John Fogerty im Interview
Seine Rückkehr auf die Bühne kam aus heiterem Himmel. Mehr als zehn Jahre lang hatte sich Fogerty geweigert, seine eigenen Klassiker noch einmal zu spielen. Statt dessen stritt er sich vor Gericht mit den ehemaligen Mitstreitern Doug Clifford und Stu Cook, vor allem aber mit seiner Nemesis Saul Zaentz: Der einstige Besitzer des „Fantasy“-Labels, heute als Filmproduzent („Der Englische Patient“) erfolgreich, hatte in einer Nacht-und-Nebel-Aktion sämdiche Rechte an Creedence Clearwater Revival an sich gerissen – und sah bis heute keine Veranlassung, Fogerty zumindest ansatzweise an den Früchten seines musikalischen Erbes zu beteiligen. Verbittert zog sich der Verprellte ins innere Dauer-Exil zurück – und überraschte die Popwelt umso mehr, als er sich 1997 mit dem abgeklärten und versöhnlichen Album „Blue Moon Swamp“, einer begeisternden Tournee und dem gerade erschienenen Live-Mitschnitt „Premonition“ zurückmeldete.
Hast Du Dich – vor der Rückkehr an die Öffentlichkeit – nicht manchmal zweifelnd gefragt, ob die Popwelt Dich nicht schon längst abgeschrieben und vergessen hatte?
Ich habe es mir verkniffen, über diese Frage lange zu grübeln. Ich verspürte nur den Drang, etwas Gutes, etwas Positives abzuliefern. Wenn ich damit Schiffbruch erlitten hätte – auch gut. An der Qualität der Musik hätte es nichts geändert.
Hast Du das Gefühl, nun wieder Herr Deiner musikalischen Bestimmung zu sein?
Als ich zum ersten Mal wieder auf eine Bühne trat, war das ein so überwältigendes Gefühl, wie ich es mir vorher nie hätte ausmalen können. Als ich am ersten Abend „Born On The Bayou“ sang, habe ich wieder den Anspruch auf mein Erbe angemeldet. Trotzdem ist das erst ein Anfang; vielleicht wird’s fünf Jahre dauern, bis diese Tatsache eine Selbstverständlichkeit für mich geworden ist.
Das klingt so, als solle es nicht bei einem einmaligen Comeback bleiben?
Nein. Ich habe wieder dieses unbeschreibliche Gefühl, als würde Musik wie ein Strom aus mir fließen.
Obwohl die Verbitterung über Deine gestohlene Vergangenheit Dich so lange und so extrem gelähmt hat?
Mit der Ausnahme von Julie, meiner Frau, wird wohl niemand je nachvollziehen können, was dieser Saul Zaentz mir angetan hat. Es war, als hätte man mir mein Leben gestohlen, als sich dieser Mensch mit meinen Songs aus dem Staube machte, um mit dem Geld dann 30 Jahre lang im Filmgeschäft herumzustümpern.
Man kann wohl davon ausgehen, daß Du Dir „Der Englische Patient“ nicht in der Videothek ausgeliehen hast?
Da kannst Du Gift drauf nehmen. Ich war schließlich all die Jahre dazu verdammt, mit meiner Ausbeutung zu leben; ich hatte nicht den Hauch einer Chance, die Früchte meiner Arbeit zu ernten. Selbst heute noch, zehn Minuten vor dem Auftritt, wenn ich allein im Umkleideraum sitze, kommen diese Eindrücke blitzartig zurück. Zum Glück bin ich inzwischen in der Lage, meine Vergangenheit zu akzeptieren. Es ist, als würde man jeden Tag wiedergeboren. Heute versuche ich,jeden Tag so positiv wie möglich anzugehen. Früher war ich nur negativ. Wenn ich morgens aufwachte, brauchte ich nicht lange, um mir die Haare zu raufen angesichts der Scheiße, die mir passiert ist. Der Tag war gelaufen. Und am nächsten Tag lief s genauso.
Klingt ganz so, als hättest Du von der Sorte ’ne Menge Tage gehabt?
Ziemlich genau 20 Jahre lang. Nur durch die Hilfe meiner Frau bin ich heute in der Lage, mit meiner Vergangenheit nicht mehr auf Kriegsfuß zu stehen. Ich bin ein rundum glücklicher Mensch, wenn ich heute auf eine Bühne gehen und der ganzen Welt zeigen kann, was meine Vergangenheit mir wieder bedeutet.
Auf „Blue Moon Swamp“ hast Du einen Song für Deine Frau geschrieben: „Joy Of My Life“ – vermutlich der erste Love-Song, den Du je geschrieben hast. Warum hast Du dieses Sujet immer umgangen?
Schon ein paar Monate, nachdem „Suzie Q“ veröffentlicht worden war, fiel’s mir wie Schuppen von den Augen, daß ich von Saul über den Tisch gezogen worden war. Es war, als würde sich mein Herz verkrampfen. Ich vermute, daß nach dieser Erfahrung Love-Songs einfach kein Thema mehr für mich waren. Ich hasse es zu sagen, aber ich glaube, daß nicht einmal Liebe noch ein Thema für mich war.
Du hattest gegen Deine einstigen Kollegen Doug Clifford und Stu Cook eine Verfugung erwirkt, daß sie auch unter dem Namen „Creedence Clearwater Revisited“ nicht mehr auftreten dürften; die Verfügung wurde letztes Jahr aber aufgehoben. Wirst Du erneut gegen sie vor den Kadi gehen?
Ich frage mich ernsthaft, warum ich noch mehr Zeit – und Geld – dafür opfern sollte, um die beiden vor sich selbst zu schützen. Ist ja nicht so, als sei das alles gerade erst gestern passiert. Creedence heute ist doch eine Las-Vegas-Nummer – schon lange eine Karikatur seiner selbst, besudelt mit den Abdrücken von schmierigen, bluttriefenden Stiefeln. Creedence ist so tot wie Elvis. Und hat heute vermutlich den gleichen Stellenwert wie all diese peinlichen Elvis-Imitatoren.
Einen „Fortunate Son“ wird man Dich wohl kaum nennen können; dafür hat Dich Deine Frau erst unlängst noch einmal zum fortunate Daddy gemacht…
Manchmal überkommt mich wirklich das Gefühl, inzwischen der glücklichste Mensch auf der ganzen Welt zu sein. Darum geht’s in „Joy Of My Life“: Wenn ich in die Augen meiner Frau sehe, weiß ich, daß es kein Traum ist. Wir haben die wundervollsten Kinder in die Welt gesetzt. Diese Liebe ist es, die mir wieder den Mut gibt, Musik zu machen, meine Karriere erneut in die Hand zu nehmen. Meine zweite Karriere, wenn Du so willst. Aber das ist nur das Sahnehäubchen auf einem viel größeren Kuchen.