Wyclef

Wydef Jean ist der P. T. Barnum des HipHop. Die verschiedensten Stilmittel zieht er aus seinem großen Hut, um auch garantiert alle und jeden aufs Beste zu unterhalten. Teils Weltmusik, teils Pop und teils Rock, halb engagierte Message und halb großmäulig Tirade, spiegelt sein Sound seine haitianischen Wurzeln ebenso wieder wie seine Jugend in New Jersey und Brooklyn.

Auch auf dem neuen Album „The Ecleftic: 2 Sides II A Book“, seinem zweiten Solowerk seit dem vielfach gepriesenen „The Score“ mit den Fugees, schlägt er wieder Kapriolen, bei denen andere abstürzen würden: das Remake eines Country-Klassikers zum Beispiel mit Rapper Pharoahe Monch und Kenny Rogers. Zwischen einem Fototermin und einem Flug nach L. A. (wo er ein paar Tracks mit Earth Wind & Fire produziert, die wiederum auch auf seinem Album dabei sind) nimmt er sich in einem New Yorker Studio eine Minute Zeit, um die letzten anderthalb Jahre Revue passieren zu lassen.

Der erste Track „Eclefic…“ heißt „Where Fugee At“. Da sagst du, die Leute sollten endlich aufhören, nach den Fugees zu fragen. Aber musste es gleich ein ganzer Song werden?

Die Leute fragen mich unablässig, wann denn nun das nächste Fugees-Album kommt, also musste ich das als erstes ansprechen. Der Refrain geht: „Fugee this/Fugee that/Where Fugee at?“ Eigentlich will ich damit vor allem einen Fugee-Reunion-vibe erzeugen. Ich hoffe, der Track bringt uns wieder zusammen. Aber es kommt halt, wie’s kommt. Die Chemie muss stimmen. Wenn’s nicht hinhaut, geht die Welt auch nicht unter. Trotzdem: Wir haben immerhin zwei Alben zusammen gemacht Und ich hab keine Lust auf irgend so ein „Where Are They Now?“ auf VH-1, wo man die Bands dann fast zwingt, noch mal eine Platte aufzunehmen. Lauryn hat ihre Platte gemacht. Ich mein „Carnival“ und Präs sein Album. Jetzt hab ich das hier fertig, und ich bin mir ziemlich sicher, Lauryn hat auch noch eines am Start. Vielleicht bleibt das so. Aber wenn die Chemie stimmt – ich bin jederzeit bereit, falls ihr gerade zuhört, Fugees.

Warum das Remake von Kenny Rogers‘ „The Gambler“? Es ist der erste echte Country/HipHop-Song. Ich war ja auch beim Johnny-Cash-Tribute dabei – die Leute sollen wissen, dass ich ein HipHop per bin, der über seinen Tellerrand blickt. Gut, HipHop ist meine Kultur, das schon, aber ich spiel auch Rock’n’Roll oder Country. Und im Fall von Kenny war’s einfach eine Ehre, dass er Ja gesagt hat. Er nahm diese Hymne und packte sie auf meinen HipHop-shit.

Als würde Sinatra eine HipHop-Version von „My Way“ aufnehmen.« Wenn Sinatra noch lebte, hätte ich den auch gefragt, das kannst du mir glauben. Motherfucking Kenny Rogers ruft bei mir zu Hause an! Der Typ hat die coolste Stimme. So wie ich aufgewachsen bin, war das mindestens so’n Ding, als wenn Michael Jackson mich angerufen hätte.

Ach, hör auf. Wieso denn das? Country Music gehörte total zu meiner Jugend. Als ich dreizehn war, hab ich Crystal Gayle oder die Charlie Daniels Band genauso gehört wie Grandmaster Flash, die Sugarhill Gang und Melle Mel. Ich pendelte immer zwischen beiden Stilen. Bei beiden wurde gereimt, beides war Poesie.

Den jeweils angesagten HipHop-Trends bist du ja ohnehin auf keinem deiner Alben gefolgt Ich wollte immer als ein Künstler bekannt sein, der Grenzen überschreitet. Auf der Highschool hab ich in einer Jazzband gespielt. Gitarre und Kontrabass. I’m a real musical cat. HipHop hat Grenzen. Aber ich will eklektisch sein, „ecleftic“. Brücken schlagen. Und zum Beispiel mit Bono singen. Den musste ich haben. Anders wird das nix. The future is fusion. Wenn sich jemand diese Platte kauft, dann kriegt er was für sein Geld. Es ist eine CD, die die Leute bei jeder Gelegenheit auflegen werden – bei Barbecues, Bar-Mizwas, beim Friseur, überall. Schieb „Ecleftic.. “ rein, und du hast ’ne gute Zeit. Mit wem willst du denn noch alles zusammenarbeiten?

Stevie Wonder, Prince, Aerosmith und Guns N’Roses find ich auch super. Ich weiß nicht, was mit denen los ist. Was ist da bloß passiert? Mit Axl kam ich auf jeden Fall klar.

Es heißt neuerdings, du denkst auch in Richtung Film.» Ich krieg immer wieder Anfragen. Aber ich möchte Shakespeare spielen. Nicht so ’nen Drogendealer. Warum kann ein Schwarzer nicht Shakespeare spielen? Oder sie hätten mich auf die „Titanic“ mitnehmen können. Das einzige schwarze Paar auf dem echten Schiff kam aus Haiti. Die Rolle hätte ich angenommen. Es hätte gereicht, nur mal durchs Bild laufen zu dürfen.

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