantigen amerikanischen R&B dokumentiert …
Auf „You Can’t Do That“ feierte ein neues Instrument Premiere, das Harrison kurz zuvor in New York gekauft hatte: eine 12-saitige Rickenbacker 360/12 – das zweite Exemplar, das überhaupt produziert wurde. Der unverkennbare Sound sollte in den nächsten Jahren den Stil der Beatles ausmachen. Die Lead-Gitarre auf „You Can’t Do That“ allerdings stammte von Lennon. „Ich habe immer meinen ganz eigenen Stil gehabt“, so Lennon „aber ich stand stets im Schatten. Ich bin der unsichtbare Gitarrist.“
Auf dem Album: „A Hard Day’s Night“
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69. „Julia“
Autor: Lennon, Aufgenommen: 13. Oktober 1968, Veröffentlicht: 22. November 1968, nicht als Single veröffentlicht
Julia Lennon hatte das musikalische Talent ihres Sohnes gefördert und ihm seine erste Gitarre geschenkt. Doch nachdem sie sich von Johns Vater getrennt hatte, gründete sie mit einem anderen Mann eine neue Familie und gab ihren Sohn in die Obhut von Schwester Mimi. Obwohl sie nur wenige Kilometer entfernt wohnte, sollte sie sich in den kommenden Jahren nur noch selten um ihren Sohn kümmern. John war 17 Jahre alt und hatte längst ein entspannteres Verhältnis zu seiner Mutter, als sie von einem Auto angefahren und getötet wurde …
„Ich habe sie zwei Mal verloren“, sagte Lennon. „Einmal als Fünfjähriger, als ich zu meiner Tante geschickt wurde. Und dann nochmal, als sie starb.“ „Julia“ ist Lennons einzige Solo-Aufnahme im gesamten Beatles-Katalog und wurde als letzte Nummer für das „White Album“ eingespielt. Auf dem Demo war McCartney noch mit Vocals vertreten, aber die finale Version beinhaltet nur Johns Stimme und Gitarre. „Julia war nun mal meine Mutter“, sagte Lennon, „auch wenn in dem Song Yoko und meine Mutter miteinander verschwimmen.“
Auf dem Album: „The Beatles“
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68. „Baby, You’re A Rich Man“
Autor: Lennon/McCartney, Aufgenommen: 11. Mai 1967, Veröffentlicht: 30. Juni 1967, B-Seite („All You Need Is Love“)
Der Songtitel kam von McCartney, doch die Thematik ist klassischer Lennon. Der selbst ernannte Working Class Hero liebte nichts mehr, als der betuchten Gesellschaft auf die Füße zu treten. „Der Punkt war: Hör auf zu jammern – du bist ein reicher Mann.“ Aber wenn er sang: „How does it feel to be one of the beautiful people?“, redete er mit sich selbst …
Die Beatles nahmen als Grundgerüst zunächst Piano, Bass und klatschende Hände auf. Den kreischenden Sound erzeugte Lennon auf einer Clavioline, einem Vorläufer des Synthesizers. Mick Jagger war als Gast bei der Session zugegen und half möglicherweise bei den Background-Vocals aus. „Baby, You’re A Rich Man“ spiegelt die spielerische Stimmung im Sommer 1967 wieder – eine Stimmung, die sich bei den Beatles deutlicher niederschlug als bei anderen Bands.
Auf dem Album: „Magical Mystery Tour“
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67. „Oh! Darling“
Autor: McCartney, Aufgenommen: 20. und 26. April, 17., 18. und 22. Juli, 11. August 1969, Veröffentlicht: 26. September 1969, nicht als Single veröffentlicht
Harrison beschrieb diesen doo-wop-lastigen Rocker als „einen Song, der auch aus dem Jahr 1955 hätte stammen können. Wir sangen im Background ein paar zarte Ooh-Oohs, aber hauptsächlich ist es Paul, der alles aus seinen Stimmbändern herausholt“. Die orgiastischen Little-Richard-Schreie, McCartneys Trademark der frühen Beatles-Jahre, ließen sich inzwischen nicht mehr beliebig reproduzieren. „Ich versuchte es jeden Morgen, wenn ich ins Studio kam“, so McCartney …
„Ich versuchte es mit einem Hand- sowie einem Ständermikro. Ich versuchte es in allen erdenklichen Variationen und bekam die Vocals schließlich so hin, dass ich einigermaßen zufrieden damit war.“ Ton-Ingenieur Geoff Emerick erinnert sich, dass McCartney seine Vocals einsang, während der Backing-Track über die Lautsprecher lief, also nicht – wie üblich – aus den Kopfhörern kam. Er wollte eine Situation simulieren, in der er live vor einem Publikum sang. Lennon mochte den Song, meinte aber, dass der Song „mehr zu meinem Stil als zu seinem“ passte.
Auf dem Album: „Abbey Road“
Copyright: Cummings Archives/Redferns
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