Norah Jones
über ihre neuen Rollen in Musik und Film
Der Riesenerfolg als Interpretin beflügelte die 27-Jährige, sich auf ihrem neuen Album als Songwriterin zu versuchen.
Fragte man Norah Jones bislang nach Makeln in ihrer makellosen Karriere, kam die Antwort prompt: Sie sei keine besonders gute Komponistin, rügte sie sich selbst und erklärte so den Umstand, dass die Songs ihrer ersten beiden Alben meist von anderen Leuten stammten. Von großen, bekannten wie Tom Waits, Hank Williams oder J.D. Loudermilk, oder aber von befreundeten Musikern, auch denen aus der eigenen Band. Im letzten Jahr versteckte sie sich mit ihren Kollaborateuren hinter dem Pseudonym The Little Willies und nahm eine entspannte Platte mit Lieblingssongs von Leiber & Stoller bis Townes van Zandt auf. Mit „Never Too Late“, einem Album, das sie allein mit Bassist und Dauerfreund Lee Alexander schrieb, wagt sie nun den Schritt von der Interpretin zur Songwriterin. Das Rezept ist jedoch das gleiche geblieben: Jones mischt Songwriter-Folk mit Blues, Americana und (immer weniger) Jazz und ist dabei wieder sullky und moody – und ein bisschen schläfrig.
Sie haben das neue Album in Ihrem New Yorker Apartment aufgenommen. Klingt wie ein toller Luxus.
Es ist ein toller Luxus. Lee ersteigert schon seit Jahren wie ein Irrer dieses ganze analoge Zeug bei Ebay, und mit der Zeit ist so ein ganzes Studio zusammengekommen. Schließlich haben wir das Apartment entsprechend umgebaut. Die ersten Aufnahmen waren die für das Little Willies-Album. Es musste alles sehr schnell gehen, weil uns plötzlich klar wurde, das die Beteiligten nur noch für kurze Zeit gemeinsam in der Stadt waren, es war ziemlich aufregend. Aber das ist ja das Großartige: Wir können jetzt jederzeit aufnehmen, ohne Deadlines, ohne den Zwang, ein Ergebnis zu produzieren. Praktisch alle unsere Freunde sind Musiker, und viele von ihnen haben keinen Deal. Es ist toll, ihnen das Studio zur Verfügung stellen zu können.
Welche persönlichen und musikalischen Veränderungen dokumentiert Ihr neues Album?
Songs zu schreiben ist schon eine große Sache für mich. Mit den ersten beiden Alben passierte alles sehr schnell, und alles war großartig. Aber ich war als Komponistin noch nicht so weit, das hat schon ein bisschen an meinem Selbstverständnis gekratzt. Auf der letzten Tour bin ich dann in einen Schreibrhythmus gekommen, und Lee hat die Sachen später gerade gebogen und rausgeputzt. Besonders bei den Texten ist er eine echte Hilfe.
Waren die anderen Bandmitglieder nicht beleidigt, dass sie dieses Mal nicht dabei sind und keine Tantiemen bekommen?
Ich denke, sie hatten es damals nicht erwartet und sie erwarteten es auch diesmal nicht. Ich würde eher sagen, dass sie stolz auf mich sind. Klar haben ihnen die Credits eine ganze Menge Kleingeld gebracht, aber sie haben immerhin einen festen Job bei mir. Und ich bezahle sie gut.
Haben Sie sich keine Sorgen gemacht, dass das eigene Material nicht gut genug sein könnte, um den riesigen Erfolg zu wiederholen? Oder wissen Sie genau, warum sie so erfolgreich sind?
Nein, weiß ich nicht. Und, um ehrlich zu sein: Ich bin nie ausgezogen, um die Welt zu erobern. All die endlosen Möglichkeiten sind mir vor die Füße gelegt worden, und ich habe sie halt ergriffen. Aber wir hatten schon immer dieses kleine, private Band-Gefühl, dem ich sehr vertraue. Die eigenen Songs verstärken das eher, weil sie näher an mir dran sind und ich sie – denke ich – glaubhafter singen kann.
Würden Sie im Ruckblick sagen, dass Sie den Erfolg und alles, was damit verbunden ist, bewusst erlebt haben?
Die Leute haben in mir ja immer dieses fragile, zauberhafte Elfen-Wesen gesehen. Die Wahrheit ist: Ich bin das nicht. Ich bin im Gegenteil eine sehr starke Frau. Ich habe immer gewusst. was ich will, und konnte es auch durchsetzen. Außerdem bin ich ein sehr glücklicher Mensch mit viel Energie, was man der Musik vielleicht nicht anhört. Die unglücklichen Phasen der letzten Jahre haben immer mit Überlastung zu tun gehabt. Dann kriege ich schon mal einen Zusammenbruch und heule Lee was vor.
Gibt es so etwas wie eine inhaltliche Linie? Der Titel klingt ja nach gemischten Gefühlen.
Egal, wie privilegiert man ist: Wenn man die Nachrichten sieht oder die Zeitung liest, kann einen das schon depressiv machen. Und vielleicht gab’s da in den letzten zwei Jahren ja auch in meinem Leben Beziehungsprobleme, von denen niemand etwas weiß. Durch das Songwriting kann ich in solche Tiefpunkte eintauchen und eine Welt um sie herum kreieren. Aber die Grundaussage ist ja: Es ist nie zu spät! Das ist doch eine gute Nachricht.
2007 geben Sie in „My Blueberry Nights“ ihr Debüt als Schauspielerin, und das auch gleich noch mit einer Hauptrolle in einem Film von Meisterregisseur Wong Kar-wai („In The Mood For Love“) an der Seite von Jude Law und Rachel Weisz. Noch so ein Senkrechtstart.
Als Wong Kar-wai mich ansprach, war das einer dieser seltsamen Momente, die mir nur sehr selten passieren, wie ein spontanes Verschmelzen der Instinkte. Ich habe spontan Ja gesagt – und dann hinterher den Nervenzusammenbruch gekriegt. Ich bin ja noch mittendrin, aber bislang läuft es gut… Ich liebe einfach die Künste, und das ist mein Einsatz für diesen Film – genauso wie für die Musik.