White Room
Texter Pete Brown über die Reunion-Konzerte im Mai 2005
Brown – inoffizielles viertes Mitglied von Cream – war im Publikum, als am 2. Mai 2005 der erste von vier Reunion-Gigs über die Bühne der Royal Albert Hall ging. „Ich war perplex“, so Brown im Anschluß: „Ich hätte nicht gedacht, daß es tatsächlich passiert. Aber da standen sie. Vermutlich hatten sie über die Sterblichkeit nachgedacht und wollten sich mit einem Highlight verabschieden.“
Welchen Eindruck hatten Sie vom ersten Cream-Konzert seit 36 Jahren?
Ich wünschte, sie hatten ein paar mehr von meinen Songs gespielt – ich hätte das Geld gebrauchen können (lacht). Aber davon abgesehen war ich absolut begeistert. Ich hatte mich schon gefragt, wohin ihre ewigen Konflikte sie bringen würden. Aber es klang und wirkte ungemein erwachsen. Sie hatten sichtbar Arbeit investiert, um sich für die Auftritte in Form zu bringen.
Waren die Spannungen zwischen Jack und Ginger in den 60ern der notwendige Treibstoff?
Die Konkurrenz untereinander trieb sie an, keine Frage. Manchmal, wenn ein Krieg daraus wurde, war es schon hinderlich. Aber das findet man in vielen großen Bands: Nur weil man gut zusammenspielt, muß man sich nicht privat lieben.
Wie sah so ein Cream-Gig aus, 1966 oder Anfang ’67 in England?
Sehr ruppig, sehr laut. Sie waren ja schon Ausnahmemusiker, als sie Cream gründeten – Jack und Ginger kamen vom Jazz, Eric wußte auf seinem Feld auch genau, was er tat. Aber zu dritt waren sie viel aggressiver. Bei den Konzerten jetzt spielten sie viel aus „Fresh Cream“ genau wie bei ihren frühen Auftritten. Die Songs mit viel Chorgesang ließen sie live meist weg. Ich glaube, „Wrapping Paper“ (ihre Debüt-Single) haben sie nie live gespielt. Und „I Feel Free“ nur selten, denn um dem Song gerecht zu werden, brauchte man zusätzliche Musiker.
Für junge Rockfans sind Cream eher ein Mythos als eine reale Band. Wie würden Sie einem Nachgeborenen die Bedeutung des Trios beschreiben?
Sie waren keine Popband, aber exzellente Musiker. Sie experimentierten mit der Form, verwendeten Blues-Elemente und entwickelten sie weiter. Vor Cream gab’s ja kaum Improvisation im Rock.
Das Erstaunliche ist ja, daß die Leute offenbar vier Jahrzehnte lang gewartet haben, eine Band nochmal zusammen zu erleben, die damals kaum mehr als zwei Jahre bestand. War 1968 viel Unerledigtes liegengeblieben?
Ware ich Veranstalter gewesen, hätte ich ihnen empfohlen, Gastmusiker zu engagieren, um auch die ambitionierteren Stücke umsetzen zu können. Im Studio hatten sie ja die Möglichkeit, vielschichtiger zu arbeiten, vor allem Jack. Das war wohl einer der Gründe für ihre Trennung. Jack wuchs als Komponist, er brauchte diese Vielschichtigkeit. Aber solche Musik konnten sie als Trio nicht auf die Bühne bringen. Aber es freut mich sehr, daß sie jetzt nochmal solche Lobeshymnen bekommen. Und sie verdienen es. Ich mag keine Routiniers und keine Heuchler, und Cream haben einem nie irgendwas vorgemacht, keine Sekunde lang. Sie liebten das, was sie taten – selbst wenn sie einander nicht so liebten…